Der Umgang mit Klimaanlagen-Kältemitteln wird immer kurioser. Während Daimler weiterhin auf seiner Ablehnung von R-1234yf wegen Sicherheitsbedenken beharrt und im neuen Smart das alte Kältemittel R-134a einsetzt, wird der mit dem Forfour baugleiche Renault Twingo mit dem neuen Kältemittel befüllt. Eine entsprechende Meldung von "Spiegel Online" bestätigten jetzt Sprecher beider Konzerne gegenüber asp-Online.
Möglich macht dies einmal mehr der große Gestaltungsspielraum der Hersteller bei der Typgenehmigung ihrer Fahrzeuge. "Beim neuen Smart Fortwo wurde das Rohbaukonzept des Vorgängers übernommen. Dazu gehört unter anderem: Tridion Zelle, Trägerstruktur im Vorbau mit zwei Lastebenen, Bodenstruktur mit Seitenschwellern und Mitteltunnel sowie Querträger oder Heckbodenstruktur mit Motoraufhängung (Heckmotor)", erklärte ein Sprecher von Daimler auf Anfrage. "Der Smart Forfour ist eine Variante des Smart Fortwo, bei der der Hauptboden (ab dem Bereich hinter den Vordersitzen) verlängert wurde."
Die Typgenehmigung auf Basis eines Vorgängermodells ist die einzige Möglichkeit für Daimler, den Einsatz von R-1234yf auf legalem Wege zu umgehen. Denn neu homologierte Fahrzeuge müssen laut EU-Vorgaben ein klimafreundlicheres Kältemittel verwenden; derzeit erfüllt nur R-1234yf diese Voraussetzungen. Da der Renault Twingo eine komplett neue Typgenehmigung erhalten hat, muss bei ihm die umstrittene Chemikalie eingefüllt werden.
Angst, dass dies in Deutschland angesichts der anhaltenden Diskussionen ein Verkaufsnachteil sein könnte, hat man bei Renault nicht: "Wir haben problemlos zahlreiche Tests mit dem neuen Kältemittel durchgeführt und befürchten auch deshalb weder Nachteile noch haben wir Anlass gesehen, über Alternativen nachzudenken", sagte ein Sprecher gegenüber asp-Online.
Umstrittenes Vorgehen
Die Homologation auf Basis eines alten Modells hat bei Daimler inzwischen Tradition. Alle zuletzt neu auf den Markt gebrachten Mercedes-Modelle wie A-, B- und S-Klasse sind laut Typgenehmigung eigentlich gar nicht neu. Dieses Vorgehen ist höchst umstritten und Gegenstand des derzeit gegen Deutschland laufenden Vertragsverletzungsverfahrens (wir berichteten). Die EU-Kommission sieht die Gefahr, dass dadurch jede Einführung anspruchsvollerer neuer Technik durch einen Hersteller eigenmächtig nach hinten verschoben werden könnte. (ng)