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Interview: Kontrolle der IT-Sicherheit

22.06.2017 11:00 Uhr
Jürgen Bönninger Fahrzeugsystemdaten GmbH
Jürgen Bönninger ist Geschäftsführer der Fahrzeugsystemdaten GmbH in Dresden.
© Foto: FSD

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Am Erfolg und der Weiterentwicklung der periodischen Fahrzeugüberwachung ist die Fahrzeugsystemdaten GmbH (FSD) mit ihren zwei Standorten in Dresden und Radeberg beteiligt. Zu ihren Hauptaufgaben zählen Ermittlung, Generierung, Bereitstellung und Validierung von Vorgaben für Hauptuntersuchung und Sicherheitsprüfung. Als Schnittstelle zwischen Herstellern, Behörden und Prüforganisationen ist das Unternehmen mit rund 150 Mitarbeitern wesentlicher Impulsgeber bei der Anpassung der Kontrollen an die moderne Fahrzeugtechnik. Geschäftsführer Jürgen Bönninger stellt im asp-Interview die FSD-Kernkompetenzen als höchster Sachverstand der Kfz-Technik gepaart mit dem Wissen der Informations- und Kommunikationstechnologie heraus.

asp: Eine wesentliche Veränderung der letzten Jahre ist die Elektronikprüfung mit dem HU-Adapter ab 2012. Wie lange haben Entwicklung von Soft- und Hardware, Datenerhebung sowie Einführung gedauert?

J. Bönninger: Die Entwicklung eines IT-Systems zur praktischen Anwendung von Vorgaben für die Hauptuntersuchungen und Sicherheitsprüfungen, deren Einhaltung über die elektronische Fahrzeugschnittstelle geprüft wird, startete 2007.

asp: Das "HU-Adapter-System" besteht aus Hardware, Software und Daten. Die Entwicklung ist seit Produktionseinführung vor fünf Jahren nicht abgeschlossen; das System wird kontinuierlich angepasst.Wie läuft die Nutzung bislang?

J. Bönninger: Nach rascher Überwindung der mit jeder Systemeinführung einhergehenden Kinderkrankheiten arbeiten Hard- und Software robust und zuverlässig und werden souverän von Sachverständigen und Prüfern bei Prüforganisationen, staatlichen Technischen Prüfstellen, Eigenüberwachern und SP-Werkstätten angewandt. Die größte Herausforderung in der Praxis stellen die Lücken in der Datengrundlage dar, die auf die mangelnden Datenlieferungen der Fahrzeughersteller zurückzuführen sind. Mit großem Aufwand arbeiten wir daran, diese Lücken zu schließen. Auch die Updates des Systems beziehen sich hauptsächlich auf die Erweiterung der Datengrundlage und erfolgen demnächst monatlich.

asp: Erhalten Sie nicht alle erforderlichen Daten von den Autoherstellern? In welcher Form geschieht der Datentransfer?

J. Bönninger: Die Fahrzeughersteller liegen hinter den Anforderungen der deutschen und europäischen Gesetzgebung zurück und liefern nur in einem eingeschränkten Maße notwendige Daten. Dies betrifft die einzelnen Hersteller in unterschiedlichem Maße. Die Lieferformate und Übertragungswege sind nur wenig standardisiert. Obwohl sich die Situation langsam verbessert, wird es auf absehbare Zeit unerlässlich bleiben, die lückenhaften Lieferungen durch eigene Leistungen wieder zu schließen.

asp: Welcher Art sind diese Leistungen?

J. Bönninger: Bei den Leistungen handelt es sich um Ingenieurdienstleistungen, wie zum Beispiel das Generieren von Diagnosedaten für die betroffenen Fahrzeugmodelle und deren vielfältigen Steuergerätevarianten.

asp: Ihre Datenbank bzw. Softwareanwendung FSD.HU21 erlaubt Informationen zu jeder Fahrgestellnummer (fast) aller seit 2006 in Deutschland zugelassenen Fahrzeuge. Wie groß ist die Abdeckung?

J. Bönninger: Grundsätzlich haben wir zu allen Fahrzeugen, die zur Hauptuntersuchung kommen, Daten gespeichert. Dazu zählen 658 Millionen Vorgaben, die sich auf die Fahrgestellnummern beziehen. Darüber hinaus stellen wir den Sachverständigen Informationen zu typspezifischen Mängeln und Prüfhinweise für ca. 30 Millionen Fahrzeuge zur Verfügung - so u. a. zu allen vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugen.

asp: Übernehmen die Überwachungsorganisationen die von der FSD bereitgestellte Anwendung oder wird diese angepasst?

J. Bönninger: Bei den Prüforganisationen und SP-Werkstätten ist die Integration des Vorgaben-Informationssystems der FSD in die eigene Prüfsoftware die Regel - zum Beispiel zur Übernahme der Untersuchungsergebnisse. Von der Möglichkeit, die Referenz-Bedienoberfläche der FSD gegen eine eigene Oberfläche zu tauschen, machen hingegen nur wenige Prüforganisationen Gebrauch.

asp: In einem Interview forderten Sie, in regelmäßigen Abständen auch die Datensicherheit zu überprüfen. Wie weit ist man in diesem Bereich?

J. Bönninger: Die Konzepte zur Prüfung der zulässigen Software im Rahmen der Hauptuntersuchung sind fertig. Derzeit findet ein Diskurs mit den Herstellern statt, wie diese Aspekte bereits bei der Typgenehmigung der Fahrzeuge geprüft und zugelassen werden und wie mit den unabdingbaren Updates über die Betriebsdauer umgegangen wird.

asp: Ist in diesem Kontext eine Art "Euro NCAP für IT-Security" denkbar?

J. Bönninger: Ja. Eine Art "NCAP für IT-Security" ist nicht nur denkbar, sondern unbedingt erforderlich. Zum einen muss gerade gegenüber den Nutzern der Technologie transparent gemacht werden, wie leistungsfähig diese ist. Zum anderen muss auf dieser Ebene ein allgemeingültiger, internationaler Standard beschrieben sein. Dessen Einhaltung muss Gegenstand der Genehmigung und Zulassung von Fahrzeugen werden. Dafür ist jedoch ein Paradigmenwechsel unerlässlich. Heute ist einzig das Niveau der Verkehrssicherheit und der Umweltverträglichkeit von Fahrzeugen zum Zeitpunkt der Zulassung ausschlaggebend bei der Hauptuntersuchung. In Bezug auf IT-Security muss eine Anhebung des Sicherheitsniveaus im Verlaufe des Fahrzeuglebens nicht nur möglich sein - im Gegenteil ist sie auch verpflichtend zu fordern. Wie bei einem Betriebsrechner, auf dem eine Anti-Virus-Software aktualisiert oder gar ausgetauscht wird, um dessen zuverlässigen, vertraulichen Betrieb sicherzustellen, muss das künftig auch in Fahrzeugen möglich sein. Sollte das - aus welchen Gründen auch immer - nicht der Fall sein, ist sicherzustellen, dass sich die Funktionen, welche von dieser IT-Security-Struktur geschützt werden, nicht mehr aktivieren lassen. Sicheres Führen des Fahrzeugs kann sonst nicht gewährleistet werden. Das Sicherheitsniveau der IT-Security ist daher unbedingt und transparent zu testen beziehungsweise zu prüfen.

Interview: Martin Schachtner

Kurzfassung

Der erste Schritt in die elektronische Fahrzeugprüfung erfolgte 2012 mit Einführung des HU-Adapters. Wegbereiter war hier auch die FSD GmbH. Das System wird fortwährend weiterentwickelt. Künftig dürfte eine Softwareprüfung hinzukommen.

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