Autonomes Fahren ist neben alternativen Antrieben und Konnektivität ein wichtiger Zukunftstrend der Autobranche. Bis hierzulande Robotaxis durch die Straßen rollen, sind noch viele Hürden zu nehmen. Die Industrie hat sich dabei auf fünf Entwicklungsstufen geeinigt, die sich erheblich in ihrer technischen Komplexität und Leistungsfähigkeit unterscheiden. Hinzu kommen Sicherheitsauflagen der Behörden, die weltweit nicht einheitlich geregelt sind.
Nun hat Ford vom Kraftfahrt-Bundesamt die Zulassung für ein im Detail neuartiges System erhalten. Das sogenannte Blue Cruise, das bereits seit Jahren in die USA im Einsatz ist und auch in Großbritannien seit dem Frühjahr zur Verfügung steht, kommt in Kürze im E-Modell Mustang Mach-e in Deutschland auf den Markt. Es ermöglicht grundsätzlich das bereits bei anderen Volumenmarken weit verbreitete teilautomatisierte Fahren nach Stufe 2. Typischerweise können solche Fahrzeuge auf Schnellstraßen selbständig die Spur halten und den Abstand zum vorausfahrenden Verkehr regeln. Doch das Ford-System kann noch mehr: Auf bestimmten Autobahnabschnitten darf der Fahrer jetzt seine Hände dauerhaft vom Lenkrad nehmen und sich chauffieren lassen. Ein Feature, dass bisher nur bei Premiummarken zu finden ist.
Es funktioniert so, wie Ford es verspricht. Im Kartenmaterial des Navis hinterlegt sind mit virtuellen Zäunen abgesteckte Bereiche, sogenannte Blue Zones, in denen das System die Funktion grundsätzlich freigibt. Rund 95% aller Autobahnkilometer in Deutschland zählen dazu. Ausgeschlossen sind Strecken mit unzureichenden Fahrbahnmarkierungen, Tunnelabschnitte oder Autobahnkreuze. Aktiviert der Fahrer das System über die adaptive Geschwindigkeitsregelung, übernimmt das Auto das Steuer, sobald es das unmittelbare Umfeld samt Fahrbahnbegrenzung und Verkehr sicher erfasst hat. Die Maschine signalisiert dann über das digitale Kombiinstrument unmissverständlich: "Jetzt übernehme ich!"
Blue Cruise: Aufmerksamkeit gefragt
Blue Cruise verlangt nach wie vor die Aufmerksamkeit des Fahrers. Zeitunglesen oder Mails checken, wie bei leistungsfähigeren Level-3-Fahrzeugen von Mercedes oder BMW, bleiben tabu. Eine dem Fahrer zugewandte Infrarotkamera hinter dem Lenkrad erfasst und überwacht die Augenbewegung des Fahrers. Schweift der Blick zu stark ab, folgen Warnungen. Bleibt eine adäquate Reaktion aus, bringt das System das Auto sogar zum Stehen. Auch Überholvorgänge müssen noch durch Blinker setzen und aktiven Lenkeingriff durchgeführt werden. Eine Funktionserweiterung, die auch diese Situation automatisiert meistert, hat Ford in den USA bereits im Einsatz. Aber schon die deutsche Light-Version bringt Pendler mit Händen im Schoß entspannter durch den dichten Berufsverkehr.
Um die Kundenakzeptanz zu steigern, hat sich Ford für eine konservative Auslegung entschieden. Und das ist gut so. Das System funktioniert nur bis 130 km/h, passt das Tempo automatisch an die geltenden Limits oder sich nähernden Kurven an und hält einen größeren Abstand ein, sobald man an einem etwas breiteren Lkw vorbeifährt. Ganz so, wie es üblicherweise dem Verhalten von Autofahrern entspricht.
Blue Cruise wird als monatliches Zusatzabonnement für alle neuen Mustang Mach-E angeboten. Aber auch ältere Mustang Mach-E-Modelle lassen sich mit Hilfe eines Over-the-Air-Updates mit Blue Cruise aufrüsten. Voraussetzung ist das optionale Tech Pack. Über die genaue Kostenstruktur für Deutschland schweigt man sich noch aus. Britische Kunden müssen nach einer kostenfreien Probephase von 90 Tagen umgerechnet 21 Euro monatlich für dieses Komfortfeature abdrücken.