Kurzfassung
Gebrauchte E-Fahrzeuge sind ein Risiko, da die Traktionsbatterie im Falle eines Defekts das teuerste Bauteil ist. AVL DiTest bietet die nötigen Diagnoseund Reparatur-Tools an, um die Batterie wieder auf Vordermann zu bringen.
Wenn ein E-Fahrzeug zum Kauf angeboten wird, ist meist die erste Frage eines potenziellen Käufers. "Wie gut ist denn der Akku noch?" Diese Frage konnte lange Zeit nicht sicher beantwortet werden. Vielmehr musste man sich auf Reichweitenangaben verlassen, die idealerweise mit einer ausgiebigen Probefahrt verifiziert wurden. Doch das lässt tatsächlich nur wenig Rückschlüsse auf den gegenwärtigen "State of Health" (SoH) einer Batterie zu. Der SoH oder auch Gesundheitszustand der Batterie beschreibt die vorhandene Restkapazität einer Batteriezelle bezogen auf ihre ursprüngliche Nominalkapazität. Ein SoH von 100 Prozent bedeutet, dass die Batterie bis zur Nominalkapazität aufladbar ist und diese gespeicherte Energie ebenso wieder in voller Höhe abgeben kann.
Wirtschaftlicher Totalschaden
Der SoH gibt damit das Verhältnis der aktuell maximal nutzbaren Kapazität zur Nennkapazität an. Das bedeutet beispielsweise, dass eine 100-kWh-Batterie mit einem SoH von 80 Prozent eine Restkapazität von 80 kWh aufweist. Je schlechter jedoch der SoH ist, desto niedriger ist auch der Verkaufspreis des E-Autos. Das reicht bis zum wirtschaftlichen Totalschaden eines Fahrzeugs. Und zwar immer dann, wenn die Batterie, die je nach Kapazität und Automodell über 20.000 Euro mit Einbau kosten kann, als Ganzes getauscht werden muss.
Um Käufern von gebrauchten E-Fahrzeugen hier eine gewisse Sicherheit zu geben, hat die österreichische Firma Aviloo das sogenannte "Batteriezertifikat" entwickelt. Dazu muss der Verkäufer eine Auslesebox bei Aviloo bestellen und mit der OBD-Schnittstelle des Fahrzeugs verbinden ( wir berichteten in der asp-Ausgabe Februar 2022). Voraussetzung für den Batterietest ist, dass die Batterie anfangs zu 100 Prozent vollgeladen ist und dann auf zehn Prozent ihrer Kapazität heruntergefahren wird. Danach wird die Box an Aviloo zurückgeschickt. Nach ein paar Tagen bekommt man dann das zertifizierte Ergebnis.
Reparieren statt Wegwerfen
Doch was ist zu tun, wenn das Zertifikat negativ ausfällt und die Traktionsbatterie deutlich unter Kapazitätsverlust leidet? Für diesen Fall heißt die Lösung Reparatur. "Für die Reparatur einer Traktionsbatterie haben wir alle nötigen Diagnosegeräte und Werkzeuge entwickelt", sagt Harald Hahn, Vorsitzender des ASA-Fachbereiches Diagnose und Diagnoseexperte bei AVL DiTest. "Als Ausrüster für den Volkswagen-Konzern begleiten wir den gesamten Diagnose- und Reparaturprozess am E-Auto. Hier geht es auch um den Ausbau der Batterie aus dem Fahrzeug und das anschließende Zerlegen, um an die einzelnen Module heranzukommen." Je nach Größe der Traktionsbatterie können hier zwölf und mehr Module verbaut sein. Bei leistungsschwachen Traktionsbatterien können ein oder mehrere Module, die jeweils aus mehreren Einzelzellen aufgebaut sind, defekt sein. Die Gründe hierfür sind unterschiedlich und reichen von altersbedingtem Zellenverschleiß, mechanischer Beschädigung und Überhitzung bis hin zu einem Defekt im Lademanagement.
Um diese Defekte zu erkennen, kann über einen Diagnosetester wie den AVL DiTest MDS 188 das Batteriemanagement ausgelesen werden, da hier auch alle Informationen zur Häufigkeit und Art der Ladezyklen und dazu, welche Gesamtspannung die einzelnen Module haben, hinterlegt sind. Defekte Module können so leicht diagnostiziert werden. Parallel dazu wird noch die Spannung der restlichen intakten Module mit dem Multimeter AVL DiTest HV Safety 2000 gemessen. "Nachdem das HV-System deaktiviert wurde, kann dann die Batterie und anschließend das defekte Modul ausgebaut und durch ein neues ersetzt werden", erklärt Hahn. "Bevor das neue Modul, das meist nur zwischen zehn und maximal 30 Prozent geladen ist, angeschlossen werden kann, muss dieses noch auf die Spannung der Restbatterie gebracht werden." Diesen Vorgang nennt man "Balancing".
Hierfür braucht man den speziellen Modul-Balancer AVL DiTest MCS 120, der die Spannung der einzelnen Zellen des neuen Moduls auf die Spannung der anderen Batteriemodule bringt. Nach dem Balancing wird das neue Modul fest eingebaut. "Dabei ist es sehr wichtig, die Übergangswiderstände der neuen Modul-Anschlüsse mit dem AVL DiTest IRP 120 zu messen", so Hahn, "da jeglicher Übergangswiderstand negative Auswirkungen hat und unbedingt zu vermeiden ist. Wir sprechen hier von Übergangswiderständen, die im Bereich von 20 bis 50 Mikro-Ohm liegen dürfen, ansonsten treten bei Strömen bis 1.000 Ampere, die bei der Beschleunigung auftreten können, Verlustleistungen auf, die zu lokaler Überhitzung der Anschlüsse führen."
Noch ganz dicht?
Anschließend wird die Batterie auf Dichtheit überprüft. Hierzu wird der Kühlkreislauf über einen gewissen Zeitraum mit Druck (rund drei Bar) mit dem Dichtheitsprüfgerät AVL DiTest No Leak beaufschlagt. Wenn der Druck konstant bleibt, ist das System dicht und die Batterie kann wieder eingebaut werden. Danach werden noch sicherheitsrelevante Messungen wie beispielsweise der Isolationswiderstand vor der Wiederinbetriebnahme durchgeführt und eventuell eingetragene Fehlercodes mithilfe des Diagnosesystems gelöscht. Damit ist die Reparatur beendet. "Solche Arbeiten dürfen natürlich nur Hochvolt-Mechatroniker der Stufe drei ausführen", erinnert Hahn. "Selbstverständlich bieten wir zum Diagnose- und Reparaturprozess daher auch Schulungen an."
Das Einsparpotenzial für den Kunden ist mit der Batteriereparatur enorm. Das Beispiel eines VW ID.3 Pro S mit 77-kWh-Batterie zeigt dies deutlich. Wird der Akku als Ganzes getauscht, werden hierfür 13.600 Euro fällig. Dazu kommen rund 500 Euro für die Arbeit. Wird jedoch nur ein defektes Modul getauscht, müssen lediglich 2.600 Euro und rund 1.000 Euro für Arbeitskosten auf den Tisch gelegt werden. Das sind rund 25 Prozent der ursprünglichen Kosten. Für freie Werkstätten könnte die Batteriereparatur daher ein lukratives Geschäftsfeld werden. Bislang sind jedoch nur wenige Betriebe hierauf spezialisiert.
- Ausgabe 04/2022 S.30 (216.3 KB, PDF)