Ein Jahr nach dem "Dieselgipfel" hat Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) die Autoindustrie zu mehr Tempo bei der Elektromobilität aufgefordert. Scheuer sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "2020 oder 2022 ist zu spät für die Produkte. Wir fördern eben jetzt und brauchen dringend über alle Fahrzeugklassen deutsche Produkte. Wir machen in Deutschland alles immer 130 Prozent super, aber vielleicht ist eine 95-Prozent-Lösung auch einmal ok, dass wir Produkte zum Erleben zügig bekommen." Die Veränderungen bei der Mobilität seien so rasant, dass es nur wenig Zeit gebe.
Vor einem Jahr hatten sich Politik und Autoindustrie bei einem "Dieselgipfel" auf verschiedene Maßnahmen geeinigt. Dabei ging es zum einen darum, die schlechte Luft in Städten durch sauberere Diesel-Abgase zu verbessern. Zum anderen forderte die Politik die Manager der Autoindustrie auf, eine "überzeugende" Palette alternativer Antriebe und Mobilitätslösungen zur Marktreife zu bringen. Das Bewusstsein für den notwendigen Wandel in der Autoindustrie sei bei den Herstellern angekommen, sagte Scheuer: "Trotzdem bin ich ungeduldig, es muss schneller gehen."
Die Neuzulassungen von Elektroautos sind zuletzt zwar gestiegen, sie machen aber immer noch einen sehr geringen Anteil am Gesamtmarkt aus. Das ursprüngliche Ziel der Bundesregierung, dass bis 2020 eine Million E-Autos auf deutschen Straßen rollen, ist kaum noch zu erreichen.
Erst wenige E-Modelle im Angebot
Die deutschen Autohersteller hatten zwar angekündigt, die E-Mobilität vorantreiben zu wollen. Aktuell aber hat etwa der Daimler-Konzern bisher nur einen Elektro-Smart im Angebot, im September will Mercedes einen Elektro-SUV vorstellen. BMW hat den i3 auf dem Markt, der nächste Stromer wird 2019 der E-Mini. Volkswagen plant ab 2020 eine Offensive, dann soll zum Beispiel ein erstes E-Auto der Kompaktklasse aus der neuen Elektroauto-Familie ID auf den Markt kommen.
Beim "Dieselgipfel" vor einem Jahr mit Vertretern der Bundesregierung, von Ländern sowie der Autobranche hatte die Politik die Industrie angesichts der Abgas-Manipulationen auch zu einer neuen "Verantwortungskultur" aufgerufen.
Scheuer sagte, die Zukunftsthemen seien bei den Autoherstellern angekommen. Mit Blick auf den Abgas-Skandal meinte er aber zugleich: "Deswegen bin ich ja auch so verwundert, dass man doch einen längeren Zeitraum braucht, diese Fehler und Manipulationen wegzubekommen. Das müsste eigentlich das erste Ziel sein, die fehlerhafte Vergangenheit zu tilgen. Geld verdient man nur mit Innovationen." (dpa)