Die Autoindustrie lehnt technische Nachrüstungen an Motor oder Abgasanlage bei Dieselautos weiter ab. VDA-Präsident Bernhard Mattes sagte am Montag in Berlin, solche Hardware-Umbauten seien "sehr, sehr komplex". Außerdem würde es zwei bis drei Jahre dauern. "So viel Zeit haben wir nicht." Hardware-Nachrüstungen führten bei den umgerüsteten Autos zu mehr Verbrauch und damit mehr CO2-Ausstoß.
Der Chef des Verbands der Automobilindustrie (VDA) verwies auf dem Mobilitätskongress "Future Mobility Summit" des 'Tagesspiegels' auf Software-Updates, mit denen die Hersteller den Schadstoffausstoß von Dieselautos senken wollen. Die Industrie arbeite zudem eng mit den Kommunen zusammen. Umweltverbände fordern aber seit langem auch Hardware-Nachrüstungen, weil diese wirksamer seien.
Mattes verteidigte den Diesel, dessen Image durch den Abgasskandal schwer belastet ist. Außerdem trägt der Antrieb erheblich dazu bei, dass Schadstoffgrenzwerte in vielen Städten nicht eingehalten werden. Mattes sagte, moderne Diesel seien sauber.
Der VDA-Chef nannte einen "Spiegel"-Bericht über einen geplanten Milliarden-Fonds zur Hardware-Nachrüstung eine "Spekulation". Das Magazin hatte berichtet, in der Regierung gebe es Überlegungen, zumindest einen Teil der Dieselflotte technisch wirksam nachrüsten zu lassen. Dazu werde geprüft, ob Autokonzerne fünf Milliarden Euro in einen Fonds einzahlen. Die Regierung würde Geld zuschießen.
Mehr Anstrengungen bei der Elektromobilität gefordert
Zudem forderte Mattes mehr Anstrengungen bei der Elektromobilität. "Es gilt, den Aufbau privater Ladestationen sowohl rechtlich als auch finanziell zu unterstützen. Außerdem sprach sich der VDA-Chef dafür aus, den Umweltbonus - auch bekannt als Elektro-Kaufprämie - über Juni 2019 hinaus zu verlängern. "Zudem müssen das Bauordnungs-, Miet- und Eigentumsrecht angepasst werden."
Trotz Fortschritten bei den Neuzulassungen kommt die Elektromobilität in Deutschland nicht richtig in Fahrt. So stößt die staatliche Prämie zum Kauf von Elektro-Autos auch nach fast zwei Jahren nur auf verhaltenes Interesse. Für reine Elektrowagen mit Batterie gibt es einen "Umweltbonus" von 4.000 Euro, für Hybridautos sind es 3.000 Euro. Finanziert werden die Prämien je zur Hälfte vom Bund und vom jeweiligen Hersteller. Die Fördermittel reichen für mehr als 300.000 Fahrzeuge. Die Mittel, die bis Ende Juni 2019 nicht abgerufen werden, verfallen.
Mattes sagte außerdem, Deutschland müsse bei der Ladeinfrastruktur aufholen. Derzeit gebe es rund 11.000 öffentlich zugängliche Ladestationen, davon sind 560 Schnellladepunkte. Um der Elektromobilität zum Durchbruch zu verhelfen, sind aber aus Sicht von Experten und Verbänden weitaus mehr Ladestationen notwendig.
"Erfolg von heute kein Garant für morgen"
Der VDA-Präsident verwies außerdem auf den Erfolg der Branche mit 825.000 Beschäftigten, die 2017 einen Rekordwert bei der Produktion erreicht habe. "Doch der Erfolg von heute ist kein Garant für morgen." Die Automobilindustrie erlebe eine rasante Transformation. "Die Weltbevölkerung wächst bis zum Jahr 2050 von heute sieben Milliarden auf zehn Milliarden Menschen. Die Zahl der Megacitys nimmt drastisch zu, die kaufkraftstarke Mittelschicht wächst. Das Bedürfnis nach individueller Mobilität bleibt, aber es verändert sich: Erlebnis geht vor Besitz", sagte Mattes.
"All diese Megatrends erfordern, die Mobilität der Zukunft neu zu denken. Das tun wir. Unsere Lösungen liegen in emissionsarmen Antrieben, in der Vernetzung, in der Digitalisierung und im autonomen Fahren." Ziel der deutschen Hersteller und Zulieferer sei es, den Straßenverkehr künftig noch sicherer, effizienter und komfortabler zu machen.
Die deutsche Automobilindustrie verfolge außerdem eine breit angelegte "Dekarbonisierungsstrategie" - das bedeutet eine Senkung der klimaschädlichen CO2-Emissionen. Sie reicht laut Mattes von "weiteren Verbesserungen" beim Verbrennungsmotor über alternative Antriebe und Kraftstoffe wie Wasserstoff, Erdgas und E-Fuels bis hin zum reinen E-Fahrzeug. (dpa)