Von Michael Gebhartd/SP-X
Zwar fristen Pick-ups hierzulande immer noch ein Nischendasein, doch das Interesse an den Hochbeinern mit Ladefläche wächst: Ford verkauft mittlerweile vom Ranger in Deutschland rund 8.000 Einheiten pro Jahr und ist damit Marktführer vor Toyota VW Amarok, Nissan Navara, Toyota Hilux und Co. – fünf Jahre zuvor brachte Ford nicht mal die Hälfte davon unters Volk. Mit der steigenden Nachfrage, wächst auch die Variantenvielfalt: Mit diversen Sondermodellen betonen die Hersteller mal die Lifestyle-Seite, mal die praktischen Gene ihrer Lastesel. Oder demonstrieren Geländetauglichkeit, wie der neue Ford Ranger Raptor, der ab Ende Mai beim Händler aufwartet. Der erfordert allerdings auch einiges an Kaufkraft: Mit 66.771 Euro kostet mehr als doppelt so viel wie der günstigste Ford Pick-up.
Höher, breiter, stabiler
Als Vorbild hat sich der Ranger den großen F-150 Raptor genommen, der in Deutschland gar nicht offiziell erhältlich ist. Die Raptor-Formel ist schnell erklärt: Höher, breiter und stabiler. Konkret bedeutet das, dass der Ranger Raptor mit 2,18 Metern von Spiegelkante zu Spiegelkante fast 17 Zentimeter mehr misst und das Standardmodell in der Höhe um fünf Zentimeter überragt. Im gleichen Maß hat die Bodenfreiheit zugelegt, 28,3 Zentimeter Luft sind zwischen Ford und Erdboden; damit gehen freilich auch eine höhere Wattiefe (85 Zentimeter) und größere Böschungs- und Rampenwinkel, also noch bessere Offroad-Fähigkeiten einher. Neben dem obligatorischen Zuschalt-Allrad und der Geländeuntersetzung ist beim Raptor auch noch das Sperrdifferenzial an der Hinterachse Serie – und ein verstärkter Unterfahrschutz. Übrigens: Als einziger Ranger überhaupt setzt der Raptor hinten an der Starrachse nicht auf Blattfedern, sondern auf eine Mehrlenkerachse mit Watt-Gestänge und Schraubenfedern, was auch im Gelände höhere Geschwindigkeiten erlaubt. Dass bei der Entwicklung die Ford-Performance-Abteilung ihre Finger im Spiel hatte, wird auch beim Blick auf die Stoßdämpfer deutlich: Beim Ranger Raptor sind rund um Hochleistungs-Dämpfer von Fox verbaut, die sonst vor allem im Offroad-Sport-Bereich zu finden sind. Sie sorgen für maximale Dämpfung im Gelände und ein strafferes Fahrverhalten auf der Straße.
In die Sport-Kerbe schlägt auch der Baja-Modus des Terrain-Management-Systems: Neben den Stufen Gras/Schotter/Schnee, Schlamm/Sand und Felsen bereitet die von der mexikanischen Offroad-Rallye Baja 1000 inspirierte Gangart den Ranger auf High-Speed-Fahrten durchs Gelände vor. Die hat der Raptor in der marokkanischen Wüste bravourös gemeistert, und wahrscheinlich hätte der robuste Unterbau noch mehr vertragen; doch wie so oft, stößt der Fahrer, wenn meterhohe Sandwellen über die Motorhaube schwappen und die Sicherheitsgurt mit dem Festhalten kaum mehr hinterher kommen, schneller an seine Grenzen als die Technik.
Für alle, die auch auf der Straße flott unterwegs sein wollen, gibt es noch einen speziellen Sportmodus, der Motor und Getriebe Beine macht. Ein Onroad-Dynamiker wird der leer gut zweieinhalb Tonnen schwere Ranger Raptor aber sicher nicht; das verraten schon die 10,6 Sekunden, die der Pick-up braucht um auf Tempo 100 zu sprinten – flotter fühlt er sich auch nicht an. Dabei steckt immer das neue Top-Aggregat unter der Haube, denn beim Antrieb hat man als Kunde keine Wahl: Der Raptor fährt immer mit Zweiliter-Vierzylinder-Diesel mit sequenzieller Turbo-Aufladung vor. Das Triebwerk, das auch in den Ausstattungs-Stufen Wildtrak und Limited erhältlich ist, entwickelt 156 kW / 213 PS und stemmt maximal 500 Newtonmeter auf die Kurbelwelle. Verwaltet wird die Kraft von einer Zehngang-Automatik, die auch im F-150 und Mustang ihren Dienst tut. Dass Ford den Raptor nicht mit dem legendären Fünfzylinder-Diesel anbietet, hat einen simplen Grund: Der schafft die ab September 2019 geltenden, neuen Abgasrichtlinien nicht und fliegt dann ganz aus dem Programm.
Kleines Facelift gegönnt
Um den neuen Ansprüchen gerecht zu werden, hat Ford übrigens nicht nur die Spitzenmotorisierung ausgetauscht. Zwei schwächeren Versionen des Zweiliters mit 96 kW / 130 PS und 125 kW / 170 PS ersetzen ebenfalls ab Mai den bisherigen 2,2-Liter-Motor. Im Zuge dessen hat Ford dem mit Einzel-, Extra- und Doppelkabine erhältlichen Ranger auch gleich ein kleines Facelift gegönnt, das vor allem an Retuschen am Kühlergrill zu erkennen ist. Der wiederum ist beim Raptor nochmal anders: Statt Querstreben prangt beim Top-Modell der mächtige Ford-Schriftzug an der Front – das hat sich der Ranger ebenso beim F-150-Raptor abgeschaut, wie die blauen Ziernähte im Innenraum. Alle Ranger profitieren mit dem Modelljahrwechsel von einer besseren Serienausstattung inklusive Tempomat mit Auffahrwarner, intelligentem Geschwindigkeits-Assistent, Spurassistenten und Verkehrsschild-Erkennung. Der nur mit der großen Kabine erhältliche Raptor hingegen ist sowieso bis obenhin vollgestopft: 8-Zoll-Touchscreen-Infotainment, elektrisch einstellbare Sitze, schlüsselloses Zugangssystem, Rückfahrkamera, Laderaumrollo, Anhängevorrichtung und vieles mehr sind hier Standard. Einzige Option: Metalliclack.