In der Wüste fällt die Entscheidung. Schon an diesem Wochenende in Saudi-Arabien könnte sich Max Verstappen erstmals zum Formel-1-Weltmeister krönen. Spätestens am 12. Dezember in Abu Dhabi ist klar, ob vielleicht doch Lewis Hamilton den WM-Titel ein achtes Mal erringt. Zwei Termine abseits des Asphalts sind in jener Phase nicht weniger spannend. Sie haben mit dem Volkswagen-Konzern, seinen Töchtern Audi und Porsche sowie natürlich der Formel 1 zu tun.
Am 9. Dezember findet bei VW in Wolfsburg die sogenannte Planungsrunde statt. Sie zurrt die milliardenschweren Ausgaben für die nächsten fünf Jahre fest. Dann wird im Konzern hart um die Gelder für neue Anlagen und Investitionen gerungen. Am 15. Dezember wiederum tagt in Paris der Motorsport-Weltverband. Das Gremium könnte dann schon das neue Motorenreglement ab 2026 festschreiben.
Die Chance für Audi und/oder Porsche. Die Formel 1 macht die Verabschiedung aber von einer verbindlichen und langfristigen Zusage abhängig - zumindest einer der Töchter. Schließlich ist ihnen die Königsklasse des Motorsports auch mit einem Regelkompromiss entgegengekommen. Ab 2026 sollen die Hybrid-Motoren mit 100 Prozent nachhaltigem Kraftstoff betrieben werden. Der Verbrenner im Aggregat soll nur noch 50 Prozent der Leistung beitragen, der Rest ist elektrisch.
In Vorgespräche waren Vertreter von Audi und Porsche eingebunden. Die Kontakte von Formel-1-Geschäftsführer Stefano Domenicali, der als ehemaliger Audi-Mann schon vor Jahren eine Studie des Autobauers zum Einstieg vorantrieb, waren da hilfreich.
"Es ist großartig, dass es starke Hersteller gibt, die Interesse an einem Einstieg in den Sport zeigen", sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff vor einigen Wochen. Gewisse Zugeständnisse an mögliche Neulinge hält er für gerechtfertigt. "Auf der anderen Seite ist die Formel 1 die Champions League. Niemand kann erwarten, dass er zum ersten Mal an der Champions League teilnimmt, direkt ins Finale kommt und mit der großen Trophäe nach Hause geht."
Die Frage ist: Will Volkswagen unbedingt das kostspielige Engagement in der Formel 1? Wenn ja: Nur mit Audi oder mit Porsche? Oder mit beiden Marken? Und in welcher Form würde dieser Einstieg ablaufen? Würde ein Rennstall gekauft werden? Oder würde nur mit einem zusammengearbeitet werden?
Gerüchte um McLaren-Übernahme
Zuletzt hatte es Gerüchte über eine Übernahme der McLaren Gruppe durch Audi gegeben, womit sich die Ingolstädter auch den Einstieg in die Formel 1 sichern könnten. "Zu Gerüchten und Wasserstandsmeldungen äußern wir uns nicht", sagte ein Audi-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur. Der Autobauer beschäftigt sich demnach "laufend mit Kooperationsideen mit verschiedenen Partnern." McLaren wies die Spekulation fast schon lautstark zurück. Die verschärfte Budgetobergrenze in der Formel 1, die ab 2023 pro Rennstall auf 135 Millionen Dollar im Jahr weiter sinkt, macht ein Werksengagement jedenfalls nicht uninteressanter.
Porsche wiederum wurde mit Verstappens Red-Bull-Team in Verbindung gebracht. Doch als Motorenpartner liefert man die Antriebe frei Haus und muss für den Schriftzug auf dem Auto extra zahlen. Immerhin wäre die Wahrscheinlichkeit hoch, mit Red Bull schnell um Siege fahren zu können. Denn Audi und Porsche - einen Einstieg vorausgesetzt - wollen nicht nur mitfahren, sie wollen technische Überlegenheit zur Schau stellen. Die werbewirksame Strahlkraft der Formel 1 entfaltet sich eben nur im Erfolgsfall so richtig.
Toyota und BMW scheitern
"Jeder muss erkennen, dass man nicht einfach kommen und erobern kann, sondern dass man der Sache Zeit geben muss", meinte Wolff mit Blick auf in den 2000ern gescheiterte Projekte wie Toyota oder BMW. Audi-Chef Markus Duesmann kann sich bestens an das BMW-Intermezzo erinnern, schließlich war er damals Entwicklungschef bei den Münchnern. Für den Motorsport-Enthusiasten wird es intern darum gehen, ein mögliches Formel-1-Projekt mit den Schlagworten Nachhaltigkeit und Innovation effektiv zu verkaufen. Porsche-Boss Oliver Blume müsste dies in Stuttgart ebenfalls nachhaltig verankern.
Und dann ist da ja noch die Konzernmutter VW. Dort gibt es aktuell sicher auch leichtere Themen zu kommunizieren. Konzernchef Herbert Diess ist angeschlagen. Auch die Frage seiner Zukunft auf dem Top-Posten könnte eine Rolle bei der Richtungsentscheidung zur Formel 1 spielen. Diess wurde zuletzt scharf kritisiert, nachdem er bei der Transformation des Konzerns zur Elektromobilität eine Zahl von möglicherweise bis zu 30.000 überflüssigen Jobs ins Spiel gebracht hatte.
Diess beschwichtigte später. "Es sollte keiner Angst haben", sagte er in einer internen Runde, zu der die Belegschaft Fragen einreichen konnte. Diess geht es nach eigener Auffassung um allgemeine Überlegungen, wie man mehr Effizienz im Konzern erreichen kann. Man wolle "in der neuen Welt" wettbewerbsfähig sein, sagte er. Passen hunderte Millionen Euro für ein Formel-1-Engagement dazu?