Kurzfassung
Die EU strebt eine Reduzierung von Verpackungsmüll an. Wegwerfverpackungen oder solche aus nicht recycelbaren Materialien sollen verboten werden - Handlungsbedarf für Teilehersteller, -händler und Kfz-Werkstätten.
Das Durchschnittsalter der Pkw-Flotte in Europa lag im Jahr 2020 bei 11,8 Jahren. Für die Umwelt ist das eine gute Nachricht, denn rund 30 Prozent der CO2-Emmisonen fallen bei Herstellung und Transport der Fahrzeuge an. Im Umkehrschluss bedeutet dies, je länger der Neuwagen-Kauf herausgezögert wird, desto geringer ist der ökologische Fußabdruck. Für den Erhalt der Autos über lange Zeit braucht es aber viel Wartung und Ersatzteile. Hier kann noch viel mehr für die Umwelt getan werden. Teilehersteller und Handel haben das erkannt.
So unternehmen die Teilehersteller der Einkaufskooperation der Select AG verschiedene Maßnahmen, um beim Thema Verpackung nachhaltiger zu werden. Sie fokussieren sich, wie Dino Konrad, Geschäftsführer der Konrad GmbH und Aktionär der Select AG erklärt, auf die Optimierung der Verpackung, die Füllmenge, das Recycling, auf die Lieferkette und die Disposition.
Reduzierung der Mengen
"Alle unsere Teilehersteller bemühen sich, die Menge an Verpackungsmaterialien zu reduzieren, indem sie effiziente Verpackungsdesigns entwickeln. Dies kann schlicht weniger Materialien oder die Optimierung von Verpackungsformen und -größen heißen", so Konrad. "Ein Beispiel sind hier Produktpakete, welche in Kits angeboten werden, wie Wasserpumpen-Kits mit Zahnriemen und Rollen."
"Teilehersteller setzen zudem bereits schon länger auf Verpackungen, die aus recyclingfähigen Materialien bestehen, erklärt Oliver Kanz, Bereichsleiter Rücknahmesysteme bei der Partslife GmbH in Neu-Isenburg. "Dies ist auch politisch gefordert und wird somit mittelfristig für alle Hersteller verpflichtend sein." Bei den recycelfähigen Verpackungsmaterialien handelt es sich meist um Kartonage, aber auch um Kunststoffe wie PET (Polyethylenterephthalat) oder HDPE (High-Density-Polyethylen). Einige Teilehersteller nutzen auch biologisch abbaubare Verpackungsmaterialien. "Sie können sogenannte PFAS-Beschichtungen (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) ersetzen, die als ,ewige Chemikalien' bekannt sind", so Konrad.
Durch Verwendung von recyceltem Material für Verpackungen und Füllmaterial verringert sich der Bedarf an primären Rohstoffen. Ein Beispiel hierfür ist der Einsatz von gebrauchten zerschnittenen Kartonagen als Füllmaterial bei Palettenlieferung. In diesem Zusammenhang findet auch die FSC-Zertifizierung (Forest Stewardship Council) bei den Teileherstellern immer mehr Beachtung. Sie stellt sicher, dass das verwendete Verpackungsmaterial aus nachhaltig bewirtschafteten Quellen stammt.
Ein Ansatz ist auch die Reduzierung von Einwegverpackungen zugunsten von wiederverwendbaren oder nachfüllbaren Verpackungs- und Produktlösungen. Hier bieten sich Rücknahme- und Mehrwegsysteme für Lacke, Öle, Bremsflüssigkeit oder Reinigungsmittel an, wie sie CRC, Liqui Moly, Shell, Teroson-Henkel und andere bereits verwenden. Bei den Mehrwegverpackungen sind vor allem Bremsenreiniger (CRC und Eurolub) mit einem Pumpflaschenkonzept in Verbindung mit Fassware (60 und 200 Liter) oder auch Ad-Blue-Befüllanlagen mit einem Bulkcontainer-Konzept zu nennen. Ähnliches gilt auch für Kunststoffboxen und Europaletten in der Transportlogistik. Viele Warengruppen jedoch, wie zum Beispiel Bremsbeläge, Bremsscheiben und Ölfilter, benötigen gar keine zusätzliche Umverpackung. Hier reicht eine einfache Papierkartonage vollkommen aus.
Weniger Retouren
Auch die Teilehändler achten bei ihren Teilelieferanten zunehmend auf umweltverträgliche Verpackungen. Erhebliches Sparpotenzial liegt zudem in der Logistik. Weniger Anlieferungen oder das Sammeln von Nachlieferungen in der Disposition spielen eine immer größere Rolle. Zur Optimierung der Anlieferlogistik setzen die Händler daher auf moderne Warehouse-Management-Systeme, die Sammel- und damit Full-Truck-Load-Bestellungen immer häufiger ganz ohne zeitlichen Verzug realisieren.
Die Retourenquote in den Werkstätten ist ebenfalls ein Stellhebel. Sie beträgt, wie die Select AG bestätigt, elf bis 18 Prozent in der Branche. "Mit zwölf Prozent liegen wir als Händler bereits am unteren Ende", so Konrad. "Die verbesserte Datenqualität im Katalogsystem ATP im Vergleich zu den Standard-Katalogsystemen und der ausschließlichen Nutzung der FIN-Nummer sind hierfür maßgebend." Ähnlich beim Schrauben-Großhändler Fuchs und Sanders aus Lotte. Hier arbeitet man mit klaren Produktinformationen und gut aufbereiteten Fotos aus mehreren Perspektiven. Dies trägt nicht nur dazu bei, Fehlbestellungen und somit unnötige Retouren zu vermeiden, was zur Reduzierung von Verpackungsmaterial beiträgt, sondern verbessert gleichzeitig auch die Kundenzufriedenheit und Effizienz des Bestellprozesses.
Zur Akzeptanz nachhaltiger Verpackungen trägt auch deren Schutz vor den üblichen Transportgefahren bei. So hat man bei Fuchs und Sanders die Erfahrung gemacht, dass nachhaltige Verpackungen durchaus den Schutz der Teile vor den üblichen Transportgefahren gewährleisten können. Pappe und Karton können dabei je nach Design und Ausführung einen ähnlich guten Schutz wie Kunststoffverpackungen bieten. Mit biologisch abbaubaren Beschichtungen versehen, schützen sie sogar vor Brand und Wasser.
Allerdings können nachhaltige Verpackungen für Chemieprodukte, wie Lack, Kleber, Öle sowie Batterien nicht automatisch den gewohnt hohen Brand- und Wasserschutz bieten wie herkömmliche Verpackungen, die speziell für diese Zwecke entwickelt wurden. "Diese Warengruppe macht jedoch mit fünf Prozent nur einen kleinen Anteil an der gesamten Produktpalette aus", weiß Konrad.
Schulungen
Wichtig ist schließlich noch, dass die Werkstätten von der Sinnhaftigkeit nachhaltiger Verpackungen überzeugt sind. "Mehrwegbeziehungsweise Umweltschulungen durch Hersteller und Handel schaffen ein generelles Bewusstsein für die Nachhaltigkeit und Reduktion von Verpackungsmüll in der Werkstatt", so Konrad.
- Ausgabe 7-8/2023 Seite 022 (654.7 KB, PDF)