Wie viele Hersteller früher war auch VW einst Opfer des Rostteufels. Bei früheren Modellen, wie etwa dem Golf 3, wurde am Rostschutz gespart, zudem wurden billige Bleche gekauft. Auch die Modelle anderer Hersteller, etwa von Fiat und selbst von Premiummarken wie Mercedes, litten über Jahre hinweg unter heftigen Rostproblemen, die viel Vertrauen bei den Kunden kosteten.
"Wir haben das heute im Griff", sagt Johannes Neft, der leitende Karosserieentwickler bei Volkswagen. "Wir lernen aber immer noch dazu und müssen von den ersten Entwürfen für ein neues Modell bis zur Übergabe an den Kunden auch den Rostschutz stets im Blick haben". Natürlich werden gefährdete Bereiche wie der Unterboden oder die Schweller schon lange speziell behandelt, um keine Angriffsfläche zu bieten. Die Bleche sind meist verzinkt, der Lack per Tauchbad beschichtet, Unterboden, Stirnwand oder Gepäckraumboden mit flüssigem PVC resistent gemacht.
"Wir müssen immer wieder darauf achten, dass rohes Blech keinen Kontakt mit Luft oder Wasser hat. Zusammen mit Streusalz, Split, Schotter oder Geröll kann das Metall sonst reagieren und ganz langsam Rost ansetzen, der dann nur noch schwer zu stoppen ist", so Neft. Deshalb wird überall auf der Welt auf verschiedenen Straßen und allen denkbaren Landschaften und bei extremen Temperaturen getestet. Der Chef-Rostbekämpfer zählt auf: "Pro Testzyklus setzen wir jedes Fahrzeug 68 Kilogramm Salz aus, sind insgesamt pro Jahr 150.000 Stunden auf Tour oder im Labor, zerlegen das Autos dann, indem wir rund 1.000 Schweißpunkte wieder aufbohren."
Schlammbäder, Steinchen, Hitzeschocks und Frost-Attacken
Außer mit aggressivem Streusalz wird der Testwagen auch mit unterschiedlich großen Steinchen beworfen, muss salzgetränkte Schlammbäder ebenso über sich ergehen lassen, wie Hitzeschocks bei 50 Grad oder Frost-Attacken bis minus 30 Grad. Insgesamt wir so ein Zeitraum von zwölf Jahren simuliert, eben die Zeitspanne die VW als Garantie gewährt. Das Problem für die Rost-Spione von VW ist, dass Fehler oft erst Jahre später auffallen, wenn die Fahrzeuge ein reiferes Alter erreichen. "Deshalb untersuchen wir auch Fahrzeuge verschiedener Jahrgänge in Kundenhand. Je eher wir etwas finden, desto schneller können wir in der laufenden Produktion reagieren", erläutert Neft.
Wobei die Kunden auch selbst gefordert sind. Kratzer oder Steinschlag können die Außenhaut oder den Unterboden beschädigen, auch wenn die Schutzmaßnahmen noch so ausgeklügelt sind. Oft sind es kleine Ursachen mit fataler Wirkung erst Jahre später. Aus einer kleinen Beschädigung der Versiegelung kann, oft kaum sichtbar, ein ernstes Rostproblem werden. Johannes Neft rät deshalb dringend, auch mit kleinen Beschädigungen sofort zur Werkstatt zu fahren.
E-Auto-Batterie besonders gesichert
Eine neue Herausforderung stellt sich den Karosserieentwicklern mit den E-Autos, wie zum Beispiel dem ID.3. Bei ihnen nämlich muss die Batterie im Unterboden besonders sicher mit Metall umrandet sein. Beim ID.3 dient zum Beispiel eine robuste Aluminium-Konstruktion im Schweller in einer Hülle aus Stahl als Schutz für den Akku. Zwei verschiedene Metalle auf Tuchfühlung sind wegen deren unterschiedlicher elektrischer Leitfähigkeit ein Alarmzeichen für die Rostbekämpfer. Neft: "Wir mussten alles tun, um einen Kontakt der beiden Metalle zu verhindern. Wir haben deshalb die Innenseite der Bleche mit Wachs geflutet und die Hohlräume der Alu-Schweller mit einer speziellen Beschichtung versehen."
Die große Hochvolt-Batterie des I.D.3 ist durch eine Aluminiumplatte geschützt, Verkleidungen aus Kunststoff decken die Bereiche davor und dahinter ab. Da es keine Abgasanlage und keinen Kraftstofftank gibt, bilden diese Komponenten einen vollständig gekapselten Unterboden, der nicht nur vor Korrosion schützen soll, sondern auch die Aerodynamik und damit die Reichweite des Autos verbessert. Solche Maßnahmen gegen den Rost zahlen sich auch für die Kunden aus. Auch ältere Modelle lassen sich heute noch gut als Gebrauchte verkaufen. Das soll auch für E-Autos gelten, wenn sie mal in die Jahre kommen.