In ihrem neuesten "Global status report on road safety" führt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die periodische Fahrzeuguntersuchung erstmals als eine der wesentlichen Maßnahmen auf, um das Risiko, im Straßenverkehr verletzt oder getötet zu werden, zu reduzieren. Mit dieser Anerkennung wird es nun leichter, Unterstützung für den Aufbau eines Systems zur periodischen Fahrzeuguntersuchung, der PTI (Periodic Technical Inspection), zu bekommen - ein großes Sicherheitsplus vor allem für Schwellenländer, beispielsweise im globalen Süden.
Die Anerkennung ist aber auch ein Erfolg für das International Motor Vehicle Inspection Committee (CITA) und für TÜV SÜD, das sich in den vergangenen Jahren intensiv in den Gremien der WHO für die Bedeutung der PTI eingesetzt hat. "Ein Riesenschritt nach vorn", freut sich Gerhard Müller, Leiter Politik und Wirtschaft in der Division Mobility von TÜV SÜD und langjähriger CITA-Präsident. "Die PTI ist ein wichtiger Baustein für die Verkehrssicherheit insgesamt. Denn nur durch die regelmäßige technische Prüfung kann sichergestellt werden, dass Fahrzeuge auch über ihr gesamtes ,Leben' hinweg sicher funktionieren."
Unfallstatistiken in Ländern, in denen die PTI erstmals eingeführt wurde, beweisen die Wirksamkeit. Ein Beispiel dafür ist die Türkei. Seit 2009 untersucht TÜVTURK Fahrzeuge daraufhin, ob sicherheitsrelevante Bauteile, wie etwa Beleuchtung, Bremsen oder die Lenkung, funktionieren und Emissionswerte eingehalten werden. TÜV SÜD war Partner für die Etablierung einer landesweiten PTI in der Türkei.
Nach PTI-Einführung: Weniger Verkehrstote in der Türkei
Nach Einführung der PTI in der Türkei ist die Zahl der Verkehrstoten deutlich gesunken. Laut OECD von 61 (pro einer Million Einwohner) im Jahr 2009 auf 46 im Jahr 2014. Zudem wurde erstmals der Aufwärtstrend der Jahre zuvor gebrochen. Und gleich ein Jahr nach der Einführung 2009 sank die Zahl um fünf (pro einer Million Einwohner) auf 56 (2010). TÜVTURK ist vom Start weg landesweit mit gut 190 Service-Centern und zusätzlich mehr als 70 mobilen Prüfeinheiten gestartet.
Seitdem führt TÜVTURK pro Jahr mehr als zwölf Millionen Hauptuntersuchungen nach EU-Standards durch - mit steigender Tendenz. Beim Aufbau der PTI in der Türkei handelte es sich um das bis dahin größte internationale Investitionsprojekt von TÜV SÜD im Bereich Mobilität. Aus dem Betrieb der vergangenen 15 Jahre können die Experten wichtige Erkenntnisse gewinnen, die auch CITA für die weitere Entwicklung seiner Bewertungstools nutzt. Inzwischen sind weitere internationale TÜV SÜD-Projekte rund um die PTI hinzugekommen - etwa in Spanien, Österreich, der Slowakei und in Südafrika.
- Ausgabe 2/2024 Seite 038 (834.7 KB, PDF)
Fragen an ...
asp: Was bringt die Anerkennung der HU durch die WHO?
Jürgen Wolz: Das ist mehr als nur eine freundliche Geste. Dass die internationale Organisation anerkennt, dass die Einführung einer periodischen Fahrzeugüberprüfung wesentlich zur Verkehrssicherheit beiträgt und damit Menschenleben rettet, hat ganz praktische Konsequenzen. Man muss das auf globaler Ebene sehen. In vielen Ländern ist so etwas wie die Hauptuntersuchung überhaupt noch kein Thema.
asp: Kann der WHO-Ritterschlag bei der Einführung einer PTI helfen?
J. Wolz: Ja, denn durch die Aufnahme der PTI in den Verkehrssicherheitskatalog der WHO wird es für Länder einfacher, Gelder für Investitionen in die Einführung oder Weiterentwicklung der periodischen Fahrzeugprüfung zu erhalten.
asp: Und was bedeutet das für die HU hierzulande?
J. Wolz: In Deutschland ist die HU seit über 60 Jahren eine Selbstverständlichkeit und ist nicht wegzudenken. Und doch gibt es immer wieder Stimmen, die das System infrage stellen. Dabei ist die Überprüfung durch einen unabhängigen Dritten trotz fortschrittlicher Fahrzeugtechnik unabdingbar. Das beste Beispiel ist die Türkei, wo die Anzahl der Verkehrstoten mit Einführung der PTI dramatisch zurückgegangen ist.