Daimler will den Streit mit der EU-Kommission um Kältemittel in Klimaanlagen mit einer neuen Strategie lösen und baut auf einen Schulterschluss mit den deutschen Konkurrenten. Die Stuttgarter wollten künftig auf Kohlendioxid (CO2) als sicheres und umweltschonendes Kühlmittel setzen, teilte der Autobauer am Mittwoch auf Nachfrage mit. Daimler prescht aber ohne Rückdeckung der EU-Kommission voran, mit der die Stuttgarter wegen des Einsatzes eines alten Kältemittels im Clinch liegen.
Kohlendioxid gilt bei vielen Experten als klimafreundlichste Option und wird u.a. auch vom Umweltbundesamt (UBA) empfohlen. Allerdings müssten heutige Klimaanlagen für den CO2-Einsatz umgerüstet werden, um die notwendigen höheren Druckverhältnissen zu erzeugen. Diese Herausforderung hält Daimler für beherrschbar. Auch VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch hatte CO2 bereits als Kältemittel der Zukunft bezeichnet. Daimler-Vorstand Thomas Weber sagte: "Es freut uns sehr, dass wir uns darauf verständigen konnten, diese nachhaltige und sichere Lösung gemeinsam mit Audi, BMW, Porsche und Volkswagen mit Einbindung des VDA voranzutreiben."
Die EU-Kommission fordert seit Januar den Einsatz von nur noch besonders klimafreundlichen Kältemitteln in neu genehmigten Modellen.Dazu würde auch CO2 gehören. Die Stuttgarter benutzen aber derzeit ein älteres, viel klimaschädlicheres Mittel. Denn die neue von der EU befürwortete Chemikalie R-1234yf hatte im Herbst 2012 bei einem simulierten Crashtest der Schwaben Feuer gefangen, wodurch sich auch hochgefährliche Flusssäure bilden könnte.
Daimler geht mit seinem Boykott ein hohes Risiko ein. In letzter Konsequenz könnte sogar die Typgenehmigung der neuen A- und B-Klasse bedroht sein. Auch die neue Version der S-Klasse, die im Sommer startet, wäre betroffen. Allerdings rechnen Branchenexperten nicht damit, dass es so weit kommt.
Honeywell: "Verzweifelter Versuch"
Der Hersteller des Kältemittels R-1234yf, Honeywell, kritisierte die Ankündigung in einer Unternehmensmitteilung: "Die jüngsten Aussagen von Daimler sind ein weiterer verzweifelter Versuch, die Anwendung der EU-Richtlinie für mobile Klimaanlagen hinauszuzögern." Klimaanlagen auf CO2-Basis hätten in mehr als zwei Jahrzehnten ihrer Entwicklung verschiedene Probleme hinsichtlich Leistung, Kosten, Sicherheit und Umwelteinflüssen aufgeworfen. Sie seien daher eine weniger attraktive Alternative für die Autohersteller als R-1234yf. (dpa/ng)
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