Der unter der Schwäche seiner Kunden leidende Licht- und Sensorikkonzern Osram möchte sich vom österreichischen Sensorspezialisten AMS übernehmen lassen. Bei der Bekanntgabe der von hohen Verlusten und einem Umsatzrückgang geprägten Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr am Dienstag empfahl der Vorstand die Annahme der inzwischen zweiten Übernahmeofferte von AMS. "Aus unserer Sicht ist es ein attraktives Angebot für unsere Aktionäre, nun auch für unsere Mitarbeiter und für das Unternehmen als Ganzes", sagte Osram-Chef Olaf Berlien.
Im Vergleich zum ersten Angebot von AMS gebe es deutliche Verbesserungen, sagte Berlien mit Bezug auf die zwischen den Unternehmen ausgehandelte Vereinbarung. "Was wir jetzt erreicht haben, ist fast eine Fusion unter Gleichen." Darin ist unter anderem ein Schutz der Osram-Mitarbeiter vor fusionsbedingten Kündigungen bis Ende 2022 enthalten. Zudem soll das ehemalige Siemens-Vorstandsmitglied Brigitte Ederer als unabhängige Kontrolleurin überwachen, dass die Vereinbarung eingehalten wird.
Der Osram-Vorstand gab sich am Dienstag alle Mühe, die Übernahme positiv darzustellen. Sogar die Musik, die vor der Präsentation der Zahlen lief, sollte helfen: "Langsam wochs' ma z'amm" (Langsam wachsen wir zusammen) vom österreichischen Sänger Wolfgang Ambros. Das passe sehr gut zur Zusammenschlussvereinbarung, sagte Berlien.
Weiterhin Gegewind gegen Übernahme
Doch Betriebsrat und IG Metall stellen sich weiter gegen die Übernahme. Wie aus gut unterrichteten Kreisen zu erfahren war, sollen mehrere Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat gegen die Vereinbarung gestimmt haben.
In einer Mitteilung vom Dienstag kritisiert die IG Metall den Übernahmeplan und die bei Osram laufenden Sparmaßnahmen, mit denen der Konzern auf die Schwäche der Konjunktur und die Veränderung seines Geschäftsbereichs reagieren will. Der Schutz vor fusionsbedingten Kündigungen sei "nicht wirklich rechtssicher", heißt es von der Gewerkschaft. Zudem befürchtet sie, dass die bei einer Übernahme entstehenden hohen Schulden den Druck auf die Arbeitsplätze erhöhen.
Schon jetzt will Osram laut IG Metall in Deutschland 800 von derzeit 5.600 Arbeitsplätzen abbauen. "Mit dem sogenannten 'Effizienzprogramm' gefährdet der Osram-Vorstand die Zukunft von Osram", kritisierte der Unternehmensbeauftragte der IG Metall, Klaus Abel, die Pläne zum Stellenabbau. "Die Beschäftigten von Osram werden hierdurch neben dem Geschacher am Kapitalmarkt durch den zweiten Übernahmeversuch von AMS zusätzlich verunsichert."
Weitere Anpassungen geplant
Osram-Chef Berlien kommentierte die von der IG Metall genannte Zahl von 800 Stellen nicht. Er bestätigte aber, dass das Unternehmen weitere Anpassungen bei den Mitarbeitern vorhabe. Das Effizienzprogramm ist laut Osram-Vorstand unabhängig von der geplanten Übernahme.
Finanziell waren für den Konzern, der unter der schwachen Nachfrage der wichtigsten Kundengruppe in der Autoindustrie leidet, sowohl das Gesamtjahr als auch das vierte Quartal schwierig. Die Umsätze von Oktober 2018 bis September 2019 sanken im Vergleich zum Vorjahreszeitraum im zweistelligen Prozentbereich. Parallel schrieb das Unternehmen tiefrote Zahlen.
Im Geschäftsjahr summiert sich der Verlust nach Steuern auf 467 Millionen Euro. Im 4. Quartal zog das Minus noch einmal deutlich auf 233 Millionen Euro an, nachdem Osram eine Wertberichtigung auf sein Gemeinschaftsunternehmen Osram Continental (OC) in Höhe von 171 Millionen Euro vorgenommen hatte. Die vergleichbaren Umsätze fielen um rund 13 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro. Die Aussichten sind etwas besser: Für das laufende neue Geschäftsjahr erwartet Osram in etwa stagnierende Umsätze.
Gesamtbetriebsrat klagt gegen BaFin
Zudem beschäftigt das zweite Angebot von AMS inzwischen auch die Justiz. Der Gesamtbetriebsrat geht vor dem Oberlandesgericht Frankfurt gegen die deutsche Finanzaufsicht BaFin vor. Er will sie zwingen, das Angebot zu untersagen. Das OLG bestätigte am Dienstag den Eingang der entsprechenden Unterlagen.