Von David Fischer, dpa
Die Tuning-Szene ist nicht gerade für Zurückhaltung bekannt. So könnte das Motto auch "Tieferlegen statt Tiefstapeln" lauten, wenn man vor dem Start der Essen Motor Show einen Blick auf die Ausstellungsstücke wirft: mehr als 150 aufgetunte Fahrzeuge in zwei Hallen. Darunter sind etwa: ein 700 PS starker Sportwagen, der zu 90 Prozent aus edlen Holzteilen besteht, oder eine schwarze Luxuslimousine, die ihren Besitzer bald nicht nur selbstfahrend zum Ziel bringen soll - sondern per Knopfdruck einen Schreibtisch, ein Fitness-Gerät oder eine Flasche Champagner bereitstellt.
Die Autoshow in Essen will zwischen dem 28. November und dem 6. Dezember wieder mehr als 300.000 Besucher ins Ruhrgebiet locken. Insgesamt werden 500 Aussteller aus 22 Ländern in mehreren Hallen erwartet.
Für Oldtimer-Fans sind 250 Klassiker mit Sammlerwert zu sehen - vom mehrere Millionen Euro teuren Ferrari bis zum VW Golf GTI aus den 70er Jahren. Eine Sonderschau zur 65-jährigen Formel-1-WM-Geschichte soll ebenso die Blicke auf sich ziehen wie eine Reihe von Fahrzeugen aus den James-Bond-Filmen. Mit unterschiedlichen Ausstellungen versucht die Show, allen PS-Narren gerecht zu werden: den Nostalgikern, den Bastlern, den Visionären.
Ein Zukunftsprojekt ist eben jene selbstfahrende Luxus-Limousine GEA des italienischen Autodesigners Giugiaro, ein Koloss auf 25-Zoll-Felgen. In Essen wird das Fahrzeug, das optisch an den BMW 7er erinnert, erstmals in Deutschland gezeigt. Seine Türen öffnen im 90-Grad-Winkel, die schmalen Scheinwerfer leuchten wie Schlitzaugen, im Innenraum wechseln LEDs die Farbe. Die Designer rechnen damit, dass das edle Gefährt in bis zu zehn Jahren durch die Metropolen rollen wird. Mit einem integrierten Stepper und drehbaren Sitzen soll das Auto "zum Relaxen und Arbeiten" dienen, sagt ein Mitarbeiter von Giugiaro bei der Vorführung.
Holzauto vs. Hightech-Gefährt
Ausgerechnet ein Holzauto könnte dem Hightech-Gefährt beim Publikum jedoch den Rang ablaufen. Splinter heißt die 700-PS-starke Eigenkreation des US-amerikanischen Industriedesigners Joe Harmon: ein Sportwagen, der bis auf die mechanischen Teile fast vollständig aus Kirschbaum- und Ahornholz besteht. Inspirieren ließ sich der 35-Jährige von einem britischen Flugzeug aus dem Zweiten Weltkrieg: dem zweimotorigen Zweisitzer de Havilland Mosquito, das den Spitznamen "Wooden Wonder" (deutsch: Wunder aus Holz) trug. Sieben Jahre schraubte, feilte, und baute Harmon im Keller in der US-Stadt Charlotte an seiner Idee.
Ausgerüstet mit einem 4,6-Liter-V8-Motor könnte der Flitzer eine Höchstgeschwindigkeit von 390 Stundenkilometer erreichen, erklärt Harmon. Theoretisch. Denn die Grenzen habe er noch nie ausgetestet, sagt Harmon und klettert durch das schmale Fenster ins Cockpit. Wenige Minuten später erklären sich die Grenzen des Möglichen von selbst. Nach keinen hundert Metern Probefahrt auf dem Messegelände hat die Lenkung aus Holz ihren Geist aufgegeben.