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Fahrbericht BMW iX xdrive 50: Monolith der neuen Zeit

05.11.2021 06:00 Uhr | Lesezeit: 6 min
Alles andere als eine dezente Erscheinung: der BMW iX
© Foto: BMW

BMW springt in die Zukunft. Mit dem neuen Technologie-Flaggschiff iX zeigen die Münchner, wie sie Mobilität von Morgen definieren.

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Die Bayerischen Motoren Werke stehen unter Strom. Wenn ein Autohersteller die Freude am Fahren in der DNA trägt, eingebrannt wie ein sichtbares Muttermal, das man nicht mal eben so rausschneiden kann, dann muss die Transformation in ein neues Zeitalter besonders glaubhaft erfolgen. BMWs nachhaltige Reise in die Zukunft begann bereits 2013 mit dem kompakten i3, es folgte der Supersportstromer i8, dann kam die Riesen-Nasen-Studie iNext, bei der wir alle dachten, jetzt haben sie einmal zu oft in die Steckdose gefasst.  

Haben sie offensichtlich nicht. Denn BMW meinte das durchaus ernst mit der provokanten Optik. Jetzt landet dieser Monolith der neuen Zeit als Technologie-Träger des Konzerns tatsächlich auf unseren Straßen. Geschickt von einem Planeten, auf denen große Extremitäten offenbar als Schönheitsideal gelten. Das damals versprochene komplett autonome Fahren ist beim iX zwar noch nicht an Bord, dafür aber der angedrohte Kidney-Grill in einer Maxi-Ausführung, die den allgemein geltenden Geschmack auf eine harte Probe stellt. In Shanghai, Moskau und im Silicon Valley werden sie BMWs Extravaganz als avantgardistisch einstufen.  

Losgelöst von der Optik ist BMWs erstes, komplett als E-Auto konstruiertes Sports Activity Vehicles (SAV), ein Meilenstein für die Münchner Autobauer. Ein Werk von Vollblut-Ingenieuren, das uns fasziniert und in einigen Bereichen intellektuell schlichtweg überfordert. Lang wie der X5 (4,95 m) und flach wie ein X6 (1,70 m) läuft das neue E-Flaggschiff in Dingolfing parallel zum Verbrenner-Boss Siebener vom Band. Es wird ab Herbst zwei Versionen geben, den iX xDrive 40 (ab 77.300 Euro) und den von uns gefahrenen iX xDrive 50 (ab 98.000 Euro). Im Januar 2022 kommt dann noch der iX M60 dazu.  

Modulares Antriebssystem

Im Werk Dingolfing implantieren sie dem iX auch den vollständig im Haus konstruierten Batterieträger samt Nebenorganen, der mal eben 630 Kilo wiegt. Das ganze Antriebssystem ist modular, kann also auch in anderen Modellen eingebaut werden. Obwohl mit CFK, Thermoplast-Kunststoffen und Aluteilen an Fahrwerk und Karosserie signifikant Gewicht eingespart wurde, schwingt das luxuriös ausgestattete Raumschiff insgesamt noch fast 2,6 Tonnen auf die Waage. Ja, die Zukunft wird nicht leicht. 


Fahrbericht BMW iX xdrive 50

Fahrbericht BMW iX xdrive 50 Bildergalerie

Der Hochvolt-Akku des iX xDrive 50 hat eine Leistung von 111,5 kWh und soll bis zu 630 Kilometer mit einem Stromaufguss kommen. Geladen wird mit bis zu 200 kW über ein 400 Volt-Bordnetz. Vorne (190 kW / 258 PS) und hinten (230 kW / 313 PS) verbaut BMW je einen E-Motor, die Gesamtleistung beträgt 385 kW / 523 PS. Das Besondere: Das magnetische Feld der Syncronmotoren wird elektrisch erzeugt. Dadurch kommen sie ohne Permanentmagneten aus und auch ohne seltene Erden, was die Umweltbilanz verbessern soll. Ein Konglomerat von elektronischen Steuergeräten regelt den Kraftfluss zwischen den beiden E-Maschinen. Die sogenannte „Aktornahe Radschlupfbegrenzung” optimiert dabei die Traktion in dynamischen Situationen. Vom reinen Hinterradantrieb zum hellwachen Allradler wechselt der Kraftfluss in hundertstel Millisekunden. Für Fahrstabilität und Komfort sorgt obendrein ein adaptives Fahrwerk (optional) mit Zweiachs-Luftfederung und je Rad individuell geregelten Stoßdämpfern.  

Da unten ist also jede Menge los. Elektronik en masse, natürlich alles miteinander vernetzt. Fünf Kameras, fünf Radar- und zwölf Ultraschallsensoren versorgen eine Armada von Stellmotoren und jede Menge Fahr-Assistenten in Echtzeit mit zig Millionen Informationen.  

Controller auf Wunsch im Swarovski-Look

Wenn wir jetzt ins geräumige Hochparterre krabbeln, werden selbst die Jungs in Cape Canaveral blass vor Neid. Die neueste Generation des iDrive mit seiner irren Rechenleistung ist wahrscheinlich voll Mondfahrt tauglich. Der iDrive Controller kommt auf Wunsch im Swarovski-Crystal-Look "Clear & Bold" (die Chinesen werden es lieben), rund 50 Prozent der Knöpfe hat BMW wegrationalisiert und ihre Funktionen in das digitale Bediensystem integriert. Nicht nur mit Vorteilen. Erstens sind die verbliebenen Taster mit ihren Mini-Symbolen auf der breiten Mittelkonsole echt schlecht bedienbar, bei bestimmter Sonneneinstrahlung sogar kaum zu identifizieren. Und zweitens bietet das BMW Operating System 8 über das riesige Curved-Touch-Display nun einen Overkill an Informationen. Es ist mega schnell, jeder Schritt für sich logisch und (vom BMW-Fachmann) schnell erklärbar. Für den 15 jährigen Gamer ist es vielleicht sogar intuitiv. Die meisten von uns werden sich allerdings fragen: wo lag das noch, wie komme ich ins Menü XY? Swipen, Wischen, nachdenken...ähhhh… nee doch nicht.... so abgelenkt wird die Fahrt zum gefährlichen Zickzack-Kurs.   

Also, man muss sich da reinbeißen. Abgesehen von dem prallen Menüangebot, ist das System technisch natürlich extrem lecker. Es lässt sich Over-the-Air aktualisieren und wird dank eingebauter eSIM-Technologie zum Smart Device, also zu einem weiteren vernetzten Endgerät wie ein Tablet. Zudem beherrscht es bereits den Mobilfunkstandard 5G. Ganz wichtig: Das System ist lernfähig, passt sich an die Gewohnheiten des Fahrers an und erübrigt so viele Eingabe-Schritte. Mit "Hey BMW" lassen sich die meisten Funktionen dann auch per Sprachsteuerung aufrufen.  

Super hilfreich ist der neue schwebende Wegweiser im Navi-System, animiert per Augmented Reality, kreativ die Innenraumkamera, die beim Lächeln auslöst und Schnappschüsse von dir versendet und ein echter Genuss, die exzellente Musikanlage mit ihrer Konzertsaal-Qualität.  

Fahren kann dieser Computer auf Rädern natürlich auch. Und zwar ziemlich gut. 630 PS und ein Drehmoment von 765 Newtonmeter werfen den iX xDrive 50 in 4,6 Sekunden auf Tempo 100. Bis zur Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h vergeht gefühlt nur ein weiterer Wimpernschlag. Dann ist Schluss. Obwohl man glaubt, der könnte noch bis hintern Horizont weiter beschleunigen, tritt man gegen eine imaginäre Watte-Wand. Der elektronische Anker möchte verhindern, dass die Reichweite wie Eis in der Sonne schmilzt.  

Kraftentfaltung und Temperament sind für so ein großes Raumschiff raketengleich, die Straßenlage äußerst souverän und wer im Sportmodus die richtige Einstellung findet, kann den schweren Elektriker durchaus dynamisch und präzise nach original BMW-Art in Kurven lenken. Natürlich unter Berücksichtigung physikalischer Gesetzmäßigkeiten. Die schwere der Aufgabe ist einem hinterm Steuer des iX stets bewusst. Mit der Sitzposition fremdelt man ein wenig, man sitzt eher auf den Sesseln, als im Auto. Und der digital generierte Iconic Motor-Sound, komponiert von Oscar-Preisträger Hans Zimmer, spielt eine Melodie, die für unsere Ohren noch reichlich nach Zukunftsmusik klingt. Wir werden uns dran gewöhnen. Vielleicht ja sogar auch an die große Nase.

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KOMMENTARE


R.H.

05.11.2021 - 16:56 Uhr

Beim Anblick dieses Fahrzeugs - besonders der Front - kommt mir eine alte Liedzeile in den Sinn: "Hässlich, ich bin so hässlich, ich bin der Hass". Letzterer - insbesondere der mancher Zeitgenossen gegen SUV - könnte bei einer derart brachialen Optik durchaus verstärkt werden. "Danke", BMW.


D.Buschhorn

05.11.2021 - 17:16 Uhr

Wer braucht so ein Klotz von Fahrzeug ?. Wetten das im täglichen Fahrbetrieb keine 400 Kilometer Reichweite drin sind. Hier geht die E-Mobilität in die falsche Richtung.


R. Luft

05.11.2021 - 18:16 Uhr

Früher war ein niedriger cw-Wert ein wesentlicher Maßstab für Innovation eines Fahrzeuges, heute ist es die Aggressivität (kurz: ap-Wert).


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