Von Holger Holzer/SP-X
Braucht Deutschland eine eigen Zellfertigung? Oder bekommt man den Akku-Rohstoff günstiger in Asien? Die Frage treibt die Branche bereits seit Jahren um, ohne dass man eine Antwort gefunden hätte. Nun wollen die Bundesregierung und die EU mit Milliardenprogrammen Fakten schaffen. Die wichtigsten Punkte in der Übersicht.
Was sind Batteriezellen?
Die Zelle zählt zu den wichtigsten Grundkomponenten des E-Autos. Sein Akku besteht aus zahlreichen Zellen, die zusammengeschaltet erst die sogenannte Batterie ergeben. In den einzelnen Zellen wird chemische in elektrische Energie umgewandelt, die als Strom für den Betrieb des E-Motors genutzt wird. Um eine funktionierende Batterie für Elektroautos zu bauen, benötigt man zwar durchaus mehr als Zellen - etwa Know-how bei Kühlung und Energiemanagement – doch ohne die kleinen Galvanik-Kraftwerke geht gar nichts. Doch die gibt es zurzeit im Gegensatz zu endmontierten Akkus nicht aus nennenswerter europäischer Herstellung.
Warum wollen Europa und Deutschland nun selbst Zellen produzieren?
Auf die Batterie entfällt ein entscheidender Anteil des Mehrwerts eines Elektroautos. Die Politik will diese Wertschöpfung nicht den Asiaten überlassen, sondern sie gerne innerhalb der EU realisieren. Zudem dürfte es für Politik und Hersteller leichter werden, Einfluss auf die Festlegung von technischen Normen und Umweltschutzregelungen zu nehmen, wenn die Produktion von europäischen Konzernen übernommen wird. Natürlich spielen auch allgemeine industriestrategische Überlegungen eine Rolle - die europäischen Autohersteller sollen eben nicht in existenzielle Abhängigkeit von Akkuherstellern am anderen Ende der Welt geraten.
Warum kommt jetzt Schwung in die Sache?
Eigentlich war eine eigene Zellenproduktion in Deutschland branchenweit ad acta gelegt, nachdem Daimler im Jahr 2015 mit seiner eigenen Zellenproduktion im sächsischen Kamenz Schiffbruch erlitten hatte. Zwar gab es immer wieder Vorstöße anderer Branchenvertreter, die zumindest vorsichtige Pläne und Absichtserklärungen hinsichtlich einer Zellenproduktion verlauten ließen, konkret wurden die Pläne aber nie. Anfang 2018 hat die EU jedoch einen Fahrplan für eine europäische Batterie-Allianz vorgelegt, der klären will, wie eine europäische Zellproduktion aussehen könnte. Seit kurzem setzt sich auch das Bundeswirtschaftsministerium öffentlich für die Produktion von Batteriezellen in Deutschland ein und stellt eine Milliarde Euro Anschubfinanzierung in Aussicht. Der Zeitpunkt erscheint günstig, aus mehreren Gründen, die außer im absehbar steigenden Batteriebedarf vor allem in den Eigenschaften der geplanten Batterien liegen.
Mit welchen besonderen Eigenschaften sollen die Europa-Batterien gegen die Konkurrenz aus Asien punkten?
Bei der Lithium-Ionen-Technik wird es schwer, den Wissens-Vorsprung der Asiaten einzuholen. In Europa wird man sich daher wohl auf die neue Technik der Festkörper-Akkus konzentrieren, wo das Rennen noch nicht entschieden, sogar noch gar nicht wirklich gestartet ist. Zudem sollen die Zellen besonders umweltschonend produziert werden, was auch die Öko-Bilanz des E-Autos verbessern würde: Denn mit Batterien aus chinesischer Produktion etwa schneiden Stromer in der Umwelt-Gesamtbetrachtung kaum oder gar nicht besser ab als Autos mit Verbrennungsmotor.
Wer soll die Zellen und Batterien bauen?
Die EU bringt eine ganze Reihe von Unternehmen ins Spiel, die untereinander bereits Konsortien betreiben oder künftig welche bilden könnten. Dazu zählen unter anderem auch die deutschen Unternehmen Siemens und BASF. Auch die Namen Varta, Ford und VW fallen immer wieder, teilweise hat man konkretes Interesse aber bereits bestritten. Noch steht also in den Sternen, wer die Zellen und Batterien künftig überhaupt bauen soll. Klar ist nur, dass die Bundesregierung bis 2030 rund 30 Prozent der weltweiten Batteriezellennachfrage aus europäischer Produktion decken will. Das entspricht einer Energiespeichermenge von voraussichtlich rund 1.000 Gigawattstunden pro Jahr. Eine gigantische Zahl: Teslas Gigafactory in Nevada produziert Zellen im Gegenwert von 20 GWh pro Jahr – langfristig sollen es 35 GWh werden.