Von Michael Lennartz/SP-X
Die chinesische Automobilmarke Chery bereitet ihren Marktstart in Europa und speziell in Deutschland vor. Im Januar soll in Raunheim im Rhein-Main-Gebiet ein Entwicklungs- und Design-Zentrum als neues Headquarter seine Arbeit aufnehmen. Die Akquisition von bis zu 50 Mitarbeitern habe bereits begonnen, erklärte Geschäftsführer Jochen Tüting (44), der 13 Jahre für Ford in Köln arbeitete, seit 2013 für Chery tätig ist und in Shanghai ein Entwicklungszentrum für die Marke aufgebaut hat. In der Zentrale in unmittelbarer Nachbarschaft zum Frankfurter Flughafen sollen auch Marketing und Vertrieb angesiedelt sein.
Als erstes Modell soll "nach 2020" das Modell Exeed in Europa eingeführt werden, ein Kompakt-SUV. Als TX 2017 feierte es auf der IAA Premiere und ist in China nun auf dem Markt. Das SUV-Coupé LX, das als Concept Car im April auf der Peking Autoshow stand, dürfte einen noch konkreteren Ausblick auf das hiesige Debüt-Fahrzeug geben. Vor einem Jahr hieß es noch, dass das erste Europa-Modell wohl zunächst als Plug-in-Hybrid eingeführt würde. Mittlerweile erklärte Chairman Tongyue Yin aber, dass man "sehr wahrscheinlich" sogar mit einem vollelektrischen Exeed in den europäischen Markt einsteigen wolle.
"Die Vorbereitungen für einen Europastart laufen bereits", hatte Chery-CEO Chen Anning schon auf der IAA 2017 erklärt. Derartige Ankündigungen werden hierzulande mit einer gewissen Skepsis registriert, denn mit Landwind, Brilliance und Qoros haben sich in der jüngeren Vergangenheit bereits drei Hersteller aus dem Reich der Mitte an Europa und dem anspruchsvollen deutschen Markt die Zähne ausgebissen und sind schnell wieder in der Versenkung verschwunden. Landwind wegen katastrophaler Crash-Ergebnisse, die gerade mal für einen Stern reichten. Brilliance, weil die angebotenen Limousinen einfach nicht wettbewerbsfähig waren. Qoros kam nicht über einen Messeauftritt in Genf hinaus.
Big Player auf dem Heimatmarkt
Im Falle von Chery scheint mehr Zuversicht im Spiel. Der chinesische Autobauer, der zum Jahrhundertwechsel seine ersten Autos produzierte, ist heute einer der Big Player auf dem hart umkämpften Heimatmarkt, auf dem sich allein fast 100 hierzulande völlig unbekannte Pkw- und Nutzfahrzeug-Hersteller tummeln. Und was noch wichtiger ist: Er ist die Nummer eins unter den exportierenden Automarken. Etwa 30 Prozent der chinesischen Pkw-Exporte gehen auf das Konto von Chery. Zentral- und Südamerika, Asien und Russland sind bisher die wichtigsten Märkte. Auch in Nordafrika und dem Mittleren Osten sei man schon aktiv, heißt es.
Chery ist nicht der einzige Hersteller aus China, der künftig in Europa durchstarten will: Mit Lynk & Co, Byton, Wey, Geely und Borgward haben weitere Marken mit chinesischem Wurzeln den Sprung auf den Kontinent angekündigt.