Kurzfassung
Das Potenzial der digitalen Touchpoints im Aftersales wird noch nicht ausgeschöpft. Die NTT-DATA-Studie betrachtet das Thema aus der Sicht der OEMs, der Händler und der Kunden. Und sie gibt konkrete Handlungsempfehlungen
Autohäuser erleben die Digitalisierung als permanenten Lernprozess. Die Branche ist in diesem Prozess noch nicht so weit wie die Automobilhersteller, aber sie spricht die Kundschaft schon auf wichtigen digitalen Kanälen an. Im Wesentlichen sind das Website, App, Connected Car und Social Media. Die NTT-DATA-Studie betrachtet das Thema aus drei Perspektiven: aus der Sicht der OEMs, der Händler und der Kunden. Handfeste Handlungsempfehlungen zeigen auf, wo der Händler bei den digitalen Touchpoints für den Aftersales- Bereich ansetzen kann.
Vom Vertrieb lernen
Im Aftersales muss bei der Digitalisierung das Rad nicht neu erfunden werden. Der Vertrieb setzt bereits Lösungen um, bei denen der komplette Prozess von der Informationsbeschaffung bis zum Kaufabschluss online abläuft. Der Vertrieb hat hier zwar deutlichen Vorsprung, aber die Studie zeigt auf, an welchen Stellen man die Digitalisierung im Aftersales vorantreiben kann.
Die Studie untersucht die vier Touchpoints in Bezug auf ihre Wirkung im digitalen Kaufentscheidungsprozess im Aftersales. Jeder Touchpoint wird daraufhin geprüft, wie Aftersales-Informationen dort zu finden sind und ob verbindliche Preisauskünfte angezeigt werden. Außerdem wird abgefragt, ob sich über den jeweiligen Kanal Servicetermine buchen lassen und ob weitere Leistungen mitgebucht werden können. Abschließend muss jeder Touchpoint zeigen, ob man auf diesem Weg Teile und Zubehör bestellen oder digitale Dienste buchen kann und ob eine direkte und sichere Bezahlung möglich ist.
Website bereits verbreitet
Die Website ist ein weitverbreiteter Touchpoint. "Habe ich schon", mag der eine oder andere Händler sagen. Damit allein ist es aber nicht getan. Wegen der hohen Frequenz bei der Nutzung birgt die Website ein hohes Potenzial. Deswegen ist es wichtig, diesen Touchpoint weiter auszubauen und darauf zu achten, dass Aftersales-Leistungen bereits auf der Startseite dargestellt werden. Verbindliche Preisangaben für Standardleistungen und eine klare Führung durch den Geschäftsanbahnungsweg wecken das Interesse der Kunden. Die Studie zeigt, dass Händler aktuell schon zehn Prozent des Aftersales-Umsatzes über die Website generieren - diese Zahl sollte aufhorchen lassen, hier kann man gezielt ansetzen und investieren.
App kann lohnend sein
Apps werden in vielen Lebensbereichen mittlerweile ganz selbstverständlich genutzt. Diese Selbstverständlichkeit fehlt beim Einsatz der App als Touchpoint im Aftersales-Geschäft. Sie fehlt deswegen, weil das Herstellen einer App eine durchaus komplexe Aufgabe darstellt, die nicht unbedingt zum Tagesgeschäft eines Autohauses gehört. Es lohnt sich aber trotzdem, sich als Händler mit einer eigenen App zu beschäftigen. Die Mehrheit der Geschäftswagenfahrer (80 Prozent) und immerhin 60 Prozent der Privatkunden warten auf Apps, die ihnen im Aftersales einen Mehrwert bieten, der ihnen bisher fehlt. Die Händler besitzen schon viele Kundendaten, die sich für eine App einsetzen lassen, wie zum Beispiel die FIN. Betrachtet man das Thema App dann im Zusammenhang mit telematikfähigen Fahrzeugen, eröffnen sich Möglichkeiten für individualisierte Angebote oder Vorschläge für die Servicebuchung.
Connected Car als exklusiver Zugang
Die Infotainmentsysteme beim Touchpoint Connected Car weisen ähnliche technische Möglichkeiten wie die App auf, können aber ihr Potenzial bei Weitem noch nicht ausschöpfen. Die Kunden haben aber schon ein Bild davon, was dieser Touchpoint leisten könnte. Verbindliche und korrekte Preisangaben sind ein zentraler Wunsch, eine benutzerfreundliche Gestaltung ebenso. Das Pfund, mit dem Connected Car wuchern kann, ist sein Alleinstellungsmerkmal: Mit keinem anderen Touchpoint erreicht man den Kunden exklusiver als mit dem Infotainmentsystem seines Fahrzeugs. Jeder zweite Kunde würde einen Servicetermin über das Infotainmentsystem buchen.
Social Media mit wenig Aufwand
Den Touchpoint Social Media kann ein Autohaus mit vergleichsweise geringem Aufwand betreiben. Über Videos oder Erfahrungsberichte lassen sich spezielle Aftersales-Leistungen einbinden. Ausgehend vom Nutzungsverhalten der User eignet sich dieser Touchpoint aber weniger für das Darstellen des Gesamt-Portfolios eines Händlers. Dass Social Media dagegen für Teilbereiche geeignet sind, zeigt das Engagement von Branchenfremden in diesem Bereich: Facebook Marketplace bietet einen Kanal, auf dem der Handel Teile und Zubehör kostengünstig und zielgruppengerecht vermarkten kann. Eine Besonderheit bei den Social Media ist deren schneller Wandel. Der Handel muss die Szene permanent im Auge behalten, um rechtzeitig neue Kanäle bespielen zu können.
Klare Strategien sind gefragt
Wichtiger Bestandteil der Studie sind die Handlungsempfehlungen. Wer den Kaufentscheidungsprozess im Aftersales digitalisieren will, braucht dazu eine klare Strategie, wie er die einzelnen Touchpoints einsetzen will, denn jeder von ihnen besitzt sein eigenes Potenzial. Die Studie zeigt konkrete Wege für den Digitalisierungsprozess auf. So sind interne Anpassungen der Händler-IT-Systeme notwendig. Damit muss auch eine Prozessharmonisierung bei den Händlerbetrieben einhergehen. Dringend notwendig ist auch ein Umdenken in der Zusammenarbeit zwischen Händler und Hersteller - vor allem bei den Touchpoints App und Connected Car.
Die Bestandsaufnahme der Studie zeigt einen unübersehbaren Handlungsbedarf auf. Das Potenzial der digitalen Touchpoints im Aftersales ist bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Deshalb lohnt es sich auf jeden Fall, die Arbeit an den Touchpoints anzupacken - die NTT-DATA-Studie gibt dafür wertvolle Hinweise.
Zur Studie
Die 48 Seiten starke Automotive- Aftersales-Studie von NTT DATA erscheint in Kürze. Sie kann zum Preis von 49 Euro zzgl. MwSt. unter der Bestellnummer 225027 im Onlineshop bezogen werden unter: www.springer-automotive-shop.de
- Ausgabe 02/2021 S.40 (175.1 KB, PDF)