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Pebble Beach Concours d'Elegance: Schaulaufen der Superlative

17.08.2015 13:42 Uhr
Pebble Beach Concours d'Elegance
Nachmittags drängen sich gut 20.000 Menschen an den historischen Autos entlang.
© Foto: Kimball Studios/Pebble Beach Concours d'Elegance

Wenn der Millionär zum Microfasertuch greift: In Pebble Beach parkte am Wochenende jede Menge hochglanzpoliertes automobiles Kulturgut. Aber durchaus nicht alles in Kalifornien glänzte.

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Von Hanne Lübbehüsen/SP-X

Es gibt Situationen, in denen werden selbst Millionäre wieder zu Schuljungen: Wenn die Juroren beim Schaulaufen der rund 200 Oldtimer im kalifornischen Pebble Beach ausschwärmen, um die schönsten Klassiker der Show zu wählen, bekommt so mancher Besitzer Herzklopfen.

Im August treffen sich auf der Monterey-Halbinsel die Schönen und Reichen der Oldtimer-Fangemeinde und parken ihre wertvollen Pretiosen mit bis zu mehreren Millionen Marktwert auf den Golfplatz-Grüns. Jeder, der in Amerika Geld und alte Autos hat, dürfte hier sein, aber auch aus anderen Teilen des Globus reisen Liebhaber an, um an dem wohl spektakulärsten Oldtimer-Treffen der Welt teilzunehmen. Höhepunkt ist der 65. Concours d'Elegance, bei dem die schönsten Klassiker prämiert werden.

Das Schauspiel beginnt bereits im Morgengrauen, wenn die Sammler ihre Autos auf das Grün direkt an der Pazifikküste rollen. Der Nebel, der noch in der Luft hängt, sorgt für weiches Licht, die Möwen kreischen und die auf der Suche nach ihrem Platz vorbeifahrenden Klassiker säuseln, knattern oder brummeln. Steht der Wagen am richtigen Platz, kommen die Microfasertücher für den glänzenden Abschluss zum Einsatz – manch einer säubert sogar die Reifen, um vor den Juroren besonders gut dazustehen. 

Vom Duryea Four-Wheel Phaeton zum 71er Ferrari

Mit 44 Jahren ist ein 71er Ferrari 365 GTB/4 Scaglietti Berlinetta, der "Daytona", das jüngste Auto auf dem Feld. Der älteste Teilnehmer ist ein Artefakt aus den frühen Zeiten des US-Automobilbaus: Der Duryea Four-Wheel Phaeton hat 114 Jahre überstanden und kommt frisch aus der Restaurationswerkstatt. Eine Besonderheit des 14-PS-Vehikels ist die Lenkstange, die gleichzeitig auch zum Gasgeben und Schalten benutzt wird – nach unten gedrückt liegt der erste Gang, nach oben der zweite.

Rund 700 Bewerbungen gab es, eine Jury hat im Voraus entschieden, welche Fahrzeuge eine Einladung bekommen – nach intensiver Prüfung der Concours-Würdigkeit. "Eingeladen zu werden ist eine Ehre", meint Whitney, der mit seiner Frau Diane und dem 1913er Stevens-Duryea Model C-Six aus San Francisco angereist ist, einer von sieben Klassikern, die er besitzt. Die Einladung bedeutet im Vorfeld eine genaue Begutachtung des Zustandes und der Originalität – das kann sich auch finanziell lohnen. "Das Fahrzeug wird dadurch 'geadelt', es gilt als zusätzliche Absicherung der Originalität in allen Teilen und ist manchem Käufer mehr Geld wert", so Oliver Grimme, Spezialist Classic Cars im Private Banking der Hypovereinsbank. Wertsteigerungen von zehn bis 20 Prozent  hält er für möglich, insbesondere wenn das Fahrzeug ausgezeichnet wird.

Wenn die Juroren ausschwärmen zittern also manchem Liebhaber vor Aufregung die Knie. Die Experten mit jahrzehntelanger Routine im Bewerten von Oldtimern – gemeinsam kommen sie auf 1.992 Jahre Jury-Erfahrung in Pebble Beach – untersuchen die Fahrzeuge genau, weisen sich gegenseitig auf Lackunregelmäßigkeiten hin, stecken die Köpfe in Motorräume, bücken sich für einen Blick unter das Auto und notieren dann mit spitzem Bleistift ihr Fazit auf dem Klemmbrett.

Zwischen einigen hunderttausend und über einer Million Euro geben Liebhaber schätzungsweise für die Restauration aus. Sie ist manchmal perfekter als der Originalzustand – vor 70 Jahren war beispielsweise die Lackiertechnik nicht so ausgereift wie heute. Ein Kritikpunkt, dem die Organisatoren vor einigen Jahren mit der Einführung einer "Preservation Class" (Konservierungs-Klasse) begegneten. "In den Details sollten die Fahrzeuge so sein, wie es damals war", sagt das langjährige Jury-Mitglied Julius Kruta, Leiter Tradition bei Bugatti. "Zum Beispiel wurde der Gummischlauch zwischen Kühler und Motor anstatt mit einer Schelle in den 30ern mit Drähten befestigt. Außerdem gehören Bugattiräder maximal leicht poliert, keinesfalls verchromt."

Originalität treibt kuriose Blüten

Die geforderte Originalität treibt allerdings wiederum kuriose Blüten: So steht der Scheunenfund Ferrari 250 GT SWB Spyder California aus der Ballion-Sammlung noch mit originalem Staub auf dem Feld – auf irgendwann zu seinen aktiven Zeiten aufgefrischter Lackierung.

Eher ein typisches Beispiel für den Sinn und Zweck dieser Klasse ist das 1935er Lancia Augusta Farina Coupé. "Die Juroren konnten kaum glauben, dass das Auto noch nicht restauriert wurde", sagt Italiener Duccio, der mit seinem Vater Corrado, einem alten Hasen in Pebble Beach, aus Mailand angereist ist. Die unglaubliche Historie: Mitte der 30er wurde der kleine Lancia für die Contessa Viscardi Centenari gebaut, blieb dann 60 Jahre in der Familie und ging in ein Museum, bevor es in die Sammlung des Architekten kam, der seit zehn Jahren mit verschiedenen Autos am Concours teilnimmt. 

Rund ein Dutzend Nationen sind auf dem 18. Fairway vertreten, darunter auch Colin und Anne aus Schottland. Von ihrem 1934 SS Cars SS1 Tourer gibt es laut Colin auf der Welt nur noch 26 Stück, er hat ihn in den vergangenen 25 Jahren selbst restauriert. "Es war ein Traum meines Mannes, hier dabei zu sein", sagt Anne, die ihr zeitgenössisches Kleid in den Farben des Cabriolets ebenfalls selbst genäht hat.

Rund zwei Millionen Dollar kamen an Spenden

Mittlerweile hat sich die Rasenfläche gefüllt, die Ruhe vom Morgen ist klassischer Musik aus den Lautsprechern und einem kontinuierlichem Gesprächs-Geräuschpegel gewichen. Dicht drängen sich gut 20.000 Menschen an den historischen Autos entlang. Der Concours habe sich von einer Veranstaltung für Automobil-Connaisseurezu einem kommerziellen Event entwickelt, hört man immer mal wieder als Kritik. Davon profitiert aber auch der gute Zweck: Rund zwei Millionen Dollar kamen an Spenden zusammen.

Mit reichlich Pathos wird am Nachmittag der "Best in Show" gekürt, der offizielle Höhepunkt des Wochenendes:Das Sport-Cabriolet Isotta Fraschini Tipo 8A aus dem Jahr 1924 fährt im Konfettiregen über die Rampe. "Dass ein Vorkriegsauto gewonnen hat, überrascht nicht – diese Auto sind einfach glamouröser", meint Juror Kruta.

90 Prozent der "Best of Class"-Gewinner seit 1950 waren Vorkriegsautos, häufig gewannen große Marken wie Rolls-Royce, Duesenberg oder Bugatti, letztere stellen mit neun Siegen bisher die meisten Pebble-Beach-Gewinner. "Der Besitz eines Bugattis ist zu vergleichen mit dem Besitz eines Kunstwerkes", meint Bugatti-Präsident Wolfgang Dürheimer. "So geht man mit den Autos um, so werden sie gepflegt, so werden sie hergezeigt. Hier in Pebble Beach befinden wir uns im Hotspot dieser Szene." Die Szene kann nach all den Präsentationen und Auktionen mit Millionenwerten eine Pause vertragen  - wobei der ein oder andere sicherlich schon weiß, welches Auto er im kommenden Jahr mit nach Kalifornien bringt, schließlich will die Vorbereitung des Klassikers auf das amerikanische Oldtimer-Event des Jahres geplant werden.

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