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150 Jahre TÜV SÜD: Vom Verein zum Konzern

21.01.2016 11:00 Uhr

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Bei altehrwürdigen Institutionen offenbart ein Blick zurück auch immer etwas zum Staunen. Wer sich zu den Anfängen der technischen Überwachung aufmacht, landet bei explodierenden Dampfkesseln im deutschen Kaiserreich. Dass die technischen Überwachungsvereine (TÜV) später einmal vor allem mit der Fahrzeugüberwachung gleichgesetzt werden sollten, war damals noch gar nicht abzusehen. Die Gründung der "Gesellschaft zur Ueberwachung und Versicherung von Dampfkesseln mit dem Sitze in Mannheim" im Jahre 1866 war die direkte Folge eines Unglücks. Ein unentdeckter Riss in der Hülle des Dampfkessels einer Brauerei führte zur Explosion. Ein Toter und mehrere Verletzte waren als Folge zu beklagen.

Stunde der Revisionsvereine

Das Unglück war kein Einzelfall und die Anzahl der Dampfkesselbetreiber stieg schnell. Sowohl die Regierung des Großherzogtums Baden als auch Industrielle unterstützten daher die Gründung eines Revisionsvereins zur regelmäßigen Überprüfung der Kessel. Erst vier Jahrzehnte später geriet das Automobil in den Blick der technischen Überwachung. Die Anfänge waren aufgrund der wenigen Automobile vergleichsweise bescheiden. Ab 1900 wurden einzelne Ingenieure in den Revisionsvereinen der Länder mit Kraftfahrzeugprüfungen betraut. Im September 1906 erließ die badische Regierung eine Verordnung, die die Überprüfung von Automobilen vorschrieb, die im Großherzogtum in Betrieb genommen werden sollen.

Anfänge der Kfz-Prüfung

In Bayern wurde der Einstieg in die Kraftfahrzeugprüfung damals zunächst abgelehnt, weil die Verantwortlichen das Geschäft für wenig lukrativ hielten. 1914 waren im Deutschen Kaiserreich gerade einmal 64.000 Autos und Motorräder zugelassen. Erst Mitte der 1920er Jahre beschleunigte sich die Motorisierung und stieg dann rasant an: 1923 waren 150.000 Fahrzeuge zugelassen, drei Jahre später bereits 300.000. Zum Vergleich: 2015 zählte das Kraftfahrtbundesamt (KBA) mehr als 64 Millionen zugelassene Kraftfahrzeuge.

1926 war es daher eine weitsichtige Entscheidung des Bayerischen Revisions-Vereins, fortan amtliche Prüfungen bei Kraftfahrzeugen vorzunehmen. Außerdem eröffnete im selben Jahr eine Beratungsstelle für Kraftfahrzeuge. Geprüft wurden Autos damals nur bei ihrer Zulassung. Den obligatorischen, alle zwei Jahre stattfindenden "TÜV" gab es in der Bundesrepublik erst ab 1951. Angeboten wurden aber schon damals freiwillige Untersuchungen bei den Revisionsvereinen. Wie nötig sie waren, zeigte eine Verkehrskontrolle in den 1920er Jahren: Bei 90 Prozent der Wagen waren die Bremsen und bei 50 Prozent die Scheinwerfer nicht in Ordnung.

Dunkle Zeiten

Unter der Naziherrschaft nach 1933 wurden unabhängige Vereine und Institutionen sukzessive "gleichgeschaltet" und Schlüsselpositionen mit linientreuen Nationalsozialisten besetzt. Dieses Schicksal blieb auch den Revisionsvereinen nicht erspart. Im März 1938 wurden aus den bisher 37 Institutionen im Reichsgebiet 14 regionale Überwachungsvereine, die erstmals einheitlich als TÜV (Technische Überwachungsvereine) bezeichnet werden. Nach Kriegsende steht das System der Technischen Überwachung, das durch die Kriegszerstörungen teilweise komplett zum Erliegen gekommen war, vor einem Neuanfang. Zumindest im Westen unter alliierter Besatzung konnten sich die Überwachungsvereine wieder etablieren. Auf Basis neuer Satzungen kehrten die westdeutschen TÜV-Gesellschaften zur Selbstverwaltung zurück.

Wirtschafts- und Autowunder

Ein Segen des Wirtschaftswunders in den Fünfzigerjahren war für viele Familien das erste eigene Automobil - das machte sich in den Zulassungszahlen bemerkbar, forderte aber auch immer mehr Verkehrstote. 1950 waren in der Bundesrepublik 2,7 Millionen Kraftfahrzeuge zugelassen. Fünf Jahre später hatte sich diese Zahl mit 5,8 Millionen Kfz mehr als verdoppelt. Die Schattenseite: Für das Jahr 1950 sind 240.000 Zusammenstöße vermerkt. Dabei gab es 6.000 Tote und 145.000 Verletzte. Der Gesetzgeber reagierte und schrieb für alle zulassungspflichtigen Kraftfahrzeuge regelmäßige Hauptuntersuchungen vor. Erst seit 1951 gibt es also den sprichwörtlichen "TÜV", die im Zwei-Jahres-Turnus stattfindende Untersuchung von Autos und Motorrädern auf ihre Verkehrssicherheit.

Auch die Wiedervereinigung des geteilten Deutschlands brachte den TÜV neue Chancen: Im März 1990 lassen ehemalige Mitarbeiter des Amtes für technische Überwachung der DDR den zuerst 1878 in Chemnitz gegründeten sächsischen Überwachungsverein wieder aufleben. Unterstützt wurde der Aufbau des TÜV Chemnitz (ab Juli 1990 TÜV Sachsen) vom TÜV Bayern. Beide Seiten arbeiteten auf eine baldige Fusion hin, die 1992 Wirklichkeit wurde.

Bereits 1990 ging aus TÜV Baden und TÜV Stuttgart der TÜV Südwest hervor. Rückwirkend zum 1. Januar 1996 erfolgte die Vereinigung der Unternehmensgruppe TÜV Bayern und des TÜV Südwest zur TÜV Süddeutschland AG (ab 2005: TÜV SÜD AG).

Kurzfassung

Die Anfänge der technischen Überwachung liegen in der Überprüfung von Dampfkesseln. Die regelmäßige Hauptuntersuchung von Automobilen gibt es in Deutschland erst seit 1951.

1866 Gründung der "Gesellschaft zur Ueberwachung und Versicherung von Dampfkesseln mit dem Sitze in Mannheim" am 6. Januar1906 Das Land Baden schreibt die technische Inspektion von Kraftfahrzeugen vor, die in Verkehr gebracht werden; beauftragt wird der Badische Dampfkessel-Revisionsverein1910 Am 15. Oktober gründet der Stuttgarter Dampfkessel-Revisionsverein eine Spezialabteilung zur Prüfung von Fahrzeugen und deren Führern. Die Geburtsstunde der regelmäßigen Fahrzeugprüfungen in Süddeutschland1926 Erste periodische Inspektion von Kraftfahrzeugen1951 Die periodische Hauptuntersuchung für zulassungspflichtige Kraftfahrzeuge durch amtlich anerkannte Sachverständige wird Pflicht1961 Die TÜV-Plakette für das Kfz-Kennzeichen wird eingeführt1985 Verpflichtende Einführung der Abgasuntersuchung2004 TÜV SÜD bekommt mit dem Oktagon ein neues Logo2006 Gründung von TÜVTÜRK und Aufbau eines Netzes von Kfz-Service-Centern in der Türkei2010 Weltweit erste Hauptuntersuchung an einem Elektroauto durch TÜV SÜD2016 TÜV SÜD feiert 150-jähriges Firmenjubiläum

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