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Hebetechnik: Klassiker sicher anheben

29.08.2016 14:00 Uhr
Hebetechnik: Klassiker sicher anheben
Das Anheben hochpreisiger Oldtimer, wie dieser Mercedes 190 SL (Bj. 1959), birgt erhebliche Risiken.
© Foto: Marcel Schoch

In Oldtimer-Werkstätten geht ohne Hebeeinrichtungen nichts. Als zentrales Arbeitsmittel ermöglichen sie Reparaturen am Fahrzeug-Unterboden. Doch das Anheben eines Oldtimers kann erhebliche Risiken bergen.

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Wer sich eine Hebeeinrichtung für seine Oldtimerwerkstatt anschaffen möchte, muss genau wissen, welchen Typ er wirklich benötigt", sagt Thomas Daschner, Kfz-Technikermeister und Bosch Classic Car Service-Partner in Roding im Bayerischen Wald. Zur Auswahl stehen Grubenheber, Fahrbahnbühnen, Radgreiferanlagen oder Stempelhebebühnen - und das in verschiedenen Größen und Ausstattungsvarianten. "Als auf Oldtimer-Restaurierungen spezialisierter Fachbetrieb war es uns jedoch schnell klar, dass die Hebeanlage möglichst flexibel einsetzbar sein muss", so Thomas Daschner. "Schließlich stammen die Fahrzeuge, die wir anheben müssen, noch aus einer Zeit, als Hebebühnen noch als Luxusausstattung einer Werkstatt galten. Demzufolge dachten damals nur die wenigsten Fahrzeugkonstrukteure auch an sichere Aufnahmepunkte."

Anstatt moderne selbsttragende Karosserien sind hier Leiterrahmen, Hilfsrahmen oder andere Konstruktionen die Regeln. Hinzu kommt, dass diese oft nicht einmal aus Metall, sondern aus Holz bestehen können. Will man ein solches Fahrzeug sicher anheben, muss daher immer zuerst geprüft werden, welche Konstruktion beim Fahrzeug vorliegt und wo und an welchen Teilen das Fahrzeug angehoben werden kann. "Speziell bei Oldtimern, an denen man noch nie gearbeitet hat, legt man sich daher am besten unter das Fahrzeug und sieht sich bei guter Beleuchtung die Fahrwerkskonstruktion genau an", sagt der erfahrene Kfz-Restaurator, der in seinem Betrieb zusammen mit seinen Söhnen Johannes und Tilo, beide ebenfalls Kfz-Techniker-Meister, hauptsächlich nur deutsche Klassiker restauriert. Trotzdem kommt es vor, dass auch ausländische Oldtimer für Serviceoder Reparatur-Arbeiten zu Thomas Daschner in die Werkstatt kommen.

Flexibel dank Schwenkarmen

"Um auch diese Fahrzeuge sicher anheben zu können, habe ich mich für eine Stempelhebebühne mit Schwenkarmen der Firma Herrmann entschieden", erzählt der Oldtimer-Profi. "Solche Bühnen bieten genug Flexibilität, alle Arten von Oldtimern anheben zu können." Im Jahr 2012 ließ sich Thomas Daschner daher die Herrmann Schwenkarmlift 2.35 in seine Werkstatt einbauen. Beratung und Unterstützung erfuhr er dabei von Konrad Meillinger, der bei der Herrmann AG in Pösing für den Vertrieb in Deutschland, Österreich und der Schweiz verantwortlich ist. "Die Unterflurhebebühne hat an ihren beiden Stempeln jeweils zwei bodenaufliegende Schwenkarme", erklärt Konrad Meillinger die Technik der Schwenkarmlift 2.35. "Da sie in einem Abstand zwischen den beiden Stempeln von 2.285 Millimeter angebracht sind, ist immer genug Platz, auch breite Fahrzeuge bis zu einem Gesamtgewicht von 3, 5 Tonnen anheben zu können." Für Thomas Daschner besonders wichtig war aber die flexible Einstellbarkeit der Schwenkarme. "Da sie einzeln schwenkbar und teleskopisch ausziehbar sind, können sie an jede Fahrwerkskonstruktion problemlos angepasst werden", so Konrad Meillinger. "Hinzu kommt eine sehr niedrige Einschwenkhöhe von 96 Millimeter, so dass sie auch unter sehr tief liegende Fahrzeuge greifen können."

Insgesamt können mit der Schwenkarmlift 2.35 Fahrzeuge bis auf eine Höhe von 1, 86 Meter angehoben werden. "Da lediglich Schwenkarme unter das Fahrzeug greifen, sind auch die Licht- und Platzverhältnisse bei der Arbeit sehr gut", berichtet Thomas Daschner von seinen Erfahrungen. "Das ist besonders bei Schweißarbeiten und der Anpassung von Blechen sehr wichtig." Zur Schonung der Fahrzeugsubstanz können die Schwenkarme mit Drehtellern (Steckpilzen), die mit einem besonders dicken Auflagegummi bestückt sind, ausgerüstet werden. Die Gummis stellen auch sicher, dass das Fahrzeug nicht auf den Tragarmen verrutschen kann, da diese elastisch genug sind, sich den tragenden Teilen anzupassen. Sollten sie dennoch mal nicht ausreichen, bietet Herrmann als Zubehör verschieden große Gummiplatten an.

Doch auch wenn mit einer Schwenkarm-Hebebühne wie der Schwenkarmlift 2.35 alle Voraussetzungen erfüllt sind, um einen Oldtimer sicher anheben zu können, braucht es viel Erfahrung und Knowhow, um nichts falsch zu machen.

Geeignete Aufnahmepunkte

"Vor dem Ansetzen der Tragarme heißt es immer erst mal tief bücken und sicherstellen, dass sie wirklich an tragenden Teilen und nicht irgendwo an der Karosserie anliegen", so Thomas Daschner. "Dabei sind die Drehteller der Schwenkarme aus Sicherheitsgründen möglichst mittig auf die tragenden Teile des Fahrzeugs auszurichten, um eine kippsichere Belastung zu erreichen." Auch gilt es hier, stets den optimalen Aufnahmebereich einer Hebebühne einzuhalten, damit das Fahrzeug nicht nach hinten oder vorne abkippen kann. "Beim Ansetzen der Tragarme ist zudem darauf zu achten, dass alle Drehteller auf die gleiche Höhe gebracht werden", erklärt Thomas Daschner. "Dies gewährleistet, dass die Belastung auf die Struktur des Fahrzeugs gleichmäßig verteilt wird."

Anders auch als bei modernen Fahrzeugen muss vor dem Anheben noch kontrolliert werden, ob zwischen den Tragarmen der Hebebühne und der Karosserie mindestens zwei Zentimeter Luft bleibt. Falls sich die Karosserie nämlich beim Anheben bewegt, lassen sich so Beschädigungen verhindern.

Türen öffnen

Speziell bei sehr alten Cabriolets, aber auch bei Fahrzeugen mit Holzrahmen, sollten schließlich noch vor dem Anheben alle Fahrzeugtüren geöffnet werden. "Beim Anheben können sich die alten Karosserien bis zu fünf Millimeter und mehr verziehen", weiß Thomas Daschner. "Wären die Türen dann geschlossen, könnte es passieren, dass Scharniere und Schlösser reißen." Bei vielen Oldtimern mit Rahmen wird dieser zudem oft auch als Träger für Aggregate und Baugruppen genutzt. Werden die Drehteller des Schwenkarms am Rahmen angesetzt, dürfen diese keinesfalls auf solche Halterungen drücken, da diese sonst beschädigt werden können. Wird das Fahrzeug dann nach oben gefahren, ist zu beobachten, ob es auch an allen Aufnahmepunkten sicheren Sitz hat. Bestehen hier nur die geringsten Zweifel, ist das Anheben sofort abzubrechen, um die Tragarme erneut auszurichten.

"Beim Anheben werden oft folgenschwere Fehler gemacht", so Thomas Daschner, "die zu Lasten der Sicherheit und der Fahrzeugsubstanz gehen." So setzen unerfahrene Fahrzeugrestauratoren die Tragarme auch schon mal an den Blattfederaufnahmen an. "Weil sich diese beim Radfreiheben bewegen, ist hier die Gefahr des Abrutschens besonders groß", sagt Thomas Daschner. Ähnliches gilt für die Wagenheberaufnahmen in den Schwellern. Sie bestehen meist aus Stahlrohren, die in den jeweiligen Schwellern eingeschweißt sind. In dieses Rohr wird dann der Zapfen des Kurbelwagenhebers gesteckt. "Viele setzen die Pilze der Tragarme unterhalb dieser Aufnahmen an und versuchen dann das Fahrzeug anzuheben", berichtet Thomas Daschner. "Dabei verbiegen sich regelmäßig die Schweller." Da ein solcher Schaden nur sehr aufwändig zu reparieren ist, entstehen bei Oldtimern hier sehr schnell mehrere Tausend Euro Schaden.

Echte Rostlauben sicher anheben

Ein besonderes Problem sind auch stark verrostete Oldtimer, deren Restaurierung gerade ansteht. "Ist die Rahmenstruktur eines Fahrzeugs so stark korrodiert, dass es beim Anheben zu einem Durchbrechen tragender Teile kommen kann, dürfen solche Fahrzeuge keinesfalls angehoben werden." Um auch solche Fahrzeuge für die Restaurierung anheben zu können, werden sie zunächst im Stand bis auf die blanke Karosserie zerlegt. Im Anschluss muss, wie Thomas Daschner am Beispiel eines Porsche 356 Typ B Cabriolet (Bj. 1961) zeigt, ein Tragrahmen angefertigt werden. Dieser dient auch als Rahmenlehre, um eine Referenz für eventuellen Verzug der Karosserie bei Schweißarbeiten zu haben. "Damit die Karosserie angehoben werden kann, ist der Rahmen mit Unterzügen ausgestattet, an die die Tragarme der Hebebühne sicher angesetzt werden können", erklärt der Kfz-Restaurator. "Rollen am Tragrahmen ermöglichen es zudem, die Karosserie bequem in der Werkstatt bewegen zu können."

Kurzfassung

Das sichere Anheben von klassischen Fahrzeugen setzt eine gute Hebetechnik und umfassendes Know-how über den Fahrzeugbau vergangener Tage voraus. Werden beim Anheben Fehler gemacht, sind Personen- und Blechschäden keine Seltenheit. Kfz-Restaurator Thomas Daschner gibt Tipps und zeigt, wie es richtig geht.

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