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"Eine große Chance vertan": EU-Aus für Verbrenner - Reaktionen aus der Kfz-Branche

10.06.2022 09:59 Uhr | Lesezeit: 4 min
Auspuff Abgase
Das geplante Verbrenner-Aus ab 2035 stözt größtenteils auf Kritik, es gibt aber auch Zustimmung.
© Foto: ADAC

Die Branchenverbände zeigen sich enttäuscht, Umweltverbände begrüßen den Schritt - und manchem geht die Entscheidung noch nicht weit genug.

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Im Kampf für mehr Klimaschutz will das EU-Parlament den Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 verbieten. Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte am Mittwoch in Straßburg dafür, dass Hersteller ab Mitte des nächsten Jahrzehnts nur noch Autos und Transporter auf den Markt bringen dürfen, die keine klimaschädlichen Treibhausgase ausstoßen. Bevor eine solche Regelung in Kraft treten kann, muss das Parlament noch mit den EU-Staaten darüber verhandeln. So kommentiert die Kfz-Branche diese Entscheidung.

ZDK: "Große Chance vertan"

Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) zeigte sich enttäuscht über das heutige Votum des EU-Parlaments, dass synthetische Kraftstoffe nicht positiv auf die neuen CO2-Flottengrenzwerte angerechnet werden sollen. Das führt faktisch zu einem Verbrenner-Verbot ab 2035. "Damit haben die Parlamentarier eine große Chance vertan, die Zukunft der individuellen Mobilität technologieoffen zu gestalten", bedauert ZDK-Präsident Jürgen Karpinski.

Nach Ansicht des ZDK werden viele Millionen Menschen auch in Europa ihre Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren über das Jahr 2035 weiter betreiben, weil die E-Mobilität für sie aus unterschiedlichen Gründen keine Alternative ist. „Sie mitzunehmen auf dem Weg, mit diesen Fahrzeugen klimaneutral zu fahren, muss Aufgabe der Politik sein, in Europa und insbesondere auch hier in Deutschland“, so Karpinski.

GVA: E-Fuels können zum klimaneutralen Straßenverkehr beitragen

Die Abstimmung des europäischen Parlaments am Mittwoch, synthetische Kraftstoffe nicht positiv auf die neuen Flottengrenzwerte für Neuwagen anzurechnen, kritisiert der Gesamtverband Autoteile-Hande e. V. (GVA). Das würde einem Verbrennerverbot für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge ab 2035 gleichkommen. "Der Vorschlag der EU-Kommission zielt auch darauf ab, Innovationen bei emissionsfreien Technologien zu fördern. Für einen erfolgreichen Klimaschutz braucht es mehrere Technologien, die sich gegenseitig ergänzen", sagte GVA-Präsident Thomas Vollmar. "Beim Ausstieg aus fossilen Kraftstoffen gibt es angesichts der nicht ausreichenden Verfügbarkeit von E-Ladestationen und grünem Strom in Deutschland und großen Teilen Europas eine klimafreundliche und sozialverträgliche Alternative, wie etwa den Einsatz von E-Fuels", so Vollmar weiter. Der Verband fordert zudem eine Rückkehr zur Technologieoffenheit.

TÜV-Verband: Schritt in Richtung Klimaschutz

"Das Votum des EU-Parlaments für eine hundertprozentige Reduktion der Abgasemissionen von Pkw mit Verbrennungsmotor in der EU ab 2035 ist essenziell für die Erreichung der Pariser Klimaschutzziele. Der Verkehrssektor muss endlich seinen Beitrag leisten und CO2-Emissionen schneller und stärker reduzieren als bisher. Ein festes Datum für den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor für den motorisierten Individualverkehr ist unerlässlich, um sowohl länderübergreifend notwendige Investitionen in die Transformation der Automobilindustrie als auch einen beschleunigten Ausbau der Ladeinfrastruktur in Europa auszulösen", sagte Richard Goebelt, Bereichsleiter Fahrzeug und Mobilität des TÜV-Verbands.

"Der TÜV-Verband spricht sich für Technologieoffenheit in Bezug auf die Antriebsart bei Verkehrsmitteln aus, bei denen eine Elektrifizierung aus technologischen oder wirtschaftlichen Gründen keinen Sinn macht. Das betrifft vor allem den Schwerlastverkehr und den Luftverkehr. Für Verkehrsmittel wie den Pkw steht mit batterie-elektrischen Fahrzeugen eine Technologie bereit, die den Großteil der privaten Mobilitätsbedarfe in Deutschland abdecken kann", so Goebelt.

VDA: Wo sind synthetische Kraftstoffe?

Die Europäische Union hätte nach Ansicht des Verbands der Automobilindustrie (VDA) auch synthetische Kraftstoffe in ihre Klima-Strategie einbeziehen sollen. Diese Kraftstoffe seien wichtig, damit die Autos, die bereits im Markt sind, weniger klimaschädlich betrieben werden könnten, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller am Donnerstag.

"Wir haben derzeit rund 280 Millionen Verbrennungs-Pkw. Das heißt Klima-Neutralität schaffen wir nicht, wenn wir nicht zum Beispiel auch die Bestands-Autos über synthetische Kraftstoffe einbeziehen." Diese Entscheidung fehle aber in den aktuellen Beschlüssen der Europäischen Union.

Die großen Automobilhersteller VW und Mercedes-Benz zeigten sich hingegen aufgeschlossen. Es sei ein "ambitioniertes, aber erreichbares Ziel" formuliert worden, hieß es bei VW. "Die Wende zur Elektromobilität ist unumkehrbar. Sie ist die ökologisch, technologisch und wirtschaftlich einzig sinnvolle Möglichkeit, um Verbrennungsmotoren schnellstmöglich zu ersetzen."

Der Autohersteller Mercedes-Benz begrüßte grundsätzlich das Votum der EU-Abgeordneten: "Bis 2030 sind wir bereit, überall dort vollelektrisch zu werden, wo es die Marktbedingungen zulassen", sagte der Leiter des Bereichs Außenbeziehungen des Konzerns, Eckart von Klaeden.

Maschinenbauverband: "Schlechte Nachricht"

Der Maschinenbauverband (VDMA) hat die Forderung des EU-Parlaments nach einem Verkaufsverbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 kritisiert. "Die Abstimmung im EU-Parlament ist eine schlechte Nachricht für die industrielle Stärke und Nachhaltigkeit der EU", sagte der stellvertretende VDMA-Hauptgeschäftsführer Hartmut Rauen am Donnerstag. Die CO2-Fahrzeugemissionen würden auf Null begrenzt ohne Berücksichtigung des verwendeten Kraftstoffs.

"Dies bedeutet nicht nur, dass die EU ihre Führungsrolle bei Verbrennungsmotor-Technologien hergibt, sondern auch, dass eine nachhaltige technologische Option mit großem Potenzial aufgegeben wird", kritisierte Rauen. Das Verbot werde die Vielfalt klimaneutraler Antriebstechnologien verringern.

ADAC: "E-Mobilität genügt nicht"

Der ADAC bedauert die Forderung des EU-Parlaments nach einem Verkaufsverbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035. "Allein mit der Elektromobilität werden sich im Verkehr die ambitionierten Klimaschutzziele nicht erreichen lassen", teilte der Automobilclub am Mittwochabend mit. "Deshalb wäre es notwendig gewesen, auch eine Perspektive für den klimaneutral betankten Verbrennungsmotor zu öffnen."

IG Metall: "Beschäftigte brauchen eine Perspektive"

Die Gewerkschaft IG Metall pocht bei einem möglichen Verkaufsverbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 auf Unterstützung für betroffene Mitarbeiter in der Autoindustrie. "Alle Beschäftigten brauchen eine Perspektive", sagte Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, am Donnerstag. Das alles müsse nun in den anstehenden Verhandlungen ins Zentrum rücken.

"Die Abstimmung zum Verbrenner-Aus ist eine Selbstverpflichtung der Politik auf allen Ebenen", so Hofmann. "Sie muss jetzt mit Hochdruck die Rahmenbedingungen schaffen, damit dieses Ziel erreichbar ist. Wir brauchen einen europaweiten Ausbau der Ladeinfrastruktur und der erneuerbaren Energien, eine Lösung der Lieferketten- und Rohstoffprobleme der Elektromobilität, umfangreiche politische Unterstützung beim Umbau der Industrie sowie beim Aufbau neuer Wertschöpfung und Beschäftigung."

Umweltorganisationen begrüßten weitgehend Votum

"Heute wurde vom Europäischen Parlament ein klares Signal Richtung Antriebswechsel gesetzt", so Jens Hilgenberg, Leiter Verkehrspolitik beim BUND. Der Verbrennungsmotor sei ein Auslaufmodell, das müsse nun allen Beteiligten klar sein. Vom Nabu heißt es: "Das EU-Verbrenner-Aus 2035 ist ein großer Schritt und Arbeitsauftrag zugleich." Die Bundesregierung müsse nun dringend Maßnahmen ergreifen, damit das Ziel erreicht werde.

DUH fordert Verbrenner-Aus schon ab 2030

Der Deutschen Umwelthilfe geht die Maßnahme nicht weit genug, sie fordert ein Verbrenner-Aus schon ab 2030. Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch erklärte am Mittwoch: "Die eskalierende Klimakrise lässt uns nicht die Zeit, noch weitere 13 Jahre Millionen neue Verbrenner-Autos auf Europas Straßen zu spülen, die dann wiederum 15 Jahre oder noch länger auf klimaschädlichen Sprit angewiesen sind."

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