Nach dem Wechsel an der Spitze des Aufsichtsrates hofft der Autozulieferer ZF wieder auf ruhigere Zeiten und ein Ende der Differenzen mit Anteilseignern. Das Kontrollgremium berief am Montag auf einer außerordentlichen Sitzung den Branchenexperten Franz-Josef Paefgen zum neuen Vorsitzenden. Er folgt Giorgio Behr, der sein Amt zum Ende des Jahres niederlegen will. Paefgen gehört dem Aufsichtsrat nach ZF-Angaben bereits seit 2008 an. Zuvor war er in Führungspositionen der Automobilindustrie tätig, darunter von 1995 bis 2002 im Audi-Vorstand.
"Es ist wichtig, dass jetzt wieder Ruhe einkehrt und wir uns auf das Geschäft und den anstehenden Transformationsprozess in der Automobilindustrie konzentrieren", sagte Paefgen laut einer Mitteilung. ZF habe in den vergangenen Jahren die Herausforderungen der Automobilindustrie mit einer Langfrist-Strategie erfolgreich angenommen. Dieser Kurs solle fortgesetzt werden.
Ein Machtkampf sorgt bei dem Autozulieferer aus Friedrichshafen am Bodensee seit langem für Unruhe. Hintergrund sind Medienberichten zufolge Differenzen mit der Stadt Friedrichshafen, deren Oberbürgermeister Andreas Brand (parteilos) die Zeppelin-Stiftung als ZF-Haupteigentümerin im Aufsichtsrat vertritt.
Expansion: Pro und Contra
Dem Vernehmen nach geht es unter anderem um die Ausrichtung des Unternehmens: Vorstandschef Stefan Sommer hatte bei ZF in der Vergangenheit eine deutliche Expansionsstrategie vorangetrieben. 2015 übernahm der Autozulieferer beispielsweise den US-Konkurrenten TRW. Der Konzern hatte dadurch seine bisher von Getrieben und Fahrwerkselementen dominierte Produktpalette unter anderem um Elektronik, Sicherheitstechnik und Sensorik erweitert.
Teilen des Aufsichtsrats gehen die Zukäufe aber womöglich zu schnell. Nach einem früheren Bericht des "Wall Street Journal" hatte sich das Gremium beispielsweise gegen Pläne des Vorstands für eine Übernahme des Wabco-Konzerns aus Belgien ausgesprochen.
Nach dem Willen der Stiftung soll das Unternehmen zudem künftig 18 Prozent seines Gewinns nach Steuern an sie abführen. Zum Vergleich: Andere Stiftungsunternehmen wie Mahle oder Bosch haben eine Ausschüttungsquote von unter zehn Prozent. Die Stadt Friedrichshafen wiederum verweist darauf, dass es auch Stiftungen gebe, die von ihren Unternehmen mehr als 30 Prozent erwarten.
"Auch im Branchenvergleich sind Dividenden in dieser Größenordnung angemessen", sagte Oberbürgermeister Brand. "Der weitaus größte Teil des Gewinns, 82 Prozent, bleibt im Unternehmen für Rücklagen und Eigenkapitalausstattung, für Investitionen, Finanzierungsaufgaben und Akquisitionen sowie Schuldenabbau." (dpa)