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Interview: Können, was andere nicht können

04.09.2018 11:00 Uhr
Frank Beaujean ASA
ASA-Präsident Frank Beaujean setzt auf die "Pole-Position" der Werkstattausrüster.
© Foto: ASA

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asp: Was sind aus Ihrer Sicht die Leitthemen auf der diesjährigen Automechanika?

F. Beaujean: Ein ganz zentrales Highlight auf der Automechanika ist sicher der Ausstellungsschwerpunkt "Tomorrow's Services & Mobility" sowie alle Themenfelder, die die Zukunft in der Werkstatt betreffen. Der Kfz-Aftersales befindet sich mitten in einem Technologiewandel, der die Prozesse im Service stark verändern wird. Stichworte sind hier Konnektivität, Digitalisierung von Prozessen sowie darauf basierende neue Geschäftsmodelle. Zudem feiert die Erfolgsstory Automechanika mit der 25. Ausgabe ein besonderes Jubiläum, das sich durch die gesamte Veranstaltung ziehen wird. Messeveranstalter, aber auch die vielen Aussteller haben allen Grund, mit Stolz auf die letzten fünf Jahrzehnte zurückzublicken und die Zukunft vorzubereiten. Die Automechanika kann mit über 5.000 Ausstellern im Jubiläumsjahr erneut einen Ausstellerrekord verzeichnen - das spiegelt sich auch in der bisher größten Flächenbelegung wider. Zudem können wir an den Ausstellern die hohe Internationalisierung der Messe erkennen. Der Anteil von Unternehmen aus dem Ausland liegt in diesem Jahr bei rund 85 Prozent.

asp: Zeichnet sich bei den Ausstellern ein echter Trend ab?

F. Beaujean: Die Themen in den vielen Produktbereichen sind natürlich sehr unterschiedlich. Alle Bereiche sind getrieben von der zunehmenden Digitalisierung der Prozesse. Das ist an sich nicht neu, aber bei dieser Messe wird es sicher noch sichtbarer, wie sich die Digitalisierung in den Prozessen auswirkt. Grundsätzlich sind alle ASA-Mitgliedsfirmen sehr innovativ, wenn es darum geht, die Digitalisierung zu nutzen, um die Produktivität in der Werkstatt zu erhöhen. Wir werden auf dieser Automechanika besser verstehen, was Digitalisierung tatsächlich für die Werkstatt bedeutet und welche Chancen sie bereithält. Denn am Ende ist Digitalisierung mehr als die Abschaffung von Papier. Es geht vielmehr um die Verarbeitung und Verzahnung von Daten um daraus neuen Nutzen für die Werkstatt und deren Kunden zu schaffen. Es werden dadurch ganz neue Geschäftsmodelle möglich, beispielsweise im Bereich Predictive Maintenance. Der Markt ist gerade dabei hier die Standards zu definieren.

asp: Welche Themen sind relevant?

F. Beaujean: Bei den als Prüfmitteln verwendeten Ausrüstungsgeräten steht immer noch das Thema Schaffung europäischer Standards auf der Agenda. Das Thema wird die Branche neben der Digitalisierung noch länger begleiten. Für alle Bereiche der Werkstattausrüstung sind sehr viele Standardisierungsthemen zur Bediensicherheit und Gerätesicherheit aktuell. So können wir mit einigem Stolz berichten, dass in diesem Bereich viele nationale und internationale Projekte laufen, beispielsweise bei der Reifenmontage. Neben dem neuen Wdk-Standard für die sichere, fachgerechte und beschädigungsfreie Montage von Reifen gibt es auch eine internationale Arbeitsgruppe für die sichere Reifenmontage. Spätestens 2019 gibt es dann die Europanorm für Bremsprüfstände, die die Geräuschemissionen und Sicherheitseinrichtungen von Nfz-Bremsprüfständen europaweit einheitlich regeln soll. Darüber hinaus steht im Bereich Arbeitssicherheit die Novellierung der DGUV auf der Tagesordnung. Sie enthält Vorgaben für die Werkstatt vom Rolltor bis zur Grube. Da sehr viele unterschiedliche Arbeitsbereiche betroffen sind, ist das Regelwerk sehr komplex.

asp: Wie präsentiert sich der ASA auf der Messe?

F. Beaujean: Der ASA-Messestand befindet sich wieder in Halle 8.0 im Kernbereich und mitten unter unseren Mitgliedern. Das offene Loungekonzept des Messeauftritts ist als lebendiger Treffpunkt für unsere Mitglieder konzipiert und bietet auch Unternehmen die Möglichkeit sich zu präsentieren, die keinen eigenen Stand in Frankfurt haben.

asp: Die Automechanika findet erstmals zusammen mit der co-located Show "Reifen" statt. Was zeigen Werkstattausrüster dort?

F. Beaujean: Der ASA-Verband wird neben seinem Stand in Halle 8.0 auch auf der "Reifen" mit einem eigenen Stand vertreten sein. Die Werkstattausrüster zeigen in der neuen Messehalle 12 das komplette Spektrum des digitalisierten und prozessoptimierten Reifenservice live vor Ort. Gezeigt werden alle in einer Reifenwerkstatt benötigten Geräte und ihr vernetztes Zusammenspiel, wenn es darum geht, Reifen zu wuchten, zu montieren und zu reparieren. An der Sonderschau beteiligen sich die ASA-Mitgliedsunternehmen Asanetwork GmbH, AVL Ditest, Corghi, Hella Gutmann Solutions, Hunter, MAHA, Robert Bosch, BlitzRotary, Snap-on Equipment, Tiresonic und Rema Tip Top. Mit dabei ist außerdem die Firma Gewe-Lagertec und die Messe Frankfurt, die Ausstellungsfläche und passende Infrastruktur zur Verfügung stellt.

asp: Die großen Reifenhersteller bleiben der "Reifen" fern - ist das Thema trotzdem im Rahmen der Automechanika richtig aufgehoben?

F. Beaujean: In der internationalen Perspektive gehört das Thema Reifen in seiner ganzen Vielfalt auf eine Werkstattmesse. Zwischen der Reifenindustrie und dem Automotive Aftermarket gibt es Synergien, denn Reifenhändler bieten verstärkt Autoservices an, aber auch umgekehrt bauen Autohäuser ihr Reifenangebot aus. Besonders wenn man das Messekonzept Automechanika unter Einbezug der internationalen Ableger betrachtet, glaube ich, dass die Weichen richtig gestellt wurden. Wir sind jedenfalls sehr gespannt auf die erste Reifen in Frankfurt.

asp: Was bedeutet die zunehmende Internationalisierung für die ASA-Mitglieder?

F. Beaujean: Mehr Konkurrenzdruck und Innovationsdruck! Unser Bundespräsident Frank Walter Steinmeier hat einmal sinngemäß gesagt, dass man vor 20 Jahren vorausgesagt habe, die Welt würde zu einem globalisierten Dorf werden. Es sei aber kein Dorf geworden, in dem die Bewohner besondere Rücksicht aufeinander nehmen, sondern es ist eine Dorfgemeinschaft, die sich zunehmend auf die Zehen tritt. Und er stellt weiter fest: Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zukunft sind Weltoffenheit, Veränderungsbereitschaft und herausragende Qualifizierung. Das trifft aus unserer Sicht genau den Kern der Sache. In einem globalisierten Markt müssen erfolgreiche Unternehmen Dinge können, die andere nicht können. Auch im Bereich Werkstattausrüster sehen wir, dass die Konkurrenz aus anderen Staaten zunimmt - und da geht es längst nicht mehr um den klassischen Billiganbieter aus Fernost. Wir müssen daher unseren Kunden ein Wertversprechen geben, das es woanders nicht gibt.

asp: 2017 war wirtschaftlich ein recht gutes Jahr für die Werkstattausrüster. Wie ist das Jahr 2018 bisher in den einzelnen Fachbereichen gelaufen?

F. Beaujean: Wir haben ein außerordentlich erfolgreiches 2017 erlebt und sehen, dass auch die ASA-Statistik für das erste Halbjahr 2018 hervorragend ausgefallen ist. Eine hohe Nachfrage verzeichnen die Ausrüster insbesondere in den Bereichen Bremsprüfstände, Klimaservicegeräte, Abgastester und Scheinwerfereinstellprüfgeräte. Aber man muss das ganze Jahr abwarten. Aufgrund der langen Lieferzeiten in einigen Bereichen ist abzuwarten, wie viele Aufträge die Unternehmen überhaupt noch annehmen können. Viele Aufträge, die gegen Ende des Jahres eingehen, werden erst 2019 geliefert. Die hohe Nachfrage aufgrund von Investitionsbedarf bei Bremsprüfständen und Scheinwerfereinstellprüfgeräten wird sicher auch 2019 eine Weile weiterlaufen. Aber dann ist absehbar, dass sich der Markt wieder auf den normalen Ersatzbedarf einpendeln wird.

asp: Was werden wir auf der Automechanika speziell im Bereich Abgasmessung sehen? Hier steht 2021 ein neues Messverfahren an, das die Opazitätsmessung durch Partikelzählen ersetzt.

F. Beaujean: Partikel zählen ersetzt nicht die Opazitätsmessung. Partikel zählen ist erst für Fahrzeuge möglich, die bestimmte Emissionsklassen erfüllen, z.B. Fahrzeuge mit Dieselpartikelfilter. Hier muss der Verordnungsgeber noch aktiv werden. Alle renommierten Messgerätehersteller arbeiten sehr intensiv an Messtechnik zum Partikel zählen. Auf der Automechanika werden sie sicherlich zahlreiche Geräte hierzu sehen. Dass in Deutschland solche Veränderungen von intensiven Diskussionen aller Beteiligten begleitet sind, läuft meiner Meinung nach vorbildlich. Denn es ist niemandem geholfen, wenn hier technische Vorgaben von oben verordnet werden. Nachdem die Opazitätsmessung weiterhin für "ältere" Fahrzeuge Bestand haben wird, ist Partikel zählen als Zusatz- oder Nachrüstmodul für bestehende AU-Geräte zu sehen.

asp: Es zeichnet sich ab, dass AU-Geräte ab 2019 kalibriert und geeicht werden müssen. Wie erklärt man diese doppelte Belastung den Werkstätten?

F. Beaujean: Es wäre ganz in unserem Sinne, hier eine praktikable Lösung zu finden, damit Werkstätten ihre Geräte am Ende nicht kalibrieren und dann nochmals eichen müssen. Hier eine praktikable Vorgabe herbeizuführen, liegt aber völlig außerhalb unserer Möglichkeiten als Verband. Das Eichen ist Ländersache, das Kalibrieren ist in der StVZO verankert, obliegt also dem Verkehrsministerium. Es ist an den Behörden im Bund und in den Ländern, das deutsche Eichsystem und die europäische Vorgaben an eine Kalibrierung in Einklang zu bringen und ein zweigleisiges System zu vermeiden.

asp: Wie gut sind Ihre Mitglieder auf die Herausforderungen der Zukunft wie autonomes Fahren, Elektromobilität und Vernetzung der Fahrzeuge vorbereitet?

F. Beaujean: Aufgrund der hervorragenden Innovationskraft unserer Unternehmen sind diese für die Fahrzeughersteller ein wichtiger Ansprechpartner bei allen neuen Entwicklungen im Aftersales. Neue Technologien kommen daher schon recht früh bei unseren Mitgliedern an, weil Wartungs- und Reparatursysteme gemeinsam mit dem OEM entwickelt werden. Das verschafft uns einen wichtigen Technologievorsprung gegenüber Ausrüstern, die nicht so nah an der Industrie sind. Zeitversetzt kommt dieses Know-how auch dem freien Reparaturmarkt zugute, wo es in Mehrmarkenlösungen seinen Niederschlag findet, beispielsweise bei Diagnosethemen. Etwas unglücklich sind wir über die Fahrzeughersteller, die beim Umgang mit Fahrzeugdaten die Strategie der Wagenburg verfolgen. Das ist im Hinblick auf den Wettbewerb nicht die glücklichste Lösung für die Zukunft. Hier benötigen wir endlich verbindliche europäische Regelungen, die beide Belange berücksichtigen: Wir brauchen den Zugriff auf die Daten, damit Wettbewerb im Aftersales gewährleistet ist.

Interview: Dietmar Winkler

Kurzfassung

Die deutschen Werkstattausrüster müssen sich in einem globalen Wettbewerb behaupten. Die enge Verzahnung mit den Automobilherstellern im Bereich Entwicklung ist dabei ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.

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