"Jetzt als Team zusammenhalten und die Krise durchstehen", so lautet das positive Motto von Peter Steger, Mitgeschäftsführer und ausgebildete Fachkraft für Arbeitssicherheit bei der Firma R & R Kfz Reparatur GmbH in Überacker westlich von München. Er glaubt nicht, dass es ein Patentrezept für alle gibt: "Jede Kfz-Werkstatt sollte das individuell für sich lösen und entsprechende Schutzmaßnahmen für Mitarbeiter und Kunden ergreifen", ist Steger überzeugt. Das grundlegende ABC wie häufiges Händewaschen und Abstand zu Kunden sollte ohnehin jeder beherzigen.
Darüber hinaus setzt R & R Kfz Reparatur noch einige zusätzliche Maßnahmen um. Unter anderem denkt man über den Zweischichtbetrieb nach, um die gleichzeitige Anwesenheit von Mitarbeitern zu entzerren. Bereits realisiert sind einige Vorsichtsmaßnahmen beim Umgang mit Kundenfahrzeugen: "Wir vereinbaren mit den Kunden entsprechende Zeiten. Jedes Fahrzeug steht einige Stunden bevor ein Mechaniker von uns einsteigt. Die Schlüsselübergabe erfolgt über den Briefkasten. Umgekehrt steht das Auto einige Stunden, bevor es nach der Reparatur wieder an den Kunden übergeben wird." Damit hebelt man die Ansteckungswege über den Zeitfaktor aus. Die Schlüsselübergabe an den Kunden läuft über einen Briefkasten mit Zahlenkombination – die kennt der Kunde und kommt an seine Schlüssel.
"Jeden Morgen gibt es um acht Uhr eine Lagebesprechung mit allen Mitarbeitern. Wir wissen aber schon, was los ist, bevor wir die Firma betreten", erklärt Steger. Kollegen tauschen sich untereinander über eine WhatsApp-Gruppe aus, damit immer alle auf dem gleichen Wissensstand sind. Bisher gibt es noch keine Erkrankungen in der Firma.
Den Zeitfaktor nutzt man auch bei der Entgegennahme von Paketen durch Paketdienst oder bei der Belieferung mit Ersatzteilen: Erstmal bleibt alles zwei Stunden stehen, bis jemand damit weiterarbeitet. Den Parteiverkehr hat man weitgehend eingestellt, die Termine werden telefonisch oder über E-Mail vereinbart. Ein gravierendes Auslastungsproblem hat die Werkstatt derzeit noch nicht: "Wir haben noch genügend Aufträge – sowohl von gewerblichen als auch von Privatkunden."
"Die Werkstätten sind systemrelevant daher haben wir auch eine Verantwortung", ist Steger überzeugt, der jetzt erst recht die Ärmel hochkrempelt und seine Dienstleistungen aktiv anbietet. "Die Leute müssen jetzt im Betrieb zusammenhalten, dann meistern wir die außergewöhnliche Situation."
Georg Rieger, Geschäftsführer der Kfz-Werkstatt Rieger in Bergkirchen-Unterbachern, kann sich ebenfalls nicht über ausbleibende Kunden beschweren: "Bei uns läuft alles momentan ziemlich normal, wir haben für die nächsten Wochen noch genügend Service- und Reparaturarbeiten. Die Auslastung passt. Wir haben auch noch ein paar größere Reparaturen, die wir durchführen werden. Wir merken momentan nur, dass etwas weniger Leute bei uns anrufen. Der Autohandel ist bei uns natürlich auch ausgesetzt."
Rieger glaubt nicht, dass die Kunden für lange ausbleiben, da auch bald wieder der saisonale Reifenwechsel ansteht. "Das wird meiner Meinung nach weitergehen, sofern keine Ausgangssperren verhängt werden. Ich rechne daher nicht damit, dass ich für meinen Betrieb große Einbußen haben werde. Das einzige, was uns beeinträchtigen könnte, wäre ein Ausfall der Versorgungskette mit Ersatzteilen", gibt Rieger zu bedenken. Derzeit sei noch fast alles zu bekommen. Es sind nur einige wenige Teile im Rückstand. "Nur die Reifenhersteller haben uns angeschrieben, dass sie momentan bei Reifen aus dem Ausland keinen Liefertermin nennen können. Die Reifenlager in Deutschland scheinen aber noch gefüllt zu sein. Wenn es Engpässe gibt, verkaufe ich nur die Reifen, die verfügbar sind", erklärt der Kfz-Unternehmer.
Um sich vor einer Corona-Infektion zu schützen, setzt sein Betrieb auf verschiedene Maßnahmen. "Wir versuchen die Autos so gut es geht vor und nach der Reparatur an Teilen zu desinfizieren, die man oft berührt, beispielsweise Lenkräder und Türgriffe. Einige Kunden schmeißen ihren Autoschlüssel auch in den Briefkasten. Wir waschen uns auch regelmäßig die Hände. Das müssen wir sowieso oft machen, wenn wir an dreckigen Teilen hantieren. Wir halten natürlich auch einen größeren Abstand zum Kunden. Die meisten Kunden sind da unkompliziert und verstehen auch die Vorsichtsmaßnahmen."
Johannes Kastenmaier, Leonrod-Garage in München, verspürt bisher kaum Auswirkungen: "Derzeit ist die Situation noch recht frisch, daher spüren wir im Kundenverhalten noch keine großen Änderungen. Wir nehmen die aktuelle Lage dennoch ernst. In den letzten Tagen kamen nach wie vor Kundenfahrzeuge zu uns. Bei der Fahrzeugannahme reinigen wir diese."
Es gebe weiterhin genügend Anfragen beim Service, zudem kämen schon die ersten Anfragen für den Reifenwechsel. Dass die Kunden ganz ausbleiben, befürchtet Kastenmaier noch nicht. Bei der Ersatzteilversorgung sieht es auch noch gut aus. Bestellte Teile kommen nach wie vor. Zu Verzögerungen kommt es hier nicht, bestätigt der Kfz-Meister. "Allerdings ist unser Lieferant auch vorsichtiger geworden. Bestellungen werden nur noch unters Garagentor geschoben."
Ein Automobilhändler mit angeschlossener Werkstatt und Lackierbetrieb in der Nähe von München berichtet dagegen bereits über massive Probleme. "Man lebt von einem Tag auf den anderen. Wir müssen uns jeden Tag neu auf die Anforderungen einstellen und wissen derzeit nicht so genau wie es weitergeht", erklärt der besorgte Geschäftsführer im Gespräch mit asp. Ein Teil der Mitarbeiter, die nicht operativ in der Werkstatt arbeiten, hat er ins Homeoffice geschickt. Insgesamt beschäftigt er 120 Mitarbeiter.
Man ergreift Hygienemaßnahmen. Zum Schutz der Mitarbeiter am Service-Desk hat der Autohausbetreiber jetzt Glasscheiben bestellt. Büro-Arbeitsplätze hat man soweit wie möglich separiert.
Mittlerweile verzeichnet er einen Auftragsrückgang von 30 Prozent. "Vor allem im gewerblichen Bereich herrscht absolute Flaute", klagt der Chef. Den Fahrzeugverkauf hat er den Vorgaben entsprechend zugesperrt. Es gibt noch einen Verkäufer, der im Homeoffice verkauft. Ab dieser Woche ist Kurzarbeit geplant. Aushilfen, Zeitarbeiter und Mitarbeiter in der Probezeit werden nicht weiter beschäftigt.
"Wenn wir aus der Situation mit zwei richtig dicken Augen rauskommen, können wir froh sein", das ist die wenig hoffnungsfrohe Einschätzung des erfahrenen Unternehmers. Immerhin: In den letzten Jahren hat er sehr viel Geld in die IT seines Betriebs gesteckt, das erleichtert derzeit vieles und senkt die Prozesskosten.
Jetzt steht die Reifenwechselsaison an. "Wir haben die Reifenwechsel-Samstage um drei Wochen verschoben. Derzeit macht das keinen Sinn." Vor dem Betrieb stünden ansonsten jetzt vier umsatzstarke Reifen-Samstage, an denen sonst 60 bis 70 Kunden durch die Werkstatt geschleust werden.
Hygieneempfehlungen werden jetzt noch strenger befolgt als das ohnehin schon der Fall war. Auch bisher hat man schon Lenkräder und Schalthebel mit Folie verpackt. Hygiene wurde schon immer groß geschrieben im Betrieb. "Das kommt uns jetzt zugute."
Marcel Groß, Kfz-Werkstatt Mietner in Dortmund, macht ähnliche Erfahrungen. Während er in den letzten Wochen eine äußerst hohe Auslastung hatte, sei mit der Corona-Krise das Werkstattgeschäft innerhalb weniger Tage auf etwa 30 Prozent eingebrochen. "Zwar haben Kunden noch ihre vereinbarten Termine wahrgenommen und zum Glück gab es keine Absagen. Dafür bleiben Neuaufträge aus", sagt Groß.
Die Verunsicherung bei den Kunden sei deutlich zu spüren. "Wenn Anrufe kommen, fragen viele verwundert, ob wir denn überhaupt noch auf hätten und wie es beispielsweise mit Terminen für die HU aussieht. Einmal pro Woche kommt ein Prüfer zu uns in die Werkstatt. Diese Woche hat das noch gut geklappt."
Derzeit achte man auf strengere Hygienemaßnahmen zum Selbstschutz. Groß: "Wir schauen, dass wir höchstens ein bis zwei Kunden in unsere Werkstatt lassen. Nach jedem Kundenbesuch desinfizieren wir Klinken und die Theke, um uns natürlich auch selbst zu schützen." In dieser schwierigen Zeit wolle man dennoch für die Kunden da sein. „"Wir haben extra in unserer Web-App einen Banner platziert. Außerdem bieten wir nun einen Hol-und-Bring-Service an. Wir möchten unseren Kunden entgegenkommen und zeigen, dass wir weiterhin für sie da sind."
Die Werkstattkette ATU, die sich in der Nähe befindet, hat dagegen ihre Filiale geschlossen. Und auch eine benachbarte freie Werkstatt musste aufgrund eines Covid-19-nfizierten Mitarbeiters schließen. Natürlich habe man mitbekommen, dass es Einmalzahlungen geben soll. "Je nachdem wie lange diese Krise andauert, kann uns dies auch nur kurzfristig helfen. Unser Steuerberater wird uns dahingehend unterstützen und uns bei notwendigen Anträgen und Formularen helfen", hofft Groß.