Die Opposition rügt die Pläne der Bundesregierung für eine Reform der Kfz-Steuer. "Die Bundesregierung schnürt ein Paket zur Abwicklung der Automobilindustrie", sagte der FDP-Verkehrspolitiker Oliver Luksic, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Mittwoch). "Die Erhöhung der Kaufprämie für E-Autos in Kombination mit einer Kfz-Steuererhöhung für Benziner und Diesel wird die Krise im Automobil- und Zulieferbau massiv verschärfen und beschleunigen", warnte Luksic.
Der Grünen-Verkehrspolitiker Stephan Kühn kritisierte die Pläne aus einer anderen Richtung. "Mit dieser mickrigen Reform wird die Bundesregierung den Umstieg auf saubere E-Autos kaum beschleunigen", sagte Kühn dem RND. "Klimaschädliche Spritschlucker kommen weiterhin viel zu billig davon und kommen auch künftig kaum für ihre ökologischen Schäden auf." Die Grünen forderten ein "echtes" Bonus-Malus-System, mit dem Spritschlucker und andere klimaschädliche Autos die Kaufprämie für E-Autos gegenfinanzieren.
Die Linken-Verkehrsexpertin Ingrid Remmers räumte im RND ein, die stärkere Gewichtung des CO2-Ausstoßes bei der Kfz-Steuer gehe in die richtige Richtung. Sie sei aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Autohersteller müssten ihre Modellpolitik schnell ändern.
Kritik von Umweltschützern
Auch die Umweltorganisation Greenpeace wirft dem Bundesfinanzministerium vor, mit seinem Entwurf zu einer Kfz-Steuerreform zu wenig für den Klimaschutz zu tun. Das Ministerium drehe an der kleinsten Schraube für mehr Klimaschutz im Verkehr, erklärte die Organisation am Dienstag und forderte neben der geplanten stärkeren Besteuerung des CO2-Ausstoßes eine Zulassungssteuer, um so "klimaschädliche PS-Protze" stärker an den Umweltschäden zu beteiligen.
Greenpeace kritisiert, nach dem Entwurf würde die Kfz-Steuer für die meisten Neuwagen zwischen 50 und 150 Euro im Jahr steigen, für einen Porsche Cayenne um etwa 180 Euro im Jahr. Deswegen aber "überdenkt niemand den Kauf eines SUVs oder einer Limousine für viele zehntausend Euro". Der Entwurf des Ministeriums "dreht an der kleinsten Schraube für mehr Klimaschutz im Verkehr, und er dreht viel zu zaghaft daran".
Damit die Kfz-Steuer den CO2-Ausstoß im Verkehr senke,"ist eine Zulassungssteuer nötig. Mit einer solchen Steuer beteiligen Länder wie Dänemark oder die Niederlande Käufer klimaschädlicher PS-Protze bei der Zulassung mit mehreren Tausend Euro an den Umweltschäden." Dadurch sinke der durchschnittliche CO2-Ausstoß von Neuwagen dort deutlich. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) "muss seinen Entwurf um eine Zulassungssteuer ergänzen, damit die Flut an SUVs in deutschen Städten reduziert wird und der Klimaschutz im Verkehr vorankommt".
CO2-Ausstoß als Bemessungsgrundlage
Die schwarz-rote Koalition will vom kommenden Jahr an als Bemessungsgrundlage für die Kfz-Steuer bei neuen Autos "hauptsächlich" die Höhe des Spritverbrauchs und damit den CO2-Ausstoß heranziehen und so den Umstieg auf klimafreundliche Pkw fördern. Dies hatten Union und SPD bei ihren Beratungen im Koalitionsausschuss zu einem Konjunkturpaket gegen die Folgen der Corona-Krise in der vergangenen Woche nochmals bekräftigt.
Aus dem Entwurf des Finanzministeriums, der der dpa vorliegt, geht nun hervor, dass bei Neuzulassungen vom 1. Januar 2021 an je 100 Kubikzentimeter Hubraum 9,50 Euro fällig werden. Dazu kommt ein schrittweise ansteigender Zuschlag für jedes Gramm Kohlendioxidemission je Kilometer. (dpa)