Kurzfassung
Auch bei Hybridfahrzeugen muss regelmäßig das Getriebeöl gewechselt werden. Hier ist der Wechsel besonders wichtig, denn geringere Ölmengen und höhere Belastungen setzen dem Schmierstoff stark zu.
Die Kombination von Elektromaschine und Verbrennungsmotor, auch als "Hybrid" bezeichnet, vereint die Vorteile zweier Antriebe in einem und eliminiert dabei gleichzeitig beinahe auch alle Nachteile des jeweiligen anderen Systems. Doch was einerseits ein großer Vorteil für die Umwelt ist, bedeutet auf der anderen Seite eine stärkere Belastung für das Hybridgetriebe. Vor allem das Drehmoment des Elektromotors beansprucht im Vergleich zum Verbrenner den Antriebsstrang sehr viel stärker. Gleichzeitig arbeitet das Getriebe aufgrund des Wegfalls des Drehmomentwandlers in den meisten Fällen mit weniger Ölvolumen. Das kann besonders in der Warmlaufphase zu erhöhtem Verschleiß führen, zumal diese auch sehr viel mehr Zeit benötigt als beim bewährten Verbrennungsmotor. Aus diesem Grund empfehlen alle Hersteller von Hybridfahrzeugen deutlich kürzere Ölwechselintervalle als bisher.
Ohne Weiteres dürfen Mitarbeiter von Kfz-Betrieben jedoch nicht an Hybrid- und Elektrofahrzeugen arbeiten. Hierzu sind gemäß DGUV-Information 200-005 und 209-093 verschiedene spezielle Hochvolt-Qualifikationen nötig. Dies betrifft auch alle nichtelektrotechnischen Arbeiten, die an Hochvolt-Fahrzeugen durchgeführt werden, beispielsweise Öl- und Radwechsel oder Leuchtmitteltausch.
Sicherungsmaßnahmen
So muss das Fahrzeug auch bei einem Getriebeölwechsel mit einem Absperrband während der Arbeit und bei Arbeitsunterbrechung gesichert sein, um unbefugten Zugriff zu verhindern. Nicht vergessen werden darf auch, vor allem bei Keyless-Go-Systemen, den Fahrzeugschlüssel sicher und mit genügend Abstand (mindestens fünf Meter) zu verwahren.
Anschließend ist das entsprechende Hochvolt-Zustands-Kennzeichen (HV- System aktiv) am Fahrzeug anzubringen, um den Status des Hochvoltsystems zu signalisieren. Dann wird das Hochvoltsystem heruntergefahren. Dabei sind immer die Herstellerangaben und Wartezeiten bis zur Abschaltung nach Herstellervorgabe einzuhalten. Besonders wichtig ist es, das Fahrzeug gegen versehentliches Wiedereinschalten zu sichern. Hierzu werden ein Bügelschloss am Service-Disconnect-Stecker und ein Hinweisschild angebracht. Die Maßnahme verhindert auch ein unbefugtes Einschalten. Nach erfolgreicher Deaktivierung des Hochvoltsystems (Spannungsfreiheit feststellen) kann das grüne Hochvolt-Zustands-Kennzeichen am Fahrzeug angebracht werden. Jetzt erst darf der Unterfahrschutz vom Fahrzeug abgeschraubt werden, um Zugang zu den notwendigen Komponenten zu erhalten.
Nun kann die Ölablassschraube herausgedreht und das alte Öl abgelassen werden. Hierbei empfiehlt es sich, eine Probe zu entnehmen, um den Zustand des Öls zu überprüfen. Ist das Öl vollständig abgelassen, können die Ölwanne und der Filter demontiert und eine Sichtprüfung des Wanneninneren durchgeführt werden. Der Magnet in der Ölwanne gibt Aufschluss über die Menge des Abriebs im Öl. Je nach Fahrzeugtyp muss jetzt die Ölwanne gereinigt oder eine neue Ölwanne mit Filter montiert werden. Dabei sind zwingend alle Dichtungen gegen neue zu wechseln. Anschließend wird die Ölpumpe mit dem passenden Getriebeöl befüllt. Um die Fahrzeugelektronik anzulernen, muss die Getriebeöltemperatur ausgelesen werden. Mithilfe der Ölpumpe lässt sich dann das Getriebeöl einfüllen. Abschließend wird eine weitere Messung der Getriebeöltemperatur durchgeführt, um den Getriebeölstand einzustellen. Der Ölstand ist korrekt nivelliert, wenn kein Öl mehr aus dem Fahrzeug tropft und kein weiteres Öl mehr eingefüllt werden kann. Zuletzt muss noch der Unterfahrschutz montiert, das Hochvoltsystem nach Herstellerangabe aktiviert und eine Probefahrt durchgeführt werden.
Enge Zusammenarbeit
Neben dem fachgerechten Vorgehen beim Ölwechsel ist auch die Auswahl des richtigen Getriebeöls essenziell für die Lebensdauer des Getriebes. "Fahrzeugentwickler, Getriebeproduzenten und auch immer mehr die Schmierstoffhersteller arbeiten heute gemeinsam an der Getriebeentwicklung", sagt David Kaiser, Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung bei Liqui Moly in Ulm. "Nur so können die Getriebe die Anforderungen des Fahrzeugs erfüllen, in dem es verbaut wird."
Getriebeöle für Hybridfahrzeuge werden daher mit Additiven (Reibungsadditive, Korrosionsschutz, Kältefließverbesserer, Dispergiermittel, Schaumhemmer u. a.) optimal auf das jeweilige Getriebe abgestimmt und gewährleisten so einwandfreies Schaltverhalten, schwingungsfreien Betrieb und Verschleißschutz. "Darüber hinaus sichern spezielle Additive, dass das Öl über den gesamten Temperaturverlauf seine optimale Viskosität beibehält", so David Kaiser. "Das ist bei den geringen Ölmengen in modernen Getrieben sehr wichtig, damit die Schmierung in allen Situationen erhalten bleibt." Nebenbei senkt dies auch den Kraftstoffverbrauch und reduziert die Abgase. Wichtig für die Auswahl ist auch, dass aus der Betriebsanleitung des Fahrzeugs beziehungsweise der Produktbeschreibung des Schmierstoffherstellers die Freigabe für das entsprechende Fahrzeug hervorgeht. "Angaben wie 'geeignet für'' 'erfüllt die Anforderungen' oder Ähnliches entsprechen jedoch keiner Freigabe", warnt David Kaiser.
Ähnliches gilt auch für die Wartungsintervalle. Hier sind zwingend die Vorgaben des Fahrzeugs- beziehungsweise des Getriebeherstellers einzuhalten. Ausnahme sind sehr hohe Betriebstemperaturen. Hierbei altert das Öl schneller als unter normalen Bedingungen. Abhängig von der Fahrweise und dem individuellen Fahrprofil (beispielsweise viele Fahrten bei hohen Geschwindigkeiten, Anhängerbetrieb oder sportliches Fahren) sind dann kürzere Wechselintervalle ratsam.
- Ausgabe 11/2021 S.26 (191.7 KB, PDF)