Die Zielgerade war lang beim Verkauf des legendären Nürburgrings. Nun steht fest: Von 2015 an sitzt der Düsseldorfer Autozulieferer Capricorn am Steuer. Er kauft die Rennstrecke sowie den für 330 Millionen Euro Steuergeld gebauten Freizeitpark für 77 Millionen Euro – und will in der Eifel bis zu 25 Millionen Euro investieren. Nach zehn Monaten geht damit ein zäher Prozess zu Ende, der mit Verkaufsanzeigen in Zeitungen begonnen hatte. Die 1927 eröffnete insolvente Rennstrecke kommt erstmals in ihrer Geschichte in private Hände.
Damit es am krisengeplagten Ring wieder bergauf geht, will der neue Herr dort verstärkt Automobil-Technikfirmen ansiedeln und auch die Formel 1 halten. Die für viel Geld gebaute Partymeile "Grüne Hölle" – von Kritikern als Kirmes verspottet – wird abgerissen, die erst kürzlich nach langem Stillstand gestartete Achterbahn Ringracer stillgelegt. "Ich kann Ihnen sagen, dass der Ringracer relativ schnell verschwindet", sagt Capricorn-Geschäftsführer Robertino Wild dazu. Er werde an einen anderen Ort in Rheinland-Pfalz umziehen – wohin, bleibe erst noch ein Geheimnis. "An diesem Ort wird er sich viel wohler fühlen."
Letztlich macht damit am Ring ein Bieter das Rennen, der dem Motorsport nahesteht – und schon dort vertreten ist. Das Unternehmen aus Düsseldorf, das unter anderem Kurbelwellen und Kolben herstellt, betreibt nahe der Asphaltschleife bereits ein Werk mit etwa 100 Mitarbeitern. Künftig sollen es noch mehr werden. Die Fertigung habe dort 2002 in einem Hinterhof begonnen, erzählt Wild. Er selbst habe schon ein ganzes Leben auf den Nürburgring gewartet. Damit outet Wild sich als Fan der Eifel-Legende – was vor allem kritischen Beobachtern aus der Region gefallen dürfte.
EU prüft noch Beihilfen
Spannend bleibt aber auch nach dem Verkauf, ob die EU-Kommission Zahlungen des Landes Rheinland-Pfalz in Höhe von insgesamt einer halben Milliarde Euro als illegale Beihilfen wertet. Unter anderem die Initiative "Ja zum Nürburgring" hatte sich wegen dieser Zahlungen beschwert. "Wir gehen davon aus, dass Brüssel bis zum Spätsommer zu einer Entscheidung kommt", sagt Sanierersprecher Pietro Nuvoloni.
Falls die Wettbewerbshüter illegale Beihilfen erkennen, geht es auch darum, in welcher Höhe diese geflossen sind – und ob den Ring-Käufer Rückforderungen treffen. "Das ist dann nicht der Fall, wenn der Verkauf EU-konform stattgefunden hat", erklärt Nuvoloni. "Dafür muss der Investorenprozess diskriminierungsfrei, europaweit, transparent und bedingungslos sein." Die Sanierer hatten stets betont, selbst das größte Interesse daran zu haben, dass diese Vorgaben erfüllt sind.
Gegner des Deals befürchten, dass ein privater, auf Gewinn ausgerichteter Käufer die Tore zur Strecke schließt und Motorsportbegeisterte künftig in der Eifel in die Röhre gucken. Diese Angst will Wild gleich bei seinem ersten großen Auftritt vom Tisch wischen: "Der Nürburgring wird öffentlich zugänglich bleiben." In einem neuen Beirat wolle er zudem Vertreter aus der Region einbinden.
Dass Capricorn den Zuschlag bekommt, war lange nicht abzusehen. So hatte etwa auch der ADAC für die Rennstrecke geboten, der Club galt vielen in der Region als Hoffnungsträger. Doch dessen Angebot war den Sanierern zu niedrig, sie "parkten" es. Zwischenzeitlich war sogar über ein Engagement von Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel spekuliert worden. Er dementierte das aber Ende Februar.
"Operativ kein Sanierungsfall"
In dem Ring-Insolvenzverfahren in Eigenregie dürfte nun ein größerer Teil des Kaufpreises indirekt ans Land zurückfließen. Wild und sein Unternehmen gehen mit viel Optimismus in das Abenteuer, das er gar nicht für ein solches zu halten scheint: "Operativ ist der Nürburgring kein Sanierungsfall." Und Sanierungsgeschäftsführer Thomas Schmidt sagt nach einer vielstündigen Sitzung des Gläubigerausschusses erleichtert: "Ich bin sehr, sehr glücklich." (dpa)