Leuchtet die Airbag-Kontrollleuchte dauerhaft auf, muss das Fahrzeug umgehend in die Werkstatt gebracht werden. Denn nur mit einer eingehenden Fehleruntersuchung und Reparatur lässt sich eine einhundertprozentige Betriebssicherheit des Airbagsystems wieder herstellen. "Meist ist die Ursache ein fehlerhafter Stecker der Sitzerkennung im Fahrer- oder Beifahrersitz", erklärt Matthias Kemmer, stellvertretender Obermeister der Kraftfahrzeuginnung Vorderpfalz. "Ursache hierfür sind oft mechanische Belastungen durch die Sitzverstellung. Liegt das Kabel dann nicht richtig oder es hat sich im Teppich verhakt, kann es durch die Zugbelastung zu einer Trennung der Steckverbindung kommen oder das Kabel reißt ab."
Auch Feuchtigkeit, bedingt durch Schneematsch oder nasse Schuhe, führt aufgrund von Korrosion zu Kontaktschwierigkeiten im Stecker. Probleme bereitet auch immer wieder die Drehfeder im Lenkrad. Sie stellt, wie eine Kabelverbindung, einen durchgehenden Kontakt zum Airbag im Lenkradtopf her. Durch Drehbewegung des Lenkrades kann diese Feder jedoch brechen und muss ausgetauscht werden. Auch wenn diese Ursachen verhältnismäßig harmlos sind und schnell behoben werden können, werden zur Behebung dieser Defekte strenge Anforderungen an Wissen und Voraussetzungen der Kfz-Profis gestellt - vor allem wenn das Airbag-Steuergerät oder die Airbag-Einheit getauscht werden muss. So schreibt der § 4 der 1. Verordnung zum Sprengstoffgesetz (1. SprengV) im Absatz 3 vor, dass zum Ein- und Ausbau, der Aufbewahrung und dem Vertrieb von Airbag-Komponenten nur Personen mit mindestens eingeschränkter Fachkunde (>6-stündiger Lehrgang) im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit hierzu berechtigt sind. Dies gilt auch für das Vernichten von Airbag- oder Gurtstraffereinheiten.
Befähigungsschein ist Pflicht
"Unabhängig, welche Arbeiten am Airbagsystem durchgeführt werden müssen, eine Schulung ist immer Pflicht", sagt Jörg Rennert, Fachreferent bei der TAK (Akademie des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes GmbH) in Bonn für Airbagsysteme, "denn Airbags und Gurtstraffer sind pyrotechnische Gegenstände der Kategorie P1 und fallen damit unter das Sprengstoffgesetz (SprengG)." Für den Umgang mit den Komponenten des Airbagsystems ist daher eine eingeschränkte Fachkunde (siehe oben) oder ein Befähigungsschein nach § 20 des Sprengstoffgesetzes nötig. Zum Erwerb des Befähigungsscheins muss der Teilnehmer zudem eine Unbedenklichkeitsbescheinigung gemäß § 34 Absatz 2 der 1. SprengV vorlegen. Nur dann ist es ihm erlaubt, zum Beispiel an dem von Jörg Rennert bei der TAK in Bonn angebotenen Seminar "Airbag und Gurtstraffer, Befähigungsschein nach § 20 SprengG" teilzunehmen. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung ist bei dem für den Wohnort des Teilnehmers zuständigen staatlichen Gewerbeaufsichtsamt oder Amt für Arbeitsschutz zu beantragen.
"Das Wissen, das zum Umgang mit Airbags und Gurtstraffern benötigt wird, ist sehr umfangreich", sagt Jörg Rennert. "Das von mir angebotene Seminar ist deshalb auf zwei volle Tage von jeweils 9 bis 17 Uhr angesetzt."
Neben Rechtsvorschriften und -grundlagen werden im ersten Block des Seminars theoretische Inhalte, wie das Erwerben, Überlassen an andere, Aufbewahren, Verwenden und die Verbringung von pyrotechnischen Gegenständen für sonstige/technische Zwecke behandelt. Im zweiten Block wird Wissen zum Aufbau, der Wirkungsweise, zur Zertifizierung und Klassifizierung pyrotechnischer Gegenstände insbesondere von Airbags, Airbaggeneratoren und Gurtstraffern (P1/2 bisher PT1/2) vermittelt. Ein weites Feld nehmen auch die berufsgenossenschaftlichen Bestimmungen ein und hier speziell die DGUV-Regel 113-017 "Tätigkeiten mit Explosivstoffen" sowie die DGUV-Regel 113-008 "Pyrotechnik". Sicherheitstechnische Hinweise nach dem Stand der Technik und Betriebsanweisungen bilden den vierten Block. Der fünfte Block ist praxisorientiert. Hier werden der Umgang mit Airbags, Airbaggasgeneratoren, Gurtstraffern und ihr Auslösen geübt.
Eine schriftliche Prüfung gemäß § 36 der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz schließt das Seminar ab. Nach bestandener Prüfung erhalten die Seminarteilnehmer ein staatlich anerkanntes und bundesweit gültiges Zeugnis. Es ist auch Voraussetzung für die Erteilung des Befähigungsscheines nach § 20 SprengG.
Finger weg von gebrauchten Airbags
Die Inhalte des angebotenen TAK-Seminars zeigen deutlich, wie viel Wissen nötig ist, um sicher an Airbag-Systemen zu arbeiten. Das weiß auch Stefan Dobler, Kfz-Sachverständiger aus München. "In meiner Berufspraxis habe ich es bereits öfters erlebt, dass Kfz-Profis, ohne Befähigungsnachweis und Wissen über die Bestimmungen, Airbags gewechselt haben", so Stefan Dobler. "Davon ist dringend abzuraten - denn wenn der Einbau nicht fachgerecht durchgeführt wurde, kann dies im Ernstfall schwerwiegende juristische Folgen für die Werkstatt haben." Zudem ist der Einbau aufgrund der Pyrotechnik, wie der erfahrene Kfz-Sachverständige weiß, sehr gefährlich. "Doch auch wenn der Einbau gelingt, stellt ein nicht-fachmännisch verbauter Airbag eine Gefahr dar, vor allem wenn er während der Fahrt unvermittelt auslöst. Das ist lebensgefährlich", mahnt Stefan Dobler. Es kommt auch immer wieder vor, dass gebrauchte Airbags verbaut werden - und dies, obwohl in Deutschland der Handel mit gebrauchten Airbags zum Beispiel im Rahmen der Autoverwertung verboten ist. "Laut Altfahrzeug-Verordnung sind Airbags aus Altfahrzeugen ausschließlich durch dafür berechtigte Personen zu vernichten", sagt Jörg Rennert.
Dennoch tauchen immer wieder gebrauchte Airbags im Markt auf. Gründe sind hohe Kosten für Originalteile und das Bestreben unseriöser Unternehmen bei der Unfall-Instandsetzung den Gewinn zu optimieren. "Der fachmännische Ein- und Ausbau eines Original-Airbags im Lenkrad kostet, je nach Fahrzeugmodell, um die 400 Euro und mehr. Dazu können noch die Kosten für das Steuergerät kommen, die in den meisten Fällen bei rund 200 Euro liegen. Wenn noch der Fehlerspeicher im System ausgelesen und gelöscht werden muss, stehen weitere 100 Euro auf der Rechnung", sagt Matthias Kemmer. Selbst wenn gebrauchte Airbags über das Internet leicht zu kaufen sind, raten Experten vom Kauf dringend ab. "Man weiß nie, ob die gebrauchte Airbag-Einheit im Ernstfall einwandfrei funktioniert", erklärt Jörg Rennert, "deshalb sind immer neue Airbags vom Original-Hersteller einzubauen."
Sicher lagern
Risiken birgt auch die Lagerung von Airbags und Gurtstraffern, insbesondere wenn man die Vorschriften für die Höchstmengen-Begrenzungen nicht kennt. "In Deutschland muss sie gemäß der 2. SprengV in Verbindung mit den Sprengstofflagerrichtlinien LR 410 "Aufbewahrung von Explosivstoffen und Gegenständen mit Explosivstoff sowie von sonstigen explosionsgefährlichen Stoffen außerhalb eines Lagers (kleine Mengen)" und LR 240 "Lagerung von Airbag- und Gurtstraffer-Einheiten" erfolgen", so Jörg Rennert. "Gemäß dieser darf bei der Lagerung in Arbeitsräumen ein maximales Explosivstoff-Netto-Höchstmaß von zehn Kilogramm nicht überschritten werden. Bei einer Lagerung in geeigneten Lagerräumen ist hingegen ein Explosivstoff-Netto-Höchstmaß von maximal 100 Kilogramm gemäß der LR 410 zulässig."
Airbag wechseln Schritt für Schritt
Grundsätzlich ist ein Wechsel des Airbags oder seiner Komponenten immer mit höchster Umsicht durchzuführen.
Wird ein Airbag gewechselt, ist zuerst die Batterie abzuklemmen, wobei zuerst das Massekabel und dann das Pluskabel entfernt wird. Anschließend muss man rund 15 Minuten warten, bis im Bordnetz keine Restspannung mehr vorhanden ist. Für die Montagearbeiten ist ein Erdungsarmband anzulegen, um elektrostatische Aufladungen zu verhindern. Nach der Demontage des alten Airbags muss er mit den Anschlüssen nach unten an einem sicheren Platz abgelegt werden. Diese Sicherungsmaßnahme verhindert, falls es zu einer unbeabsichtigten Auslösung kommt, dass der Airbag hochgeschleudert wird und dabei erheblichen Schaden anrichtet.
Nach dem Einbau des neuen Airbags wird die Zündung eingeschaltet und anschließend das Fahrzeug verlassen. Erst dann wird als Letztes die Batterie mit dem Fahrzeug verbunden, indem zuerst das Pluskabel und dann das Massekabel angeklemmt werden.
Kurzfassung
Der Wechsel von Airbags oder Gurtstraffern ist durch zahlreiche Gesetze, Richtlinien und Vorschriften reglementiert. Sie einzuhalten ist Pflicht jedes Werkstattbetreibers. Wer sie nicht beachtet, riskiert empfindliche Strafen und erhebliche gesundheitliche Schäden der Fahrzeuginsassen.
- Ausgabe 12/2015 Seite 36 (438.4 KB, PDF)