Kurzfassung
Adaptive Fahrwerke halten immer mehr Einzug auch in Mittelklassefahrzeugen. Durch neue Trends wie die Allradlenkung lassen sich so verschiedene Fahrprofile abbilden und die Sicherheit und Performance erhöhen.
Fahrwerke sind in modernen Fahrzeugen inzwischen technische Wunderwerke und müssen nicht nur den Komfort der Fahrgäste sicherstellen, sondern auch die Sicherheit gerade bei hohen Geschwindigkeiten garantieren. Der Trend geht hier zu adaptiven Fahrwerken, die mit aktiven Dämpfern ausgestattet sind. In der einfachen Variante lässt sich hier per Knopfdruck eine eher sportliche (härter) oder komfortbetonte Einstellung (weicher) wählen. Die Dämpfer sind dazu dank Regelventilen und Elektronik in der Lage, die Dämpfungskennlinie den Kundenwünschen anzupassen. Dabei hat die Technik je nach Hersteller unterschiedliche Bezeichnungen wie PASM, DCC, CDC, Magnetic Ride oder Active Body Control (ABC) und teilweise auch unterschiedliche technische Umsetzungen. Allen gemein ist jedoch, dass sie auch die Sicherheit des Fahrzeugs erhöhen, indem sie die Neigung zum Aufschaukeln oder Wankbewegungen eliminieren können.
In Fahrzeugen der Oberklasse geht das sogar so weit, dass die Fahrwerke proaktiv auf Fahrbahnunebenheiten reagieren und die Dämpferstellung in Sekundenbruchteilen darauf einstellen können (siehe auch Artikel zu Flying Carpet 2.0 auf S. 18). Ein Beispiel ist hierbei die Magic Body Control von Mercdes-Benz. Ziel ist es dabei, dass der Fahrer bzw. die Mitfahrer wie in einer Sänfte getragen werden und nichts von den Unebenheiten mitbekommen. Gerade in Kombination mit einer Luftfederung, die sich im Gegensatz zu einer Stahlfeder ebenfalls regeln lässt, gibt es hier zahlreiche Möglichkeiten der Steuerung.
Auf engstem Raum manövrieren
Im Bereich der Lenkung geht der Trend in Richtung Hinterradlenkung, auch Allradlenkung genannt. Früher nur Fahrzeugen wie Gabelstaplern vorbehalten, die auf engstem Raum manövrieren müssen, hält die Technik im Auto-Bereich immer mehr Einzug. Das hat gleich mehrere Vorteile: Beim langsamen Fahren ist der Wendekreis deutlich kleiner, wenn die Hinterräder mit großen Lenkwinkeln gegensinnig lenken. Gleichzeitig lässt sich die Agilität des Fahrzeugs bei kleinen und mittleren Geschwindigkeiten steigern, wenn an den Hinterrädern kleine Lenkwinkel mit gegensinniger Lenkung eingesetzt werden. Bei hohen Geschwindigkeiten lässt sich wiederum die Stabilität des Fahrzeugs mit einer Allradlenkung steigern, wenn die hinteren Rädern gleichsinnig einlenken. Durch unterschiedliche Lenkwinkel an Vorder- und Hinterachse lässt sich zudem eine direkte, sportliche Lenkung mit hoher Fahrstabilität realisieren.
Im Gegensatz zur Voderachslenkung, ist die Hinterachslenkung oft elektromechanisch ausgeführt, und die Lenksignale werden über ein eigenes Steuergerät entkoppelt von der Vorderradlenkung durchgeführt. Bei Audis System kommen beispielsweise ein elektrischer Spindelantrieb und zwei Spurstangen zum Einsatz, die die Räder je nach Fahrtempo um einige Grad gegen- oder gleichsinnig zu den Vorderrädern einschlagen. Solche Systeme sind beispielsweise von Continental mit dem "Active Rear Axle Kinematics" (ARK), Active Kinematics Control (AKC) von ZF oder dem Active Rear Steering von Aisin Seiki erhältlich. Im Bremsenbereich geht der Trend hin zu leichteren Materialien wie beispielsweise zweiteiligen Bremsbelägen. Auch die Reibbelagmischungen werden optimiert hinsichtlich Geräuschentwicklung und Abrieb des Belags, was gerade in Elektroautos einen höheren Stellenwert einnimmt.
Fahrwerkstechnologien im Überblick
Im Fahrwerk-Bereich tummelt sich eine Vielzahl an Begriffen, die nicht selbsterklärend sind. Das steckt hinter den wichtigsten Technologien.
- Adaptives Fahrwerk
Im Regelfall sind damit aktive Dämpfer gemeint, die ihre Dämpferkennline auf Knopfdruck in sportliche oder komfortable Abstimmung ändern.
- Allradlenkung
Wenn neben der Vorderachslenkung eine Hinterachslenkung zum Einsatz kommt, spricht man von einer Allradlenkung.
- Brake-by-wire
Der Bremsbefehl wird elektronisch erfasst und weitergeleitet, der Bremsvorgang geschieht aber über Verdrängerkolben und Hydraulik.
- Gewindefahrwerk
Gewindefahrwerke sind Schraubfahrwerke, die mit einem Gewinde am Federbein ausgestattet sind und so in der Höhe verstellt werden können.
- Progressivlenkung
Die Progressivlenkung verbessert das Lenkverhalten durch Änderung der Lenkübersetzung bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten.
- Steer-by-wire
Damit ist eine elektromechanische Lenkung gemeint, die ohne hydraulische Kraftübertragung Lenksignale umsetzt.
- Wankstabilisierung
Eine kompakte E-Maschine trennt die die beiden Hälften des Stabilisators, was eine aktive Entkoppelung bei unebener Fahrbahn ermöglicht und dadurch den Fahrkomfort steigert.
Höhere Kurvengeschwindigkeit
Gewindefahrwerk Die neue Gewindefahrwerkserie Bilstein Evo Performance Line ist nun auch für den neuen Golf VIII erhältlich. Das zweifach abgestimmte Dämpfer-Setting von Evo S soll für ein spürbar sportlicheres Lenkverhalten sorgen und durch die straffere Stoßdämpfer-Kennlinie im Vergleich zum Serienfahrwerk deutlich höhere Kurvengeschwindigkeiten ermöglichen. Für Sportlichkeit sorgt zudem die Tieferlegung. aj
Thyssenkrupp Bilstein GmbH
www.bilstein.de
Sicher bremsen auch bei Kälte
Bremsflüssigkeit Continental ergänzt sein Portfolio an Bremsflüssigkeiten der Marke ATE um die neue Super DOT 5.1. Sie soll einen hohen Nasssiedepunkt mit einer hervorragenden Fließfähigkeit (Viskosität) auch unter kalten Einsatzbedingungen kombinieren. Werkstätten können sie ab sofort über den Großhandel bestellen. Alle Gebindegrößen tragen bereits das neue Design für Bremsflüssigkeiten von ATE. aj
Continental Aftermarket GmbH
www.continental-aftermarket.com
Abstimmung nach Geschmack
Aktive Dämpfer Die elektronisch geregelten CDC-Dämpfer (Continuous Damping Control) von ZF Sachs sind nun für viele weitere Fahrzeuge erhältlich: Darunter der Audi A4, Q5 und Q7 sowie Porsche Cayenne und VW Touareg. Im Laufe des Jahres soll das Angebot um bis zu 30 weitere Teilenummern ergänzt werden. Mit CDC können verschiedene Fahrabstimmungen nach persönlichen Vorlieben gewählt werden. Elektronisch gesteuerte Magnetventile stellen in Sekundenbruchteilen die Dämpfkraft ein aj
ZF Friedrichshafen AG
www.zf.com
Passt sich der Fahrbahn an
Stoßdämpfer Die Monroe-OESpectrum-Dämpfer von Driv Automotive sind mit der patentierten Rebound-Ventiltechnologie ("R-Tech") ausgestattet, die auf veränderte Fahrbahnbedingungen schnell reagieren soll. Das führt laut Driv zu einer guten Bodenhaftung, einem sanften Fahrgefühl sowie besserem Handling. R-Tech nutzt zwei Sätze Ventilscheiben, die von einer spiralförmigen Exzenterscheibe voneinander abgegrenzt werden. aj
Driv Automotive Inc.
www.monroe-oespectrum.com/de
Bremsenprogramm überarbeitet
Bremsen Optimal hat sein Bremsenprogramm komplett überarbeitet und neu spezifiziert. Wahlweise sind künftig beschichtete Bremsscheiben, High-Carbon-Bremsscheiben und zweiteilige Bremsscheiben erhältlich. Darüber hinaus weisen die neuen Bremsbeläge von Optimal für jede Fahrzeugklasse eine noch besser angepasste Reibbelagmischung auf. Dank "Anti Noise Shims" sollen auch die Bremsgeräusche reduziert werden. aj
Optimal AG & Co. KG
www.optimal-germany.com
Lange Haltbarkeit
Stoßdämpfer Mit mehr als 650 Teilen für rund 214 Millionen Fahrzeuge in Europa bietet Meyle ein umfangreiches Portfolio an Stoßdämpfern und passendem Zubehör an. Für eine lange Haltbarkeit der Dämpfer soll eine aufgebrachte Schutzschicht sorgen, die vor abrasiven Einflüssen schützt. Darüber hinaus bietet Meyle auch Stoßdämpfer-Staubschutzsätze an, die aus zwei Anschlagpuffern und zwei Staubschutzkappen bestehen. ajMeyle AGwww.meyle.com
- Ausgabe 07/08/2020 S.14 (245.7 KB, PDF)