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Plagiate: Vorsicht, Fälschung!

23.12.2015 14:00 Uhr
© Foto: viperagp/fotolia

Gefälschte Pkw-Teile wie Turbolader oder Bremsscheiben überschwemmen den Markt und werden oft von dubiosen Internethändlern vertrieben. Die Gefahr ist groß, denn die Teile halten selten, was sie versprechen.

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Viele Konsumenten scheinen keine Skrupel zu haben, auf gefälschte Ware zurückzugreifen: Laut einer Studie des Aktionskreises gegen Produktund Markenpiraterie e.V. (APM) und dem Beratungsunternehmen Ernst & Young haben 43 Prozent der 18- bis 25-Jährigen in Deutschland schon einmal bewusst Fälschungen gekauft. 90 Prozent der europäischen Verbraucher kommen in einer anderen Studie von Ernst & Young sogar zu dem Schluss, dass Fälschungen gesellschaftlich nicht anrüchig sind. Diese Wahrnehmung ist ein Problem, denn mehr als drei Viertel der deutschen Unternehmen sind schon Opfer von Plagiaten geworden. Das stellt einen Umsatzverlust von 50 Milliarden Euro pro Jahr dar. Neben dem finanziellen Verlust sind Plagiate auch eine Gefahr für die Arbeitsplätze: Der Arbeitskreis "Business Action to Stop Counterfeiting and Piracy" (BASCAP) der internationalen Handelskammer spricht von 2,5 Millionen Arbeitsplätzen weltweit, die durch Plagiate verloren gehen.

Neben Luxusartikeln wie Uhren und Schmuck werden zunehmend Artikel des täglichen Lebens wie Genussmittel, Körperpflegeartikel, Spielzeug oder Medikamente gefälscht. Aber auch Autoteile geraten immer mehr in das Visier der Fälscher: Ihr Anteil an den Plagiaten ist laut Zoll zwar nur im einstelligen Prozentbereich, jedoch ist die Tendenz steigend. 2013 wurden an der deutschen Grenze 202 Aufgriffe von gefälschten Fahrzeugteilen registriert, bei denen insgesamt 88.694 einzelne Fahrzeugteile und Fahrzeugzubehör beschlagnahmt wurden. Darunter Bremsbeläge, Radkappen, Ölfilter und Stoßdämpfer, aber auch technisch anspruchsvollere Teile wie Airbags und Turbolader. Der Großteil der Fälschungen stammt dabei aus China, doch auch innerhalb der EU-Grenzen werden Plagiate hergestellt. Während durch gefälschte Kleidung im Regelfall keine Gefahren für die Gesundheit zu befürchten sind, sieht das bei sicherheitsrelevanten Autoteilen jedoch ganz anders aus. Wenn durch gefälschte Bremsbeläge die Bremse nach wenigen Kilometern den Geist aufgibt oder der Airbag beim Unfall nicht auslöst, besteht eine große Gefahr für den Fahrer und andere Verkehrsteilnehmer. Wer wissentlich gefälschte Ersatz- und Zubehörteile in sein Auto einbaut, verliert zudem die Garantieansprüche und muss bei einem Unfall alle Schäden aus eigener Tasche zahlen.

Fälschungen schwierig zu erkennen

Das Internet hat sich als optimaler Verbreitungsweg für Plagiate etabliert, da die Ware auf dem Postweg die Grenzkontrollen oft umgeht und dubiose Händler die Teile zu Dumpingpreisen anbieten können. Kfz-Werkstätten sollten deshalb auf keinen Fall im Internet bestellte Teile einbauen, die Kunden mitbringen - gerade wenn die Herkunft des Teiles nicht geklärt werden kann. Werkstätten sollten wiederum nur bei ihrem Teile-Großhändler bestellen, um der Gefahr gefälschter Ware zu entgehen. Leider werden Zollfahnder auch auf Messen wie der Automechanika fündig, da manche Fälscher ihre Produkte sogar dreist auf Messen ausstellen. Oftmals lassen sich solche Fälschungen leicht identifizieren, da sich Schreibfehler in der Produktbezeichnung finden oder die Farben des Firmenlogos nicht ganz korrekt gelungen sind. Der Trend geht jedoch dahin, dass Fälschungen immer besser werden und sich kaum noch vom Original unterscheiden lassen. Selbst Profis erkennen den Unterschied nicht immer, denn Fälscher sind mittlerweile in der Lage, nicht nur die Originalverpackungen des Herstellers zu fälschen, sondern auch Barcodes und Sicherheitsmerkmale nachzuahmen. Viele Hersteller arbeiten deshalb an raffinierteren Sicherheitsvorkehrungen wie einem Online-Check, mit dem die Seriennummer des Teils überprüft werden kann. Oder sie statten die Verpackungen mit Hologrammen aus.

Turbolader mit Gefahren-Potenzial

asp AUTO SERVICE PRAXIS hat mit einigen Unternehmen gesprochen, die in letzter Zeit Opfer von Fälschungen geworden sind. Der Automobilzulieferer Borg-Warner hat beispielsweise mit Nachbauten seiner Turbolader zu kämpfen. Seit einiger Zeit tauchen auf dem Ersatzteilmarkt vermehrt gefälschte Turbolader von minderer Wertigkeit auf. Sie tragen das Markenzeichen von BorgWarner, besitzen eine Registrierungsnummer und stecken in BorgWarner-Verpackungen.

Was taugen diese Produkte in der Praxis? BorgWarner hat zwei Turboladernachbauten im betriebseigenen Forschungslabor umfassenden Prüfstandtests unterzogen - mit erschreckendem Ergebnis. Die minderwertigen Nachbauten besitzen nicht annähernd die Qualitätsstandards der originalen BorgWarner-Turbolader und bedeuten eine Gefahr für Fahrzeuge und Fahrer. Die Mängel umfassen die Werkstoffqualität, Verarbeitung und Konstruktion. So mussten die Belastungstests der Fälschungen auf dem Prüfstand bereits in der Anfangsphase vorzeitig abgebrochen werden, da schwere Lagerschäden höhere Belastungen verhinderten. Während der Original-Turbolader auf bis zu 180.000 Umdrehungen pro Minute ausgelegt ist, kamen die Fälschungen nicht über 83.360 und 100.000 Umdrehungen pro Minute hinaus. Konsequenz: eine kurze Lebenszeit des Turboladers, da die Produktpiraten die Lagerung des Laufzeugs fehlerhaft konstruierten.

Hinsichtlich der Auswuchtung unterschieden sich die beiden gegenübergestellten Produkte ebenfalls deutlich. Die Fälschungen wurden durch improvisierte Bohrungen und Bleifüllungen ausgewuchtet, ungeachtet der Tatsache, dass der Einsatz von Blei bei Fahrzeugkomponenten innerhalb der Europäischen Union verboten ist. Ein Hohlraum zwischen Turbinenrad und Welle bildet in den BorgWarner-Turboladern einen effektiven Hitzeschutz für die Radiallagerung, wohingegen die Fälschungen auf einen solchen Schutz verzichten. In diesem Fall droht eine Überhitzung. Zuletzt weisen auch die Werkstoffe der Fälschungen im Vergleich zu den Originalladern erhebliche Mängel auf. Während BorgWarner für die Konstruktion des Turbinenrades hochlegierte Spezialwerkstoffe verwendet, können bei den Fälschungen mikroskopisch kleine Risse und Blasen im Turbinenrad zu dessen Bruch führen. Da bei den Nachbauten im Gegensatz zu den Originalen auch in den Turbinengehäusen eine inkonsistente Mikrostruktur nachweisbar ist, besteht die Gefahr, dass das Gehäuse der Wucht eines berstenden Turbinenrads nicht standhält, was zu gravierenden Schäden am Fahrzeug oder schweren bis tödlichen Verletzungen der Fahrzeuginsassen führen kann.

Doch auch ohne einen Bruch des Turbinenrades besteht ein gesundheitliches Risiko, da das Turbinengehäuse nicht auf hohe Abgastemperaturen ausgelegt ist. Deshalb können ungereinigte Abgase in die Fahrgastzelle eindringen. "Wenn bei Turboladern auf Nachbauten gesetzt wird, gibt es nur Verlierer. Der Kunde ist verärgert, weil er nach der Reparatur wieder in die Werkstatt muss und Folgekosten entstehen. Die Werkstatt zahlt drauf und hat mitunter einen Kunden verloren oder erleidet einen Imageverlust. Werkstätten, die auf OE-Qualität setzen, verbauen nur Produkte, auf die Verlass ist. Dafür setzt sich BorgWarner auch in Zukunft ein", erklärt Michael Boe, Vice President und General Manager Global Aftermarket, BorgWarner Turbo Systems.

Kurzfassung

Der Anteil gefälschter Waren hat deutlich zugenommen. Das ist besonders bei sicherheitsrelevanten Autoteilen ein Problem. Die Fälscher gehen dabei sehr professionell vor, denn die Plagiate lassen sich immer schwieriger erkennen.

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