Von Hanne Schweitzer/SP-X
Bei einem Unfall die eigene Unschuld beweisen – das ist das Ziel, mit dem sich immer mehr Autofahrer eine sogenannte Dashcam anschaffen. Dass diese Aufnahmen als Beweismittel vor Gericht zulässig sein können, obwohl sie eigentlich gegen Persönlichkeitsrechte verstoßen, hat jüngst der Bundesgerichtshof entschieden (VI ZR 233/17). Wer nun eine Mini-Videokamera kaufen will, sollte aber trotzdem ein paar Dinge beachten.
Verwertbarkeit stets Einzelfall-Entscheidung
Die Dashcam wird an der Windschutzscheibe angebracht und filmt permanent das Verkehrsgeschehen. Weil die Aufzeichnung typischerweise ohne Einverständnis der aufgenommenen Personen stattfindet, ist sie per se problematisch. Der BGH ordnet die Aufnahmen in seinem Urteil so auch als "datenschutzrechtlich unzulässig" ein. Trotzdem ist die Dashcam-Aufnahme nach Ansicht der Richter als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess grundsätzlich verwertbar – es muss aber immer eine Einzelfall-Abwägung stattfinden: Hier stehen sich unter anderem das Persönlichkeitsrecht des einen Autofahrers und das Interesse des anderen Autofahrers, seine zivilrechtlichen Ansprüche durchzusetzen, gegenüber.
Die Einschränkungen
Aber auch nach dem Urteil bleiben für Autofahrer, die eine Dashcam nutzen wollen, diverse Rechtsunsicherheiten. Denn die Richter machen in ihrem Urteil ausdrückliche Einschränkungen. Eine permanente anlasslose Aufzeichnung des gesamten Geschehens auf und entlang der Fahrstrecke ist demnach nicht erforderlich. Ausdrücklich weisen sie auf technische Möglichkeit hin, nur kurz oder anlassbezogen aufzunehmen: Zum Beispiel dadurch, dass die Aufzeichnungen in kurzen Abständen wieder überschrieben werden und eine dauerhafte Speicherung erst bei einer Kollision oder starker Verzögerung des Fahrzeuges stattfindet. So bieten verschiedene Dashcams einen Beschleunigungssensor, der ungewöhnliche Bewegung registriert und dann Aufnahme startet, die nicht mehr überschrieben wird.
Klar ist: Wer die Aufzeichnung von anderen Verkehrsteilnehmern ins Internet stellt und so der Öffentlichkeit zugänglich macht, ohne Personen und Autokennzeichen unkenntlich gemacht zu haben, hat ohne Zustimmung der Beteiligten eindeutig gegen deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung verstoßen, warnt der ADAC. Der gesetzlich festgelegte Bußgeldrahmen für diese Verstöße beläuft sich nach § 43 Bundesdatenschutzgesetz auf bis zu 300.000 Euro. Es gab auch schon Gerichte, für ihnen vorgelegte Dashcam-Aufnahmen ein Bußgeld wegen Verstoßes gegen das Bundesdatenschutzgesetz verhängten. (AG München, August 2017, Az.1112 OWi 300 Js 121012/17)
Ebenfalls in den allermeisten Fällen gegen geltendes Recht verstößt nach Einschätzung der ADAC-Juristen, wer als "Hilfssheriff" mit der Dashcam Verstöße anderer aufnimmt und zur Anzeige bringt. Andererseits haben bereits Gerichte diese Aufnahmen in sehr engen Grenzen zugelassen, zum Beispiel, als der Autofahrer die Dashcam erst bei einer Nötigung ein- und nach fünf Minuten wieder ausschaltete (AG Nienburg, Januar 2015, Az: 4 DS 520 Js 39473/14 (155/14)) oder bei einer schwerwiegenden Ordnungswidrigkeit, hier filmte ein Autofahrer einen gefährlichen Rotlichtverstoß seines Vordermannes (OLG Stuttgart, Mai 2016, Az.: 4 Ss 543/15).
Private Aufnahmen unbedenklich
Private Aufnahmen – zum Beispiel der schönen Landschaft während der Fahrt – sind grundsätzlich erlaubt, auch wenn andere Personen und Pkw-Kennzeichen mitgefilmt werden. Beachten sollte man allerdings, dass bei einer Kontrolle natürlich nicht feststeht, welchem Zweck die Aufnahmen tatsächlich dienen sollen.
Trotz der Rechtsunsicherheiten nimmt die Zahl der Nutzer zu. 150.000 Dashcams sind in den vergangenen drei Jahren in Deutschland verkauft worden, hat der Digitalverband Bitkom ermittelt. Acht von zehn befragten Deutschen gehen nach Angaben des Verbandes davon aus, dass die Videokameras im Auto in den kommenden Jahren in Deutschland zum Alltag gehören werden. In anderen Ländern, beispielsweise Russland, sind sie bereits weit verbreitet.
Autofahrer lassen sich die Kameras laut Bitkom im Schnitt 88 Euro kosten. Experten der Fachzeitschrift "Computer Bild" kommen in ihrem aktuellen Test zum Schluss, dass man für eine wirklich gute Kamera mindestens 100 Euro ausgeben sollte. Im Vergleichstest kostete der Preis-Leistungssieger NavGear MDV-2850 rund 80 Euro – mit Abstrichen beispielsweise beim GPS. Für eine möglichst hohe Bildqualität empfiehlt die Zeitschrift eine Full-HD-Auflösung (1920x1080 Pixel) und 60 Bilder pro Sekunde, sonst seien Details wie Nummernschilder in den Aufnahmen möglicherweise schwer zu erkennen.
Nutzungsregeln im Ausland vorab prüfen
Bevor man ins Ausland fährt, sollte man übrigens überprüfen, wie dort die Verwendung von Dashcams gesehen wird und die Kamera im Zweifel lieber abmontieren. In Belgien, Luxemburg, Portugal und der Schweiz rät der ADAC von der Nutzung ab, in Österreich braucht man laut Autoclub eine Genehmigung.