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Interview: "KI verändert den Aftermarket grundlegend“

21.04.2025 08:31 Uhr | Lesezeit: 4 min
Interview: "KI verändert den Aftermarket grundlegend“
KI-Experte Sebastian Kempf von der Unternehmensberatung McKinsey im Interview. 
© Foto: McKinsey

Künstliche Intelligenz hat auch den Independent Automotive Aftermarket (IAM) erreicht. Wir haben mit KI-Experte Sebastian Kempf von der Unternehmensberatung McKinsey über die Einsatzmöglichkeiten gesprochen.

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asp: Herr Kempf, künstliche Intelligenz durchdringt mittlerweile jeden Wirtschaftsbereich. Welche Möglichkeiten sehen Sie für KI im Automotive Aftermarket?

S. Kempf: Ich sehe großes Potenzial in vielen Bereichen, angefangen bei der Entwicklung von Kfz-Teilen und deren Verkauf bis hin zu Optimierung von Betrieben wie Werkstätten und Autohäusern, beispielsweise in der Ansprache von Kunden.

asp: Fangen wir mal mit Kfz-Teilen an. Wie würde KI helfen, die Teileentwicklung zu verbessern?

S. Kempf: Hier würde ich zunächst zwischen den Teilen in der Erstausrüstung des Fahrzeugs und den Teilen, die auf dem Aftermarket verkauft werden, differenzieren. KI kann schon in der Entwicklung des Fahrzeugs genutzt werden, um es zu optimieren und auch den Lebenszyklus zu berücksichtigen. So lassen sich beispielsweise Reparaturkonzepte erstellen. Das betrifft also die Fahrzeughersteller und die Tier-1-Zulieferer. Hier ließen sich beispielsweise das Produktdesign der Teile optimieren oder Prozesse verbessern. Auch rund um die Batterie von Elektroautos und Software wird das KI-Thema immer wichtiger, beispielsweise in der Batteriesteuerung.

asp: Können Sie ein Beispiel nennen, was sich mit KI an einem Teil verbessern ließe?

S. Kempf: Hersteller können sich beim Design eines Teils mithilfe von künstlicher Intelligenz unterstützen lassen. Dadurch werden die Prozesse beschleunigt. Eine künstliche Intelligenz kann zwar kein Teil selbst kreieren, sie bietet aber erste Vorschläge bei der Produktentwicklung, die dann in Workshops mit den Entwicklern besprochen werden. Was Menschen vorher mühsam erarbeiten mussten, lässt sich anhand der KI nun beschleunigen - die Entwickler fangen praktisch nicht bei null an. Es lassen sich darüber hinaus beispielsweise Design, Gewicht oder CO2-Emissionen oder die Wahl des Materials durch die KI verbessern. Das setzen bereits heute einige Zulieferer und Hersteller um.


Valeo: Wo der Zulieferer KI einsetzt

Künstliche Intelligenz (KI) spielt beim Zulieferer Valeo bereits heute eine entscheidende Rolle in der Technologieentwicklung, bei der sie seit über 20 Jahren eingesetzt wird. Beispielsweise in Produktionsprozessen und bei der Softwareentwicklung. Durch den Einsatz von generativer KI (GenAI), maschinellem Lernen und fortschrittlichen Datenanalyse-Technologien treibt das Unternehmen Innovation und Effizienz in vielen Bereichen voran. Künstliche Intelligenz und insbesondere neuronale Netztechnologien werden auch bei der Weiterentwicklung von intelligenten Assistenzsystemen hin zu vollautonomen Fahrzeugen in Zukunft eine zentrale Rolle spielen.


asp: Wie könnte KI helfen, Teile für den Aftermarket zu optimieren?

S. Kempf: Auf dem Aftermarket ist die künstliche Intelligenz meines Erachtens besonders relevant. Zulieferer, die ihre Teile für den Aftermarket produzieren, könnten auf Basis von Reparatur-, Kunden- oder Fahrzeugdaten ihre Teile optimieren, um beispielsweise festzustellen, wie oft ein Teil benötigt oder ersetzt wird. Dieses Wissen lässt sich in der Produktentwicklung nutzen und hat auch Auswirkungen auf das Produktdesign. KI lässt sich auch zur Vermarktung von Teilen nutzen, Pricing ist ein großes Thema, bei dem KI einen Unterschied machen kann. Wir reden über Hunderttausende oder sogar Millionen von Teilen und unterschiedlichen Teilenummern, die in unterschiedlichen Märkten mit unterschiedlicher Nachfrage verkauft werden. Wo werden Teile von Kunden gekauft und in welchen Kunden- und Fahrzeugsegmenten werden sie verbaut? Daraus lässt sich ableiten, in welcher Preispositionierung eingestiegen wird. Es lassen sich auch Wettbewerbsdaten einbinden, beispielsweise von Online-Plattformen wie Amazon, Ebay und Autodoc. Anhand künstlicher Intelligenz lässt sich hier das Pricing verfeinern und passgenauer für ein Teil in einem bestimmten Markt festlegen. Die künstliche Intelligenz schafft hier eine Automatisierung und Beschleunigung.

asp: Was für KI-Software-Tools gibt es denn und wie lassen sie sich einbinden?

S. Kempf: Das ist sehr unterschiedlich. Ich kann aber aus meinen Erfahrungen mit meinen Klienten berichten. Der Einsatz von KI bedeutet nicht, seine gesamte IT umstellen zu müssen. Hersteller von Teilen arbeiten beispielsweise meistens mit etablierten Tools. Eine KI lässt sich dann als Add-on zusätzlich nutzen, um bestimmte Optimierungsvorschläge bei der Produktentwicklung zu machen. Voraussetzung dafür ist, dass die entsprechenden Daten verfügbar sind.

asp: Die richtigen Daten sind sehr wichtig?

S. Kempf: Bei allen Projekten der künstlichen Intelligenz sind Daten von zentraler Bedeutung, um eine Optimierung starten zu können. Meist ist es aber eine Herausforderung, diese Daten zu bekommen. Es ist teilweise schon eine Herausforderung, die internen Daten in Unternehmen erst einmal zusammenzuführen. Dann ist die Frage, welche externen Daten Unternehmen brauchen und woher sie sie bekommen - entweder über Partner oder kostenpflichtige Datenbanken. Die Zusammenführung von internen und externen Datenbanken ist dann die nächste Herausforderung, bevor man eine Optimierung mit KI überhaupt starten kann.

asp: Wie sieht es eigentlich mit dem Datenschutz bei KI aus?

S. Kempf: Das Thema Datenschutz und Datensicherheit sollte immer berücksichtigt werden. Es sollte auf keinen Fall so sein, dass sich die KI an Daten bedient, die nicht dafür verwendet werden dürfen. Es geht aber oft um Daten, die bereits in den Systemen vorhanden sind. Die Krux ist, dass diese Daten nicht miteinander verlinkt sind und nicht genutzt werden, obwohl dies rechtssicher möglich ist.


""Wir unterstützen Klienten, wo es sinnvoll ist, eine künstliche Intelligenz umzusetzen." Sebastian Kempf, McKinsey"


asp: Wie unterstützt McKinsey in diesem Bereich?

S. Kempf: Wir als McKinsey arbeiten "anbieteragnostisch", das heißt, wir unterstützen Klienten, wo es sinnvoll ist, eine künstliche Intelligenz umzusetzen und zu etablieren. Wir machen dann auch die erste Modellierung. Entweder können wir dann die bestehende Software im Betrieb verwenden oder wir bauen ein Add-on, das mit dem Entwicklungspartner umgesetzt wird. Wir sind selbst aber nicht primär Softwareentwickler und es gibt keine "McKinsey-Aftermarket-Software 2.0" bei uns zu kaufen, dadurch gibt es bei uns auch keine Interessenskonflikte.

asp: Können Sie ein Beispiel aus der Praxis bringen?

S. Kempf: Ich bin beispielsweise gerade in der Diskussion mit einer Autohandelsgruppe, um künstliche Intelligenz im Bereich Vertrieb und CRM einzusetzen, ganz konkret im Bereich Kundenansprache beim Fahrzeugkauf. Das Ziel ist, auf Basis verschiedener Datenpunkte eine sehr spezifische E-Mail an die Autohaus-Kunden versenden zu können, die automatisch generiert wird. Dabei werden vom Kunden bereits zur Verfügung gestellte Daten wie der Familienstand, die Fahrzeugpräferenz, eventuelle Hobbys und frühere Käufe des Kunden berücksichtigt. Die KI schlägt dem Verkäufer des Autohauses dann proaktiv eine E-Mail vor, die er dann nochmals überprüfen und mit einem Klick an den Kunden versenden kann. Das steigert die Effizienz im Betrieb merklich und es ist eine hohe Erfolgsquote garantiert.

asp: Ist das auch für kleinere Kfz-Betriebe interessant?

S. Kempf: Ich sehe auch in kleineren Betrieben wie einer freien Werkstatt viel Potenzial für den Einsatz von künstlicher Intelligenz, beispielsweise die Kunden zum Thema Reifenwechsel oder für eine spezielle Frühlingsaktion anzuschreiben oder Marketingkampagnen für Teile zu erstellen. Für eine einzelne Werkstatt macht es natürlich wenig Sinn, sich eine KI-Softwarelösung für mehrere Millionen Euro anzuschaffen. Es muss ein Business-Case dahinterstehen. Das erreicht man am ehesten durch eine passgenaue KI-Lösung, die an bestehende Systeme andockt.


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