Während die Neuzulassungszahlen bei Autos im vergangenen Jahr abgestürzt sind, sind die Zulassungszahlen von Krafträdern 2020 regelrecht explodiert. Insgesamt wurden knapp 222.000 neue Krafträder von den zuständigen Behörden registriert - ein Plus von fast 32 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Ein wichtiger Grund dafür ist nach Ansicht von Experten die Corona-Pandemie. "Motorradfahren war eines der wenigen Dinge, die man unter den Corona-Schutzbedingungen noch machen konnte", sagte der Vorsitzende des Bundesverband der Motorradfahrer, Michael Lenzen. Viele Menschen scheuten zudem aus Sicherheitsgründen Bus und Bahn und stiegen stattdessen auf Roller oder Motorrad um.
Darüber hinaus wurden Ende 2019 neue Führerscheinregeln erlassen, so dass erfahrenere Autofahrer nun ohne zusätzliche Führerscheinprüfung Maschinen mit bis zu 125 Kubikzentimetern Hubraum und 15 PS fahren dürfen. Von dieser Möglichkeit machten nach Angaben des Industrie-Verbands Motorrad (IVM) 2020 etwa 50.000 Menschen Gebrauch. "Der exorbitante Anstieg der Zulassungszahlen in der 125-Kubikzentimeter-Klasse ist insbesondere auch auf dieses Mobilitätsangebot zurückzuführen", so IVM-Sprecher Achim Marten.
Piaggio profitiert am stärksten vom Zweirad-Boom
Größter Profiteur vom deutschen Zweiradboom war dabei der italienische Hersteller Piaggio. Wurden 2019 rund 18.900 Roller der Marke neu zugelassen, waren es ein Jahr später mehr als 30.800, wie aus aktuellen Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes hervorgeht. Damit war der Hersteller des Kultrollers Vespa erstmals beliebter als jede andere Marke im Segment der Krafträder.
In den Vorjahren war stets BMW Spitzenreiter gewesen. Von dem Hersteller wurden 2020 jeweils knapp 27.800 Motorräder neu zugelassen, 2019 waren es fast 26.200. Knapp dahinter folgt die österreichische Marke KTM, von der im vergangenen Jahr knapp 26.500 Motorräder neu registriert worden sind (2019: 19.777).
Die leichten Motorräder, die oft mit Automatik betrieben werden, böten sich in verkehrsbelasteten Städten als Ersatz für das Auto an, erklärt Michael Lenzen, den Trend. "Auf dem Land ist ein Mofa oder Roller für junge Menschen angesichts eines oftmals geringen Angebots an ÖPNV die einzige Alternative, um mobil zu sein." Sie seien zudem in ihrer Leistung und Fahrweise in den vergangenen Jahren Motorrädern immer ähnlicher geworden. Auch der IVM sieht Vorteile bei den Motorroller. Sie erwiesen sich als "höchst praktische Mobilitätslösung beim Pendeln zum Arbeitsplatz genauso wie zum Einkaufen - mit quasi eingebauter Parkplatzgarantie", wie Marten sagte.
Lenzen rechnet wegen des Kraftrad-Booms zunächst mit mehr Unfällen auf Deutschlands Straßen. "Wir hoffen allerdings, dass sich der Trend sinkender Unfallzahlen bei den Motorrädern trotz der steigenden Zulassungszahlen insgesamt weiter fortsetzt." Ein- oder Wiedereinsteigern empfiehlt er, ein Sicherheitstraining zu absolvieren. Die Verbände gehen davon aus, dass sich der Roller-Trend auch in diesem Jahr fortsetzen wird. (dpa/aw)