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Klimaservice: Umrüstung umstritten

21.06.2018 11:00 Uhr
Klimaservice: Umrüstung umstritten

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Für den Klimaservice müssen Werkstätten zwei Servicegeräte bereithalten, eins für das Kältemittel R134a und eins für R1234yf. Hersteller wie ATH-Heinl, AVL Ditest, Bosch, Brainbee, Hella Gutmann Solution (zieht sich aber aktuell aus dem Geschäftsbereich zurück), Mahle, Texa, Waeco oder WOW bieten für beide Kältemittel Einsteiger- bis Profigeräte an. Auch das einzige Kombigerät von Texa kommt sehr gut an, wie das Unternehmen kürzlich bekannt gab. Denn obwohl immer mehr Fahrzeuge mit R1234yf auf dem Markt sind, wird der Klimaservice für Bestandsfahrzeuge mit R134a die Werkstätten noch lange beschäftigen. Sie sind daher auf die Verfügbarkeit von R134a angewiesen. Das Problem dabei: durch die F-Gas-Verordnung wird R134a künstlich verknappt ( siehe Grafik rechts). Der Preis für ein Kilo R134a hat sich innerhalb von einem Jahr vervielfacht und liegt aktuell bei rund 40 bis 55 Euro. Jens Beneken, Geschäftsführer von Arthur Friedrich Kältemittel erklärt: "Die größte Reduzierung von 30 Prozent hatten wir zwischen 2017 und 2018. Tatsächlich ist sie aber noch größer, da es auch eine Verschiebung im Quotenbereich gibt." Neu registrierte Marktteilnehmer, die sich beispielsweise ein Geschäftsmodell versprechen, erhielten auch einen Teil der gesamt zur Verfügung stehenden Quote, weiß er. "Doch nicht jeder ist in der Lage diese Produkte zu importieren und in den Verkehr zu bringen. Daher gehen die Mengen teilweise verloren. Und nicht verwendete Mengen werden nach F-Gas-Verordnung zukünftig weiter reduziert", so Beneken. Zudem ist der Automotive-Bereich nicht der einzige Abnehmer, auch Anwendungen in der Pharma- und Chemieindustrie greifen Mengen ab. Unternehmen wie Arthur Friedrich Kältemittel müssen ihre verfügbaren Quoten daher auf verschiedene F-Gase, darunter R134a, sowie auf verschiedene Anwendungsgebiete verteilen. Arthur Friedrich Kältemittel beliefert auch Großhändler im Aftermarket. "Wir versuchen den Markt fair zu bedienen und langjährige Kundenbeziehungen zu pflegen. Wir können keine Neukunden oder zusätzliche Bedarfe abdecken", erklärt Jens Beneken.

Technisch machbar

Für Andreas Lamm von Klimacheck.com besteht die Lösung der Verfügbarkeitssituation in der Umrüstung der Klimaanlagen von R134a auf alternative Kältemittel. Technisch sei dies kein Problem, wenn das Kältemittel im ähnlichen Druck-/Temperaturverhältnis steht. Bezüglich der Betriebserlaubnis der Fahrzeuge sagt er: "Diese erlischt nach §19, Absatz 2 StVZO unter anderem dann, wenn durch Änderungen eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer zu erwarten ist." R1234yf sei als Umrüstoption strittig, da es brennbar ist. "Doch Millionen von Fahrzeugen sind weltweit mit R1234yf unterwegs und bei keinem Unfall ist es zu einer Gefährdung der Verkehrsteilnehmer gekommen. Wer ganz sichergehen will, rüstet auf das Kältemittel R513a um. Dieses ist ein 'Drop-in'-Gemisch und besteht aus 44 Prozent R134a und 56 Prozent R1234yf und ist nicht brennbar. Die Entscheidung liegt letztlich bei der Werkstatt", so Lamm weiter. Beim ZDK hingegen sieht man in der Umrüstung unter anderem aufgrund der benötigten Freigaben seitens der Automobilhersteller keine Option und verweist auf eine mögliche Lockerung der F-Gas-Verordnung in Ausnahmefällen ( siehe Interview S. 42).

Auch Klimaservicegerätehersteller berufen sich beim Thema Umrüstung auf die Fahrzeughersteller. Sie versuchen an anderer Stelle anzusetzen. "Wir können den Phase-down von R134a nicht ändern, wir können lediglich die Kostensituation für den Werkstattbetrieb erträglich halten, indem wir unsere patentierte Low Emission Technologie auch für R134a anbieten", heißt es dazu etwa von Waeco. Denn mit dem Low Emission Konzept soll ein Kältemittelverlust beim Klimaservice verhindert werden. Auch bei den ArcticPro-Servicegeräten von Mahle lässt sich über die E³-Kupplungen Kältemittel zurückgewinnen.

Bei AVL Ditest hält man mit Blick auf die Umwelt und die klaren Vorteile des Kältemittels R1234yf den Umstieg von R134a auf R1234yf für sinnvoll: "Für eine praktische Umsetzung bedarf es allerdings in erster Linie einer ausreichenden gesetzlichen Regelung in Absprache mit den Fahrzeugherstellern", so das Unternehmen. Zudem sei heute noch kein wesentlicher finanzieller Vorteil darin zu sehen, eine R134a-Anlage mit R1234yf zu befüllen, da der Preis für R1234yf noch bei weit über 100 Euro pro Kilo liegt, heißt es weiter.

Jens Beneken bringt ähnlich wie Andreas Lamm eine weitere Option ins Spiel. "Wir müssen eine Lösung finden, die nicht heißt: mehr R134a-Menge. Die vorhandenen Bedarfe für die Bestandsfahrzeuge im Markt müssen vielmehr durch Übergangsund Ersatzprodukte sichergestellt werden." Solche neuen Übergangsprodukte mit niedrigerem GWP-Wert (global warming potential) könnten bei gleichem Quoteneinsatz mehr Volumina ermöglichen, ist er sich sicher.

Kunden sensibilisieren

Aktuell sind Werkstätten den längeren Lieferfristen sowie den steigenden Preisen von R134a ausgeliefert. Zudem müssen sie sich vermehrt für die höheren Kosten des Klimaservice rechtfertigen, denn Preis und Wartezeit kommen am Ende beim Autofahrer an. Der ZDK rät Werkstätten daher, die Kunden aufzuklären, dass die Preiserhöhung nicht im Verantwortungsbereich des einzelnen Betriebes liegt, sondern durch die gesetzlich festgeschriebene Reduzierung von F-Gasen verursacht ist.

Kurzfassung

Die F-Gas-Verordnung (EU Nr. 517/2014) treibt die Preise für R134a in die Höhe. Werkstätten müssen sich auch auf längere Lieferzeiten einstellen. Als eine Lösung wird die Umrüstung von R134a- auf R1234yf-Klimaanlagen diskutiert.

"Preise um das Vierfache gestiegen"

asp: 2017 ist die Verfügbarkeit von R134 gesunken, der Preis hingegen stark gestiegen. Was sind die Gründe dafür und wie schätzen Sie die Situation in diesem Jahr ein?N. Arathymos: Ursächlich für die gesunkene Verfügbarkeit und die dadurch resultierende Preissteigerung des Kältemittels R134a sind gesetzliche Vorgaben, die mit der Verordnung (EU) Nr. 517/2014 in der Europäischen Union verbindlich wurden. Mit Inkrafttreten dieser Verordnung wurde die verpflichtende Reduzierung des Verbrauchs von fluorierten Treibhausgasen (F-Gase) in der Europäischen Union von 2015 bis 2030 stufenweise festgelegt. Durch diese sogenannte Quotenregelung beträgt die im Jahr 2018 im europäischen Markt verfügbare Menge an F-Gasen im Vergleich zu 2015 lediglich noch 63 Prozent. Aufgrund dessen haben sich der Beschaffungs- und somit auch der Verkaufspreis des Kältemittels R134a durchschnittlich um ca. das Vierfache erhöht. Weitere Preiserhöhungen können für 2018 nicht ausgeschlossen werden, insbesondere unter der Annahme, dass im weiteren Verlauf des Jahres Lieferengpässe vorstellbar sind.asp: Inwiefern ist Ihrer Ansicht nach die nachträgliche Umrüstung von Pkw-Klimaanlagen von R134a auf R1234yf in Zukunft eine Option?N. Arathymos: Kraftfahrzeug-Klimaanlagen unterliegen dem Regelungsbereich der Typgenehmigung. Eine genehmigte Umrüstung einer Klimaanlage mit dem Kältemittel R134a auf das Kältemittel R1234yf erscheint aus unserer Sicht erstens vom Gesetzgeber nicht gewünscht, zweitens wäre der technische Aufwand insbesondere im Hinblick auf die "Brandgefahr" unter Kostengesichtspunkten nicht begründbar. Der ZDK geht von zum Teil erheblichen Kosten aus, damit mit einer technischen Umrüstung dasselbe Sicherheitsniveau gewährleistet werden kann. Für eine nachträgliche Umrüstung müssten zudem die entsprechenden Fahrzeughersteller Freigaben erteilen. Die Erteilung von herstellerseitigen Freigaben erscheint zurzeit und auch für die Zukunft unrealistisch und stellt daher nach unserer Auffassung keine Option dar.asp: Welche Folgen hat das für die Betriebserlaubnis der Fahrzeuge?N. Arathymos: Eine nicht genehmigte Umrüstung einer Klimaanlage mit dem Kältemittel R134a auf das Kältemittel R1234yf führt (nach unserer Auslegung) zum Erlöschen der Betriebserlaubnis.asp: Wie könnte eine Lösung für die R134a-Verfügbarkeit im Kfz-Aftermarket aussehen?N. Arathymos: Sofern eine ausreichende Versorgung für das Kältemittel R134a nicht sichergestellt werden kann, ohne dass unverhältnismäßige Kosten entstehen, kann die Europäische Kommission nach Artikel 15 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 517/2014 in Ausnahmefällen eine befristete Ausnahme von bis zu vier Jahren genehmigen. Dazu muss ein mit Gründen versehener Antrag einer zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats an die Europäische Kommission übermittelt werden. Sofern der ZDK Lieferengpässe oder unverhältnismäßige Beschaffungskosten belegen kann, wird die zuständige Bundesbehörde kontaktiert mit dem Ziel, eine Ausnahmeregelung zu erwirken.asp: Was raten Sie betroffenen Werkstätten?N. Arathymos: Der ZDK hatte bereits im Jahr 2017 empfohlen, dass Kfz-Betriebe durch eine zeitnahe Anpassung ihrer Lagermengen des Kältemittels R134a auf die zu erwartende Preisentwicklung reagieren. Zur Sensibilisierung von Kunden, von deren Unverständnis Kfz-Betriebe vermehrt betroffen sind, hat der ZDK einen Aushang "Kundenhinweise zu den Verkaufspreisen des Kältemittels R134a" erstellt, der als Grundlage für Gespräche mit den Kunden genommen werden kann.Neofitos Arathymos, ZDK-Geschäftsführer Technik, Sicherheit und Umwelt

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