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Diesel-Konzept der Regierung: Das sind die Reaktionen

02.10.2018 15:34 Uhr
Jürgen Karpinski
ZDK-Präsident Karpinski bemängelt das regionale Ungleichgewicht für Verbraucher und Handel bei den geförderten Umrüstmaßnahmen.
© Foto: ZDK / LV Hessen

Die Koalition hat ihren Plan gegen Diesel-Fahrverbote besiegelt. Doch vieles ist noch vage – das wird auch an den Aussagen von Branchenvertretern, Politikern und Experten deutlich.

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Karpinski: Hardware-Nachrüstungen "längst überfällig"

Das Deutsche Kfz-Gewerbe (ZDK) begrüßt die von der Bundesregierung beschlossene Möglichkeit der Hardware-Nachrüstung älterer Diesel-Fahrzeuge grundsätzlich, bemängelt aber ein regionales Ungleichgewicht für Verbraucher und Handel. "Es war längst überfällig, den Weg der Hardware-Nachrüstung freizumachen", sagte ZDK-Präsident Jürgen Karpinski in Bonn. Allerdings führe die Beschränkung der geförderten Umrüstmaßnahmen auf die 14 Städte, die von Grenzwertüberschreitungen bei Stickoxiden betroffen seien, und deren Grenzregionen zu einem regionalen Ungleichgewicht bei Handel und Verbrauchern. Karpinski: "Der Handel mit gebrauchten Fahrzeugen macht vor Emissionsgrenzen nicht halt. Deutschland in einen Flickenteppich unterschiedlicher Regionen bezüglich der Nachrüstförderung aufzuspalten ist ein Anachronismus, der an die Zeiten der Kleinstaaterei des 19. Jahrhunderts erinnert." Daher sollte ausnahmslos jeder Halter eines Euro 5-Dieselfahrzeugs, der eine Hardware-Nachrüstung durchführen lassen wolle, in den Genuss der Fördermaßnahme kommen. Die für die Nachrüstung notwendigen genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen müssten nun schnellstmöglich auf den Weg gebracht werden. (AH)

Klein: "Staatliche Garantie"

Der BVfK befürwortet die Diesel-Initiative der Regierung grundsätzlich, die bisher bekannt gewordenen Fakten werfen bei dem Verband aber eine Vielzahl von Fragen auf. Die Interessensgruppe der freien Autohändler befürchtet, "dass die Förderung nur für solche Neu- und Gebrauchtwagen gewährt wird, die über den Vertragshandel gekauft werden, wenn die Höhe und die Bedingungen für die Gewährung der Prämien in den Händen der Hersteller liegen." Dann bliebe der Freie Handel außen vor, was nicht nur erhebliche Wettbewerbsverzerrungen, sondern auch höhere Effektivpreise zur Folge hätte. BVfK-Vorsitzende Ansgar Klein forderte deshalb eine "staatliche Garantie" für die in Aussicht gestellten Maßnahmen. (AH)

Umwelthilfe: "Doppelte Nulllösung"

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sieht im Dieselkompromiss der Bundesregierung eine "doppelte Nulllösung". Den von Dieselfahrverboten betroffenen Autohaltern verweigere die Bundesregierung weiter eine wirksame Hilfe, kritisierte Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch in Berlin. Sie könnten nicht ihren Diesel zurückgeben und sich den Kaufpreis bzw. einen um 20 Prozent erhöhten Zeitwert erstatten lassen. "Auch die sogenannte Umtauschprämie ist ein Muster ohne Wert", meinte er. "Es geht der Bundesregierung dabei ausdrücklich nicht um saubere Neufahrzeuge." Es genüge, wenn im Tausch beliebig schmutzige Gebrauchtfahrzeuge ausgegeben werden. "Wichtig scheint nur, dass diese formal – noch – nicht von Fahrverboten betroffen sind", so Resch. Bei der zweiten Option, der Nachrüstung von Motoren für einen geringeren Stickoxidausstoß sei die Regierung ebenfalls mit ihren Forderungen gescheitert. "Weder ist die Automobilindustrie bereit, die Kosten für den Austausch verbindlich zu übernehmen – die Bundesregierung erwartet dies nur", betonte Resch. Und auch der Gewährleistung verweigern sich die verantwortlichen Hersteller. (dpa)

Söder: "Grundsignale sind schon richtig"

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat die Kompromisse der Berliner Koalitionsspitzen zu Diesel und Zuwanderung grundsätzlich – wenn auch vorsichtig – gelobt. "Die Grundsignale sind schon richtig", sagte der CSU-Politiker nach der Sitzung des Kabinetts in München. Söder lobte insbesondere, dass Dieselfahrer nicht belastet werden und dass es ein abgestimmtes System gebe, welches Fahrverbote vermeiden solle und letztlich auch in die Zukunft weise.

Hermann: "Durchwachsenes Ergebnis"

Trotz des Diesel-Konzepts der Bundesregierung wird es in Stuttgart zum Jahresbeginn 2019 voraussichtlich die geplanten Fahrverbote für ältere Autos geben. Die zum 1. Januar vorgesehenen Maßnahmen müssten wahrscheinlich gehalten werden, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) in Stuttgart. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich da groß etwas ändert." Das Ergebnis des Spitzentreffens bzeichnete Hermann als durchwachsen. Einige Elemente brächten Fortschritte, andere seien unklar, unvollständig oder unzureichend. (dpa)

Lindner: "In die richtige Richtung"

Für FDP-Chef Christian Lindner geht der Koalitionsbeschluss zum Diesel "immerhin in die richtige Richtung". Allerdings sei eine Einigung verkündet worden, ohne vorher mit der Autoindustrie über die von ihnen verlangten Beiträge zu sprechen, sagte er in Berlin. Außerdem werde möglicherweise viel Steuergeld verschwendet, weil die zweifelhaften Verfahren zur Messung der Luftschadstoffe bislang nicht überprüft worden seien. (dpa)

Osterloh: "Gut für sichere Jobs"

Volkswagen-Betriebsratschef Bernd Osterloh sieht in der Diesel-Einigung eine gute Nachricht für die Job-Sicherheit in der Branche. Vor allem sei ein einseitiger Weg mit der Verpflichtung zu pauschaler Hardware-Nachrüstung vom Tisch, sagte Osterloh. Diese Verpflichtung hätte nur die deutschen Hersteller getroffen, betonte er. "Das ist eine gute Nachricht für die Sicherheit unserer Arbeitsplätze." (dpa)

Bratzel: "Noch viele Fragen offen"

Umtauschprämien und Umrüstungen älterer Dieselautos könnten die deutschen Autohersteller nach ersten Schätzungen einen zweistelligen Milliardenbetrag kosten. Branchenexperte Stefan Bratzel rechnet mit etwa 2,5 Millionen Fahrzeugen, die umgetauscht und nachgerüstet werden können. Bei Aufwendungen zwischen 2.500 und 5.000 Euro pro Fahrzeug summierten sich die Kosten für die Autobauer damit auf sechs bis 12,5 Milliarden Euro. Allerdings profitierten sie teilweise auch vom Neuverkauf von Fahrzeugen. Der Leiter des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach sieht mit Blick auf das Gesamtkonzept "noch viele Fragen offen". Die Wirkung hänge von der genauen Ausgestaltung der Maßnahmen ab, betonte der Autoprofessor. "Die Kombination von hohen Umtauschprämien zum Kauf sauberer Fahrzeuge und für den Endkunden kostenfreien Hardware-Nachrüstungen ist grundsätzlich sinnvoll. Die Beschränkung der Maßnahmen allein auf Regionen mit besonderer Luftbelastung ist im Sinne einer Gleichbehandlung der Dieselbesitzer kritisch zu beurteilen." Bei den Hardware-Nachrüstungen werde es wesentlich darauf ankommen, für wie viele Modelle eine Nachrüstung technisch möglich ist. Bratzel weiter: "Eine wichtige Voraussetzung ist die Übernahme der Umrüstkosten durch die Hersteller und die Haftung für mögliche Folgeschäden durch die Nachrüstfirmen. Geklärt werden muss insbesondere, dass die Haftung nach der Nachrüstung auch für Folgeschäden des Gesamtfahrzeug gilt bzw. übernommen wird." (AH)

Dudenhöffer: Teil der Rabatte werden mit Prämien "verrechnet"

Der Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer äußerte sich skeptisch, ob es nun zu einer neuen großen Neukauf-Welle kommen könnte. Nach seiner Einschätzung sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ein Teil der heutigen Rabatte mit bisherigen Umweltprämien "verrechnet" werden könnte, sagte der Leiter des CAR-Center Automotive Research der Universität Duisburg-Essen. "Denn heute sind schon jede Menge Rabatte im Markt und mehr als 200.000 alte Diesel wurden mit der letzten großen Umtauschaktion auch nicht abgefischt." (dpa)

Stephan: "Schockierend dünne Zusagen"

Der Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan sparte nicht mit Kritik an dem Beschluss: "Ein gutes Jahr nach dem ersten Dieselgipfel hat die Bundesregierung der Autoindustrie schockierend dünne Zusagen abgerungen." Wenn Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) drohende Fahrverbote vermeiden wolle, werde es nicht reichen, "nur einen Teil der schmutzigen Autos in ein paar Städten etwas weniger schmutzig zu machen". Das dürften die nächsten Gerichtsurteile zeigen. "Alle betrogenen Dieselfahrer, unabhängig von Wohnort oder Eurostandard ihres Fahrzeugs, müssen ihre Autos auf Kosten der Industrie in Ordnung gebracht bekommen." (dpa)

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