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Politik: Vertauschte Rollen im Kältemittel-Streit

12.07.2013 11:31 Uhr
Der Kältemittel-Streit wird im politischen Berlin und in Brüssel zunehmend zum Paragrafenkampf.
© Foto: Gina Sanders/Fotolia

Ausgerechnet ein Bundestagsabgeordneter der Regierungspartei fordert Brüssel auf, dem Druck Berlins standzuhalten, ein Mitglied der Linken springt der Daimler AG zur Seite.

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Vertauschte Rollen im Kältemittel-Streit: Während ein Bundestagsabgeordneter der Regierungspartei FDP den EU-Industriekommissar aufgefordert hat, seine harte Haltung gegenüber einer Weiterverwendung des alten Kältemittels R134a durch Daimler aufrecht zu erhalten, springt ein Abgeordneter der Linken-Fraktion Daimler zur Seite. Er wirft der Bundesregierung vor, sie würde die Gefährlichkeit von R-1234yf verharmlosen.

Lutz Knopek (FDP), zuständiger Berichterstatter seiner Partei im Umweltausschuss, forderte Industriekommissar Tajani in einem Brief auf, dem politischen Druck der Bundesregierung im Kältemittel-Streit standzuhalten. Andernfalls würden auch andere Mitgliedsstaaten durch diesen Präzedenzfall ermutig, zukünftig "eine Umweltpolitik à la carte" zu betreiben. "Leidtragende der daraus resultierenden Wettbewerbsverzerrungen sind rechtstreue Unternehmen, die im Vertrauen auf europäische Regelungen Investitionen getätigt haben. Investitionssicherheit ist ein zu hohes Gut, um es aufgrund der Versäumnisse eines einzelnen Unternehmens leichtfertig aufs Spiel zu setzen", sagte Knopek.

Knopek kritisierte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) dafür, dass sie Daimler die nachträgliche Umwidmung einer neuen in eine erweiterte Typgenehmigung der alten A- und B-Klasse genehmigt hat (wir berichteten). Die Entscheidung sei nicht akzeptabel, so Knopek, da dadurch europäische Umweltschutzregelungen einseitig unterlaufen würden. "Es ist deshalb jetzt an der Europäischen Kommission als Hüterin der Verträge, für eine effektive Rechtsdurchsetzung zu sorgen. Die Entscheidung Frankreichs, Mercedes-Fahrzeugen die Zulassung zu verweigern, ist konsequent und steht im Einklang mit den europäischen Bestimmungen."

Dagegen wirft der Linken-Abgeordnete Ralph Lenkert der Bundesregierung vor, sie würde die Bevölkerung und vor allem Rettungskräfte zu wenig vor den Gefahren des Kältemittels R-1234yf schützen. "Es ist unverständlich, dass die Bundesregierung die 'Nebenwirkungen' von R-1234yf, insbesondere auch seiner Abbauprodukte wie Trifluoressigsäure vollständig aus der Betrachtung herauslässt", kritisierte Lenkert nach der Antwort der Regierung auf eine Kleine Anfrage seiner Fraktion (s.u. Infobox "Dateidownload"). Die daraus entstehenden Gefahren müssten überwacht und untersucht werden, forderte er. "Auch hier macht die Regierung nichts."

Gefahr auch ohne Unfall?

Auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) meldete sich am Donnerstag im Kältemittel-Streit erneut zu Wort und forderte die zuständigen Behörden auf, die derzeit durchgeführten Sicherheitstests nicht auf reine Crashtests zu beschränken. Es müsse auch geklärt werden, welche Gefahr von einem mit R-1234yf befüllten Fahrzeug ausgehe, das durch ein umliegendes Feuer oder Vandalismus in Brand gerate. Pro Jahr komme es in Deutschland zu etwa 20.000 Fahrzeugbränden, bei denen lebensgefährliche Flusssäure austreten könne. "Aussagekräftige Sicherheitstests müssen daher alle auftretenden Brandszenarien abdecken", hieß es in einer Verbandsmitteilung.

R-1234-Hersteller Honeywell reagierte prompt und wies die Behauptung zurück, dass ein Fahrzeugbrand Insassen und Passanten kontaminieren könnte. Analysen des Verbands der Automobilingenieure (SAE) hätten gezeigt, dass die Flusssäure-Mengen, die sich bei einem Feuer bilden könnten, unter dem für den Menschen schädlichen Schwellenwert lägen und dass mit der Verwendung des neuen Kältemittels "kein wesentliches Risiko" verbunden sei. "Kältemittel auf Basis von Fluorkohlenwasserstoffen werden in Fahrzeugen seit 60 Jahren sicher eingesetzt", erklärte das Chemieunternehmen. (ng)

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