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120 Jahre Ford Motor Company: Gegen den Wind abheben

16.09.2023 06:45 Uhr | Lesezeit: 5 min
Ab 1972 war Ford mit dem Granada in der Oberen Mittelklasse erfolgreich.
© Foto: Ford

Henry Ford wusste, was den Menschen wichtig ist: Mobilität. Genau deshalb gründete der visionäre Techniker vor 120 Jahren seine Motor Company, die nur zehn Jahre später mit dem Model T als erstem Fließbandauto die Welt des Verkehrs veränderte. Vor fast fatalen Fehlern war auch Ford nicht gefeit, aber das Unternehmen erfand sich immer wieder neu.

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Henry Ford wusste, was den Menschen wichtig ist: Mobilität. Genau deshalb gründete der visionäre Techniker vor 120 Jahren seine Motor Company, die nur zehn Jahre später mit dem Model T als erstem Fließbandauto die Welt des Verkehrs veränderte. Vor fast fatalen Fehlern war auch Ford nicht gefeit, aber das Unternehmen erfand sich immer wieder neuSP-X/Köln. Carl Benz und Gottlieb Daimler brachten das Patent-Automobil in Fahrt, aber es war der amerikanische Pionier Henry Ford, der aus der Motorkutsche für die reiche High Society ein erschwingliches Massenprodukt in Millionenauflage machte.

Schon 1896 baute Ford in Detroit seinen ersten benzinbetriebenen Wagen, aber erst mit der vor 120 Jahren gegründeten Ford Motor Company verwirklichte der visionäre Tüftler seinen Traum, zuverlässige und preiswerte Volksautos zu produzieren. Fords 1908 eingeführtes Model T, von seinen Fans liebevoll "Tin Lizzy" (Blech-Liesel) genannt, machte das Autofahren so simpel, dass sich erstmals Millionen Amerikaner und Europäer daran wagten.

"Tin Lizzy": Erfolg konnte erst VW Käfer nach 45 Jahren übertreffen

Bezahlbar für die breite Bevölkerung wurde das Model T ab 1913 durch die Integration des Fließbandes in die Produktion, ein Fertigungsverfahren, das später alle Volumenhersteller übernahmen. Den sensationellen Erfolg der bis 1927 in über 15 Millionen Einheiten gebauten "Tin Lizzy" konnte erst der VW Käfer übertreffen – 45 Jahre später. Nach dem Zweiten Weltkrieg wäre das Wolfsburger Krabbeltier fast ein Ford-Produkt geworden, hätte nicht Henry Ford II – Enkel und Erbe des Konzerngründers – das Angebot der alliierten Siegermächte zur Übernahme des VW-Werks abgelehnt. Stattdessen baute Ford den Standort Köln zur europäischen Konzern-Kapitale aus, die Weltautos wie Transit, Taunus, Fiesta, Mondeo oder Focus entwickelte. Während in den USA Ikonen à la Mustang oder F-Serie-Pick-up Rekordstückzahlen erzielten, gewannen hierzulande Kulttypen von Capri bis Granada Millionen Käufer. Damit ist es heute vorbei: Ford Köln konzentriert sich auf Stromer mit US-Flair, die für Klasse statt Masse stehen.


120 Jahre Ford Motor Company

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Alles auf Anfang setzen, dafür steht das im Sommer 2023 durch William Clay Ford Jr., Executive Chair des Ford-Konzerns, eröffnete Cologne-EV-Center mit dem vollelektrischen Explorer als erstem dort gefertigten Modell. William Clays Urgroßvater Henry Ford hätte es gefallen: Ford Europa konnte seine konventionellen Massenprodukte nicht mehr profitabel verkaufen, deshalb nun der Neustart mit Stromern, die durch amerikanischen Lifestyle auffallen. Neben dem Mustang Mach-E dürfen sogar exaltierte US-Leuchttürme wie der gigantische Ford F-150 Lightning das Publikum anlocken. "Wenn alles gegen dich zu laufen scheint, erinnere dich daran, dass das Flugzeug gegen den Wind abhebt, nicht mit ihm", lautete eine der Maximen von Henry Ford.

Ford: Volksauto gegen Luxuskarossen

Tatsächlich musste der Mann, der das Auto als Symbol für individuelle Mobilität etablierte, gleich mehrfach neustarten: Sein erstes eigenes Unternehmen, die 1901 gegründete Henry Ford Company, verließ er nach nur 18 Monaten im Streit mit seinen Kapitalgebern. Ford wollte keine Luxuskarossen, sondern das Volksauto durchsetzen, und das gelang ihm im nächsten Anlauf mit seiner 1903 gegründeten Ford Motor Company und dem Model T. Derweil mutierte die fast namensgleiche Henry Ford Company zu Cadillac.

Cadillac als exklusiver Staatskarossenlieferant fürs Weiße Haus? Das durfte nicht sein, und so erwarb Henry Ford 1919 die elitäre Marke Lincoln, deren Limousinen auch nach dem tödlichen Attentat auf John F. Kennedy im Jahr 1963 von vielen Präsidenten präferiert wurden. Apropos erweitertes Ford-Markenportfolio: Während der sportive Thunderbird in den 1950ern der Corvette Kontra gab, erlebte Henry Fords 1945 inthronisierter Enkel, Henry Ford II, mit der Neugründung "Edsel" sein persönliches Waterloo. Die exaltierten Edsel-Modelle wurden 1960 nach nur 110.000 Autos und einem fast ruinösen finanziellen Verlust wieder eingestellt. Vielleicht dachte Henry Ford II an das Credo seines Großvaters "gegen den Wind abzuheben", als er 1964 "Grünes Licht" für den legendären Mustang gab, den Gründer der Pony-Car-Bewegung für die Baby-Boomer-Generation: Schon im ersten Modelljahr wurden 680.992 Mustang verkauft, amerikanischer Nachkriegsrekord.

Bis nach Europa ließ der Mustang die Welle wilder Ponycars schwappen: Capri hieß die Kölner Interpretation des amerikanischen Coupés mit Muscle-Car-Attributen. Von 1969 bis 1986 fuhr Ford mit fast 1,9 Millionen ausgelieferten Capri allen Verfolgern davon, speziell Opel Manta und VW Scirocco. Familienautos müssen nicht unbedingt praktisch, sondern vor allem verführerisch geformt sein, lehrte der Capri. Heute demonstrieren dies schicke, aber sperrige Sports Utility Vehicles, die sich besser verkaufen als kompakte Kombis. Kein Wunder, dass der Name Capri künftig als elektrifizierter Crossover zurückkehrt.

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Mit visionären Autos für die Masse in Europa die Mobilität verändern, das gefiel schon Henry Ford. Weshalb er 1925 entschied, sein Model T auch in Deutschland zu produzieren. Zu spät für eine Erfolgsstory dieses ersten Fließbandautos, das 1926 zum Montagebeginn in einem Berliner Werk bereits am Ende seines Lebenszyklus angekommen war. Als Henry Ford jedoch auf Betreiben des damaligen Kölner Oberbürgermeisters Konrad Adenauer im Oktober 1930 den Grundstein für ein neues Werk am Rhein legte, prophezeite der Konzernlenker: "The German people will make a good job of it". Und so war es dann auch, Ford Köln avancierte zum über Jahrzehnte drittgrößten Autobauer in Deutschland.

Avantgarde zählte sofort zum Erfolgsgeheimnis der rheinischen Ford-Dependenz. Schon Ende der 1940er Jahre wurde eine eigene Designabteilung aufgebaut, die ein frühes Symbol des deutschen Wirtschaftswunders kreierte, den Taunus 12 M bzw. 15 M mit markanter Weltkugel als Logo. Als dann auch noch 1957 ein 17 M in amerikanischen Formen das Angebot nach oben komplettierte, baute Ford Deutschland erstmals über 100.000 Fahrzeuge pro Jahr und der Vorsprung von VW und Opel schmolz. Mehr als eine halbe Million Autos im Jahr und über 18 Prozent Marktanteil gab es für Ford 1965 zu feiern.

1968: Köln wurde europäisches Ford-Zentrum für Forschung und Design

Nun konnten die Kölner Opel in fast allen Klassen richtig unter Druck setzen. Mit der avantgardistischen Linie der Vernunft beim 17 M (P3) "Badewanne" schrieben die Rheinländer 1960 Designgeschichte, mit den 1964 eingeführten Nachfolgern Taunus 17 M/20 M (P5) gab es mehr Größe und erstmals Sechszylinder-Glamour in der Mittelklasse. Derweil setzte der neue Transit Zeichen im Transporter-Segment, das Ford bis heute in Europa anführt.

Im Jahr 1968 kam der nächste Schritt: Köln wurde europäisches Ford-Zentrum für Forschung und Design, der kleine Ford Escort, der modische Taunus (1970), der große Granada (1972) sowie der Fiesta (1976) als weltweit modernster Kleinwagen fungierten als erste Erfolgsträger der neuen Strategie. Aber auch mit dem aerodynamischen Sierra (1982), kompakten Design-Ikonen (Ka ab 1996; Focus ab 1998), dem Pick-Up-Bestseller Ranger oder Crossover-Konzepten wie S-Max (2006), Kuga (2007) sowie Puma (2019) erlebte der Autobauer trotz insgesamt schrumpfender Marktanteile noch Höhenflüge. Ob die E-Strategie und die Fokussierung auf US-Traditionen Ford frische Erfolge bringen wird? Henry Ford hätte vielleicht mit einer seiner Lebensweisheiten geantwortet: "Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist".

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