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HU muss digitaler werden: TÜV SÜD erwartet viele Änderungen

29.02.2024 10:00 Uhr | Lesezeit: 4 min
Jürgen Wolz
Jürgen Wolz (TÜV SÜD) hat am Entwurf der überarbeiteten StVZO einiges zu kritisieren.
© Foto: TÜV SÜD

Neue Fahrzeugtechnologien erfordern neue Prüfmethoden bei der Hauptuntersuchung. Wie die HU zukunftssicher gemacht werden soll, erklärt Jürgen Wolz, Leiter Service Line Mobility und Amtliche Tätigkeiten Deutschland bei TÜV SÜD Mobility.

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asp: Die Hauptuntersuchung ist nach wie vor wichtig für TÜV SÜD. Wie hat sich die periodische Untersuchung entwickelt?
Jürgen Wolz: Nach dem Wachstum der letzten Jahre gehen wir für dieses Jahr von einer stagnierenden Entwicklung bei den Hauptuntersuchungen aus. Dass der Markt derzeit nicht wächst, hat mehrere Gründe - unter anderem spüren wir die Nachwirkungen der Coronajahre 2021 und 2022. Die Neuwagenzulassungen in 2021 bewegten sich auf deutlich niedrigerem Niveau, ebenso die Gebrauchtwagenumschreibungen bis einschließlich 2022. Die 2021 zugelassenen Fahrzeuge müssen nach drei Jahren, also 2024, zur ersten Hauptuntersuchung. Ebenso die 2022 umgeschriebenen Fahrzeuge, die dann nach zwei Jahren wieder an der Reihe wären. Dieser Effekt wird spürbar sein, aber im Vergleich zum Gesamtmarkt bei den Hauptuntersuchungen - wir sprechen von rund 30 Millionen HUs pro Jahr - ist der Effekt nicht dramatisch.

asp: Insgesamt werden die Fahrzeuge immer älter - ein Treiber für die HU?
J. Wolz: Diese Fahrzeuge kommen ja heute schon alle zwei Jahre zur Hauptuntersuchung. Und wenn man sich die Ergebnisse des letzten TÜV-Reports ansieht, fällt auf, dass die gravierenden Mängel bei den Fahrzeugen älter als zehn Jahre deutlich zunehmen. Mit Blick auf die hohen Mängelquoten bei zunehmendem Fahrzeugalter wird immer wieder diskutiert, ob nicht eine jährliche HU für diese Fahrzeuge sinnvoll wäre. In manchen Ländern ist das der Fall. Es ist derzeit noch unklar, ob eine solche Regelung Eingang in die kommende EU-PTI-Richtlinie findet.

asp: Wann ist mit der neuen PTI-Richtlinie (Periodical Technical Inspection) zu rechnen?
J. Wolz: Der Entwurf der neuen EU-PTI-Richtlinie sollte laut unseren Informationen noch vor den Europawahlen im Juni kommen. Auf dieser Grundlage könnte man dann weiter diskutieren. Wenn der Entwurf dieses Jahr steht, könnte die Richtlinie vielleicht im nächsten Jahr veröffentlicht und dann mit den üblichen Übergangsfristen ab 2026 schrittweise wirksam werden. Wir erwarten darin zahlreiche Änderungen, um den technologischen Entwicklungen der Fahrzeuge auch bei der periodischen Fahrzeuguntersuchung gerecht zu werden.

asp: Wo liegen künftig die größten Herausforderungen bei der Fahrzeugüberwachung?
J. Wolz: Die HU muss sich mit der raschen Entwicklung der Fahrzeugtechnik ebenfalls verändern. Es sind zahlreiche neue Themen zu bewältigen, die die Prüforganisationen vor neue Herausforderungen stellen. Denken Sie an die Zunahme der elektronischen Komponenten im Fahrzeug, an die Möglichkeit, Softwareupdates Over the Air vorzunehmen, oder an die Möglichkeiten des automatisierten Fahrens. Gleichzeitig haben immer mehr Fahrerassistenzsysteme und damit Kameras und Sensoren Einzug gehalten; und mit der Elektromobilität wird schon in wenigen Jahren eine neue Antriebstechnik dominierend werden.

asp: Wie wird eine HU in 10 Jahren aussehen?
J. Wolz: Um diese Fragen zu beantworten, haben sich alle Prüforganisationen zusammen mit der FSD Fahrzeugsystemdaten GmbH als Zentrale Stelle nach dem Straßenverkehrsgesetz zusammengesetzt und ein gemeinsames Papier erarbeitet (Charta 2030 Fahrzeugsicherheit). Darin wird ein Szenario beschrieben, wie alle sicherheits- oder umweltrelevanten elektronisch geregelten Systeme künftig überprüft werden können. Es wird nicht genügen, nur statisch zu prüfen und Daten auszulesen. Es wird sicher auch um dynamische Funktionsprüfungen gehen, die man derzeit entwickelt. Die FSD testet beispielsweise den Einsatz von Targets auf ihrem Testgelände. Auch der Einsatz von Prüfständen ist denkbar. Die Prüfmethoden müssen so adaptiert werden, dass sie an einem Prüfstützpunkt oder an der Prüfstelle durchgeführt werden können. Denn nach wie vor gilt der Grundsatz: Die Hauptuntersuchung muss vom Aufwand her überschaubar sein, sie muss bezahlbar sein und relativ schnell erledigt sein.

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asp: Wird der HU-Adapter weiterentwickelt?
J. Wolz: Es wird voraussichtlich ab 2025 eine neue Generation des HU-Adapters geben. Eine weitgehende Neuentwicklung des Adapters war notwendig, weil die jetzige Generation technologisch nicht mehr sinnvoll für neuere und schnellere Kommunikationsprotokolle moderner Fahrzeuge weiterentwickelt werden konnte. Insgesamt enthält der neue HU-Adapter deutliche Verbesserungen, auch wenn er sich rein optisch nicht sehr verändert.

asp: Es gibt immer wieder Forderungen, den HU-Adapter als Tool auch Kfz-Werkstätten zur Verfügung zu stellen - was halten Sie davon?
J. Wolz: Wir kennen diese Forderung des Gewerbes und sie ist nicht neu. Wir stehen auf dem Standpunkt, dass es sich bei der HU um eine hoheitliche Aufgabe handelt, und für diese wurde der HU-Adapter auch konzipiert. Die Kfz-Betriebe haben eigene Diagnosetools, auch mehrmarkenfähige Geräte, mit denen prinzipiell alle Diagnosen durchgeführt werden können.

asp: Es kommt immer wieder vor, dass bei der HU mit dem HU-Adapter Fehlereinträge gefunden werden, die bei der HU-Vorbereitung in der Werkstatt nicht gefunden wurden. Wie ist das zu erklären?
J. Wolz: Es mag in wenigen Einzelfällen vorkommen, dass der HU-Adapter einen Fehler detektiert, der in der Werkstatt nicht reproduzierbar ist und vom Diagnosegerät der Werkstatt nicht angezeigt werden kann. Solche Fälle gibt es, aber es handelt sich um Einzelfälle. Daraus die grundsätzliche Forderung abzuleiten, dass auch die Kfz-Betriebe den HU-Adapter zwingend benötigen, halte ich für nicht gerechtfertigt.


"Viele Regelungen sind nicht nachvollziehbar und bedeuten eher ­einen Rückschritt."

Jürgen Wolz, TÜV SÜD


asp: Die Straßenverkehrs-Zulassungsordnung (StVZO), die unter anderem auch die Hauptuntersuchung regelt, wurde vom Bund überarbeitet. Was soll sich ändern?
J. Wolz: Der Entwurf der StVZO, der schon im letzten Sommer in die Verbändeanhörung gegangen ist, enthält aus unserer Sicht einige Kritikpunkte. Unsere Änderungsvorschläge haben wir als Prüforganisation, wie auch zahlreiche andere Branchenverbände, in einer ausführlichen Stellungnahme dargelegt. Viele Regelungen in dem vorliegenden Entwurf sind nicht nachvollziehbar und bedeuten eher einen Rückschritt. Wir setzen uns seit Jahren für die Digitalisierung auch bei der HU ein. Wir könnten auf Knopfdruck digitale Prüfberichte erzeugen, die in einer zentralen Datenbank jederzeit abrufbar wären. Auch übermitteln wir beispielsweise täglich unsere Prüfberichte für das IKFZ-Verfahren elektronisch an das KBA. Ein Prüfbericht auf Papier ist nicht mehr zwingend notwendig. Die vorgesehenen Regelungen in der StVZO gehen aber genau den umgekehrten Weg. Die dort vorgesehenen Kommunikationsmittel sind, vorsichtig formuliert, nicht gerade State of the Art.

asp: Der Entwurf der StVZO sieht die "Mängelschleife" nicht mehr vor. Was bedeutet dies?
J. Wolz: Wenn ein festgestellter Mangel gleich vor Ort in der Werkstatt behoben wurde und die HU dann anschließend formal erfolgreich zu Ende gebracht werden konnte, wurde das bei uns entsprechend im Prüfbericht dokumentiert. Das nennen wir Mängelschleife. Dieses zeitsparende und kundenfreundliche Verfahren ist im aktuellen Entwurf der StVZO wohl nicht mehr enthalten. Der Prüfingenieur müsste künftig stattdessen die HU zu Ende führen und das Fahrzeug aufgrund festgestellter Mängel durchfallen lassen. Nach einer erfolgreichen Mängelbeseitigung erfolgt dann die Nachprüfung. Statt eines Prüfberichts mit Sternchen gibt es dann zwei Berichte. Das ist überhaupt nicht nachvollziehbar und sicher nicht im Sinne des Kunden.

asp: Gibt es weitere Kritikpunkte?
J. Wolz: Es droht die Beschneidung der Kompetenzen der FSD Fahrzeugsystemdaten GmbH als Zentrale Stelle. Diese hat zahlreiche wichtige Aufgaben, dazu gehört die Weiterentwicklung von Prüfmethoden und Prüftechnologien für die HU, aber auch die Erarbeitung von Vorschlägen Richtung Gesetzgeber. Die Aufgaben für die Zentrale Stelle sind in dem neuen Entwurf deutlich eingeschränkt. Die für uns so wichtige Errungenschaft eines einheitlichen Mängelbaums, der für alle Prüforganisationen gleichermaßen gilt, wäre dann infrage gestellt. Wenn Mängel am Fahrzeug gefunden werden, dann steht heute bei allen Prüforganisationen dasselbe im Prüfbericht. Aufgrund von Vorgaben, welche Daten wir an die FSD weitergeben dürfen und was diese verarbeiten darf, könnte die Zentrale Stelle den einheitlichen Mangelbaum nicht mehr wie bisher begleiten und zusammen mit den Prüforganisationen weiterentwickeln.


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