"Als Luxuswagen der Kompaktklasse" wurde der Audi 50 im Sommer 1974 präsentiert. In einem Jahr, dass von inflationär gesteigerten Benzinpreisen und Diskussionen um dauerhafte Tempolimits und Fahrverboten bestimmt war und manchen Autobauer an den Abgrund brachte, kam ein Auto wie der Audi gerade recht. Ein Zwerg, der mit Großen mithalten konnte. So reichte seine nutzbare Innenlänge fast an das Format eines BMW 520 heran und 1.410 Liter Stauraum bei umgelegter Rückbank war mehr als mancher Kombi bot. 152 km/h Spitze genügten dem Audi 50 GL, um sogar Sportcoupés wie Ford Capri, Opel Manta oder VW Scirocco auf Distanz zu halten.
Dies zwar nur bei Sportlern in populärer Einstiegsmotorisierung, aber Respekt wurde den flinken Flitzern im Zeichen der Ringe bald auch bei Rundstreckenrennen entgegengebracht. Wie hochwertig die Innenausstattung des Audi 50 war, stellten Presse und Publikum spätestens bei der Premiere des ersten Polo fest. Kam der Audi-Klon doch geradezu nackt auf den Markt: Ohne Tankanzeige, dicke Teppiche und Chromglanz, dafür mit kahlen Blechflächen oder Pappverkleidungen.
Der Audi 50 als erster deutscher Kleinwagen mit Quermotor, Frontantrieb und Heckklappe rundete die moderne Modellpalette der Marke im Zeichen der vier Ringe nach unten ab – und er sollte Geburtshelfer für den ersten Kleinwagen der Konzernmutter VW sein. So rollte der "feine Kleine", wie ihn die Presse sofort nannte, auch in Wolfsburg vom Band. Und dies nur sieben Monaten später gleich unter zwei Marken. Vier Jahre später gab es dann nur noch den Polo, für einen kleinen Audi sahen die Marketingstrategen keinen Platz mehr.
Bereits 84.000 Einheiten im ersten vollen Verkaufsjahr
Und das obwohl die Bayern im ersten vollen Verkaufsjahr 1975 bereits 84.000 Einheiten absetzten, genau so viel wie vom ewigen Bestseller Audi 100. Wie eindrucksvoll dieses Verkaufsresultat für den kostspieligen Edel-Mini ist, wird spätestens bei der Berücksichtigung des billigeren Polo deutlich, von dem nur 74.000 Einheiten verkauft wurden. Der Audi 50 machte Luxus in Form von Leistung begehrenswert. So kostete er als 44 kW / 60 PS-Flitzer kaum weniger als das Mittelklassemodell Audi 80. Mit 37 kW / 50 PS-Basismotorisierung war er sogar teurer als der eine Klasse größere VW Golf, der ebenfalls diese Motorisierung verwendete. Entsprechend rasch musste sich der kleinste Ringträger mit dem größeren Wolfsburger in Vergleichstests duellieren. Mit überraschendem Resultat: Die Presse bewertete den Audi als das ausgewogenere und ausgereiftere Auto.
Nicht einmal die bis dahin so innovativen Italiener konnten mit Fiat 127 oder Autobianchi A 112 in Vergleichstests mithalten und auch die Franzosen waren mit ihren modisch-schicken Renault 5 oder Peugeot 104 ins Hintertreffen geraten. Gar nicht zu reden vom Mini Clubman. In den Kapiteln Karosseriequalitäten, Motoren, Fahreigenschaften und Sicherheit war der Audi 50 eine Klasse für sich, nur in den Anschaffungskosten ließ er sich gerne unterbieten. Echte Rivalen in allen Disziplinen fand die Nummer 50 – benannt nach der PS-Leistung – erst durch den baugleichen Polo und den 1976 lancierten Ford Fiesta.
Verarbeitungsqualität und Entwicklungsarbeit
Gerade die Verarbeitungsqualität und die aufwendige, gewissenhafte, geradezu liebevolle Entwicklungsarbeit wurden beim Audi 50 immer wieder von Fachleuten und Presse gelobt. Wobei die Italiener damals immer noch die erste Adresse für stilvolle und feine Formen waren. Deshalb durfte Giorgetto Giugiaro den Golf zeichnen und sich Nuccio Bertone an der Formenfindung für den kleinen Audi beteiligen. Bertone überließ den Zeichenstift seinem Chefdesigner Marcello Gandini, der die bis dahin glamourösesten und spektakulärsten Lamborghini- und Maserati-Sportwagen eingekleidet hatte. Gandini schuf eine zeitlos elegante Formensprache, die ihr Alter vor allem durch leuchtend bunte Signalfarben verrät. Und so gab es den Audi 50 nicht nur in Standardtönen wie senegalrot, sondern auch in aufpreispflichtigen Outfits wie cadizorange, rallyegelb oder cliffgrün.
Dennoch: Trotz aller Anfangserfolge dankte der Audi 50 als König der Kleinwagen nach kurzer Amtszeit ab. Ein Mini passte damals einfach noch nicht ins Audi-Marketingkonzept. Heute ist dies anders, wie der Audi A1 als neues Schwestermodell des Volkswagen Polo demonstriert. (sp-x)