Scheibenheizungen sind recht einfach aufgebaut. Auf die Scheibeninnenseite ist ein Linienmuster auf Basis von Silberoxid auf die Scheibe aufgedampft. Hochwertigere Scheibenheizungen haben meist sogar noch in das Glas eingelassene Drähte. Beide Systeme werden durch sogenannte Lötfahnen, die entweder auf die bedampfte Scheibe oder am jeweiligen Heizdrahtende aufgelötet sind, mit Spannung versorgt. Sind drahtbasierte Scheibenheizungen recht robust, sind solche, die aufgedampft sind, eher empfindlich. "Dies liegt daran, dass die Silberbedampfung oxidiert und eine gräuliche Schicht bildet", erklärt Martin Klein, Technischer Betriebsleiter und Mitgeschäftsführer des Kfz-Meisterbetriebs AES-Autoglas GmbH in Landsberg am Lech und Partner von junited Autoglas.
"Dies ist gewollt, hat aber den Nachteil, dass durch das Putzen der Scheibe das Oxid immer wieder abgewischt wird und es sich dann sofort wieder neu bildet. Hierbei wird die aufgedampfte Schicht immer dünner, bis entweder der Widerstand so hoch wird, dass die Verbindung punktuell verdampft oder sie letztlich durch das Putzen mechanisch unterbrochen wird."
Lange unentdeckt
Der Schaden wird meist erst dann bemerkt, wenn die Scheibenheizung bei feuchtem Wetter benötigt wird. Dann bilden sich auf der Scheibe ein oder mehrere Streifen, an denen der Feuchtigkeitsbeschlag nicht verschwindet. "Diese Streifen sind klar begrenzt und bilden sich um die ausgefallenen Heizdrähte", so Klein. "Bemerkt man dies, sollte die defekte Stelle auf der Scheibe beispielsweise mit einem wasserfesten Marker markiert werden, damit man den Fehler in der Werkstatt gleich näher einkreisen kann." Speziell bei aufgedampftem Silber kann die Unterbrechung oftmals nur schwer optisch identifiziert werden, da oft noch ein Rest Silberbedampfung erhalten ist. Diese sieht dann aus, als ob die Verbindung noch intakt wäre.
Reparatur und Wartung der Heckscheibenheizung - Schritt für Schritt
Bildergalerie- Ausgabe 10/2024 Seite 036 (497.4 KB, PDF)
"Auch eine elektrische Überprüfung mit dem Multimeter macht keinen Sinn, da der Strom zwischen den beiden Kontaktenden der Prüfspitzen über die intakten Heizbahnen fließt", so Klein. "Die defekten Heizbahnen können daher nicht herausgemessen werden." Um Unterbrechungen zu finden, verwendet Martin Klein eine Lupe. Ist die Stelle gefunden, markiert er sie von der Glasgegenseite mit hellem Isolierband. Das erhöht die Sichtbarkeit der Schadstelle und erleichtert bei Arbeitsunterbrechungen bei großen Scheiben das Wiederauffinden des Schadens.
Streichen oder Löten
Um wieder eine Verbindung herzustellen, kommen zwei Methoden in Betracht: das Verwenden leitfähiger Silberpaste oder das Einlöten eines feinen Drahtes. Häufiger, da deutlich einfacher, ist die Anwendung der Silberpaste. Klein: "Um wieder eine Verbindung des Heizdrahtes herzustellen, muss die Reparaturstelle zunächst gründlich mit Bremsenreiniger gereinigt werden. Anschließend wird parallel zum verbliebenen Heizdraht dicht an diesem jeweils ein Streifen Klebeband auf die Scheibe geklebt. Zwischen den beiden Klebestreifen darf nur ein Spalt übrig bleiben, der so breit ist wie der ursprüngliche Heizdraht.
Um die Verbindung wiederherzustellen, wird jetzt mit einem feinen Pinsel die leitfähige Silberpaste aufgetragen. Je nach Anbieter des Lackes muss dies zwei- bis dreimal geschehen, bis die nötige Dicke des Lackes erreicht ist. Danach wird nach einer kurzen Trocknung mit einem Cutter entlang der Klebestreifen der Lack durchtrennt und die Klebestreifen werden abgezogen. So erhält man dünne saubere Heizstreifen."
Carglass - So funktioniert der Scheibentausch
BildergalerieDas Einlöten eines feinen Drahtes - meist wird hierzu eine feiner Draht aus einer Litze genommen - oder das Anlöten einer Lötfahne (mit Stecklasche) ist hingegen nur etwas für geübte Löt-Profis. Zur Vorbereitung ist es ratsam, die Scheibe aus dem Fahrzeug auszubauen, da im Gegensatz zur Reparatur mit Silberpaste die Lötstelle waagrecht vor einem liegen sollte. Dies erleichtert vor allem die Reparatur, wenn abgebrochene Lötfahnen wieder auf die bedampften Stellen der Scheibe aufgelötet werden müssen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass das Lot nicht haftet und wegfließt.
Die Lötstelle muss auf beiden Seiten völlig oxidfrei sein. Dies kann durch ein feines Schleiffließ (1200) oder durch einen Schleifschwamm erreicht werden. Wichtig für eine fachgerechte Lötung ist eine Lötstation, bei der sich die Temperatur regeln lässt und mit einem kleinen Industriefön die Lötstelle vorgeheizt werden kann. "Ein großes Problem sind heute jedoch die erhältlichen Lote", sagt Klein. "Sie bestehen hauptsächlich aus unterschiedlichen Mischungen von Blei, Zinn, Zink, Silber oder Kupfer. Sie haben daher einen Schmelzbereich, den ich als matschig bezeichne, bevor sie völlig flüssig werden. Lötlote, die sofort flüssig werden, sind meist Mischungen, die Blei und Silber enthalten. Sie sind wegen des Bleis heute EU-weit verboten. Doch genau solche Lote sind nötig, um auf der bedampften Scheibe löten zu können."
Temperatur ist entscheidend
Wichtig ist hierbei das Temperaturfenster, das genau eingehalten werden muss. So muss vor dem Löten mit dem Industriefön die Lötstelle auf gut 80 Grad Celsius erwärmt werden. Das ist vor allem bei Verbundsicherheitsglas (VSG) sehr wichtig, sonst könnte das Glas einen Spannungsriss bekommen. Auch das Lot sollte innerhalb eines genauen Temperaturfensters aufschmelzen, das bei ca. 450 Grad Celsius liegt. Vorgeheizte Scheibe und das flüssige Lot garantieren dann, dass eine feste Verbindung zwischen Lötfahne bzw. Draht und Silberbedampfung hergestellt wird. Wird dies vernachlässigt oder es werden falsche Lote verwendet, kommt es zu einer sogenannten Kaltverlötung. Dies alles gilt auch für Einscheibensicherheitsglas (ESG), wobei hier das Rissrisiko geringer ist. "Um eine möglichst große Kontaktfläche herzustellen, sollte bei Lötfahnen die Lötfläche vorab verzinnt werden", so Klein.
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"Dazu wird die Lötfahne erhitzt und unter Verwendung eines Flussmittels Lot darauf verstrichen, bis sich eine hauchdünne gleichmäßige Schicht ausbildet." Damit der Lötkolben viel Hitze übertragen kann, verwendet Martin Klein eine breite Lötspitze. Unter Zugabe von weiterem Lot wird dann die Lötfahne aufgelötet. Dabei zieht sich das Lötlot durch den Kapillareffekt selbst zwischen Lötfahne und bedampfter Scheibe und stellt so eine flächige Verbindung her. Beim feinen Litzendraht ist es ähnlich. Er wird vorab ebenfalls verzinnt und mit einer spitzen Lötspitze anschließend als Brücke zwischen den Enden der Bedampfungsstreifen eingelötet. Da die Lötung extrem filigran ist, sollte sie nur von geübten Autoglasern durchgeführt werden.
"Löten an Scheibenheizungen ist die Ausnahme", sagt Klein. "Sie sind sehr arbeitsintensiv, damit teuer und nur etwas für Geübte." Es ist daher abzuwägen, ob sich eine Reparatur tatsächlich auch lohnt. Dies ist dann der Fall, wenn eine Scheibe nicht mehr lieferbar oder sehr teuer ist bzw. als Original (original Teilenummer am Oldtimer) erhalten bleiben soll.