Auf den ersten Blick sieht der dunkle 760Li aus wie jeder andere 7er BMW. Doch spätestens wenn der Chauffeur den Schlag der Azuritschwarz lackierten Limousine öffnet und Besitzer Robert Cao seinen Gast zu sich auf die Rückbank bittet, merkt auch der letzte Laie, dass hier nichts mehr so ist, wie er es vielleicht kannte.
Wo man sonst selbst bei so einer Luxuslimousine noch reichlich Kunststoff sieht, prangt jetzt etwa auf den Lüfterjalousien, den Kleiderhaken, dem Schaltknauf, den Becherhaltern oder den Türtafeln mit Goldfäden handvernähtes Leder in Amaro-Braun, in Kopfstützen und Türleisten entdeckt man individuelle Prägungen und Gravuren und vorn in der Pianolack-Konsole über dem Handschuhfach hat ein Künstler chinesische Schriftzeichen aus Blattgold eingelegt: "Keine Angst vor harter Arbeit, sich nicht unterkriegen lassen und immer ein bisschen mehr tun als die anderen", steht dort geschrieben, übersetzt Cao und sein freundliches Lächeln wird immer breiter.
Caos Vater gründete Mitte der 1980er-Jahre seine erste Firma und legte mit dem Export von Christbaumkerzen den Grundstein für ein Industrie-Imperium, das Cao zu einem der 200 reichsten Männer in China und zu einem Berater im Stab der Regierung machte. Als Dank dafür hat Cao Junior seinem alten Herren zum Firmenjubiläum vor drei Jahren eben jenen Siebener geschenkt, den er sich jetzt für die Tour durch Shanghai noch einmal ausgeliehen hat. Schließlich schwört die Familie auf die Autos aus Bayern, seit der Vater einmal einen Unfall in einem alten 7er nur mit ein paar Schrammen überstanden hat.
Dass der Jubiläums-Siebener auf den ersten Blick vergleichsweise dezent aussieht und selbst die Sonderlackierung schnell unter dem Straßenstaub von Shanghai verschwindet, damit kann Cao gut leben: "Wir tragen den Pelz lieber nach innen", sagt der Milliardär und legt Wert darauf, dass er nicht protzen muss. Doch dass in diesem Auto kein gewöhnlicher Millionär fährt, erkennen zumindest Chinesen schon am Kennzeichen: "Die Neun ist in unserem Kulturkreis das Zeichen für Macht", erläutert der Firmenmagnat und setzt ein selbstzufriedenes Lächeln auf, als er aufs Nummernschild deutet: B-PY-999.