Von Peter Maahn/SP-X
BMW trifft Samsung, Mercedes hat seinen Stand in Sichtweite der Fritzbox von AVM, und Seat begegnet Nokia unter einem Dach. Apple und Tesla schwänzen zwar den diesjährigen Mobile World Congress in Barcelona. Doch auf der Riesenmesse wächst zusammen, was lange nicht zusammen gehörte. Das Smartphone hat längst das Auto erobert. Die Autobauer wehren sich nicht länger gegen die Macht der Technologieunternehmen. Friedliche Koexistenz heißt das neue Motto, das auf der größten Leistungsschau der Mobilfunkbranche allerorten präsent ist.
Natürlich reißt sich die Heerschar der Zaungäste aus aller Welt mehr darum, das neue Samsung Galaxy in Händen zu halten. Oder Selfies mit dem Nokia im Retrolook zu schießen. Die Autos stehen im Hintergrund auf viel kleineren Ständen, bei Ford etwa so groß wie die Einbauküche in der Zweizimmerwohnung. Ähnlich wie auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas scheint es so, als wären die Giganten der alten Zeit von den Start-Ups und Smartphone-Firmen nur geduldet.
Mercedes setzt auf KI
Im Vordergrund stehen deshalb auch die technischen Finessen im Innenraum: Wie eben das neue Display in der bald erscheinenden A-Klasse von Mercedes, das wie vier längs hintereinander gelegte Smartphones aussieht und zahllose neue Einstellmöglichkeiten hat. Für Mercedes ist die Messe auch eine Art Kontaktbörse. Denn viele kleine Unternehmen von überall auf der Welt zeigen sich am Mittelmeer. Die Stuttgarter haben in Barcelona eine Beteiligung an einem israelischen Start-Up verkündet. Anagog aus Tel Aviv hat zusammen mit dem Autobauer ein Programm entwickelt, das mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) das Verhalten von Autonutzern mittels zahlreicher Sensoren verfolgt, analysiert und bewertet. So kann zum Beispiel vorhergesagt werden, ob der betreffende Autofahrer für den Umgang mit einem Elektroauto prädestiniert ist oder doch in einem klassischen Verbrenner besser aufgehoben ist.
Zeitgleich mit BMW bringt Mercedes auch eine neue Handy-Funktion ins Auto. Damit wird das Smartphone zum digitalen Schlüssel, der den Wagen öffnet, schließt und auch den Motor zum Laufen bringt. Ideal für Carsharing-Unternehmen, weil die Berechtigung, das Fahrzeug zu nutzen, per App und Link übermittelt werden kann. Aber auch Familien, die ein Auto gemeinsam nutzen, werden sich freuen. Der ständige Austausch des Zündschlüssels gehört der Vergangenheit an.
BMW i3 fährt autonom
BMW lässt zudem seinen Dauerbrenner i3 in Barcelona von der Leine. Der Stromer präsentiert sich auf einer Fläche so groß wie ein Volleyball-Feld als autonomes Vehikel, das fahrerlos seine Kreise zieht. Für eine weitere Innovation muss noch abgewartet werden, bis der nächste Mobilfunk-Standard G5 marktreif ist. Dann bieten die Münchner eine zweite Sim-Karte an, die unabhängig von der des Fahrer-Handys für Kontakt mit der Außenwelt sorgen soll. So kann das Auto die Verbindung zu anderen BMW-Fahrern herstellen und zum Beispiel die Gemeinschaft vor Unfällen, Eisglätte oder Staus warnen.
Seat, in Barcelona zu Hause, verkündet die Zusammenarbeit mit der bekannten App Shazam, die gespielte Musiktitel erkennen, abspielen und auch sofort kaufen kann. Laut Seat nutzen viele Shazam-Nutzer bisher das Smartphone am Steuer und werden so zu Unaufmerksamkeit verleitet. Jetzt kann die App auf den Navi-Bildschirm gespiegelt werden. Die Spanier lassen auch "Alexa" ins Auto, der Sprachassistent hat in den Wohnstuben längst seinen festen Platz. An einem Forschungsauto zeigt die VW-Tochter, wie sie sich das unfallfreie Fahren der Zukunft vorstellen. Wichtigstes Detail: Der Fahrer muss vor dem Anlassen des Motor in ein Röhrchen blasen, das den Alkoholkonsum misst. Nur bei reinem Atem darf er losfahren.
Preisgünstige Navi-Alternative
Wem die fest eingebauten Navigationssysteme immer noch zu teuer sind, hat jetzt bei Toyota oder Ford eine preisgünstige Alternative. Beide Hersteller verkünden in Barcelona ihre Zusammenarbeit mit Google und dessen App "Waze". Das auf Google Maps basierende Programm nutzt die Daten aller "Waze"-Fahrer, zeigt so Staus und Sperrungen an. Auch Nachrichten können verschickt werden.
Derzeit nur eine Idee ist ein Programm von Conti. Der Zubehörprofi hat eine App entwickelt, die dem Fahrer anzeigt, wo auf seiner Route er den besten Handy-Empfang vorfindet. So sollen Funklöcher umfahren werden können. Denn auch Conti weiß: Nur wer stabilen Mobilfunkkontakt hat, kann sich auch mit der Außenwelt vernetzten. Und auf Vernetzung sind die meisten der neuen Programme angewiesen.