Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat die EU-Kommission vor zu scharfen Regelungen für die Autoindustrie gewarnt. Der CSU-Politiker sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Man soll mutig sein in den Vorgaben, aber den Grundsatz des technisch Möglichen im Blick haben. Wir dürfen die Automobilindustrie in Europa nicht verlieren, weil sie sich sonst woanders niederlassen wird." In der Debatte geht es zum einen um eine Verschärfung von Kohlendioxid-Grenzwerten für mehr Klimaschutz. Vorschläge aus Brüssel dazu werden im Juni erwartet. Zum anderen will die EU-Kommission eine neue Abgasnorm Euro 7 mit strikteren Vorgaben für Stickoxide und andere Schadstoffe vorlegen.
"Ich kann nur die EU-Kommission auffordern, den Menschen die Begeisterung für Mobilität zu erhalten, indem wir auf Innovation setzen", sagte Scheuer. Er wolle, dass die Autoindustrie eine Zukunft habe. "Das gelingt aber eben nur mit Innovation. Nur ein Ziel zu formulieren, ergibt noch kein gutes Klima und keine gute Luft. Wir müssen uns modern und innovativ aufstellen, auch mit strengen Vorgaben, die aber leistbar und umsetzbar sein müssen. Dann machen wir das Richtige." Der Verband der Automobilindustrie hatte mit Blick auf eine strengere Abgasnorm bereits vor einem faktischen Aus für Autos mit Verbrennungsmotor ab 2025 gewarnt. Vor allem viele kleine und mittlere Zulieferer hängen noch am Verbrenner.
Opposition spricht sich für strenge Vorschriften aus
Die Opposition im Bundestag warf Scheuer eine falsche Nachgiebigkeit gegenüber der Autoindustrie vor. "Arbeitsplätze in der Automobilindustrie werden nicht durch lasche Vorgaben für Abgase und den Spritverbrauch erhalten. Das Gegenteil ist der Fall", sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer. Das habe Scheuer "immer noch nicht begriffen und singt damit weiter das Lied des Herstellerverbandes".
Der Linke-Verkehrspolitiker Jörg Cezanne meinte: "Ohne scharfe Vorgaben aus Brüssel wird der Straßenverkehr das Sorgenkind der Klimaschutzpolitik bleiben." Die Bundesregierung müsse "den Widerstand gegen das perspektivische Aus des Verbrennungsmotors aufgeben."
Hersteller nicht grundsätzlich gegen strengere CO2-Regeln
Zwar sind die Neuzulassungen von Elektroautos in Deutschland auch dank erhöhter staatlicher Kaufprämien stark gestiegen. Immer noch aber dominieren Benziner und Diesel auf den Straßen. Die Autobranche dringt auf mehr Tempo beim Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos. Die europäische Autoindustrie hatte sich vor kurzem offen gezeigt für eine Verschärfung von Kohlendioxid-Grenzwerten - dies müsse aber gekoppelt werden an verbindliche Ausbauziele der EU-Staaten für Elektroladesäulen und Wasserstofftankstellen, wie der Branchenverband Acea erklärt hatte.
In Deutschland hatte der Verkehrssektor 2020 sein Klimaziel doch noch erreicht. Das lag aber auch daran, dass es wegen der Pandemie deutlich weniger Reisen mit dem Auto oder dem Flugzeug gab. Scheuer sagte, die Klimaziele seien nicht nur durch die Folgen der Pandemie erreicht worden. "Auch unsere Maßnahmen aus dem Klimaschutzprogramm haben dazu beigetragen." Scheuer verwies auf Förderprogramme etwa zum Ausbau der Ladeinfrastruktur und zur Verbesserung der Luftqualität in Städten.
Einsatz von E-Fuels ist umstritten
"Wir dürfen nicht locker lassen beim Klimaschutz - aber nicht mit Verboten und Einschränkungen, sondern mit Innovationsförderung und Technologieoffenheit", so der Minister. Er sprach sich für einen verstärkten Einsatz synthetischer Kraftstoffe bei Autos mit Verbrennungsmotor aus, um den Übergang zu erleichtern. "Der Automobilsektor befindet sich in einem Transformationsprozess und wir beliefern die Welt mit unseren Produkten. Es ist unsere Aufgabe, Export- und Logistikweltmeister zu bleiben."
Ein verstärkter Einsatz von E-Fuels ist höchst umstritten. Dies sind synthetische Kraftstoffe, die mittels Strom aus Wasser und Kohlendioxid produziert werden. Umweltverbände etwa argumentieren, ihre Herstellung sei ineffizient und sehr teuer.
D.Buschhorn