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Umfrage: ...nicht vor 2020!

22.11.2018 11:00 Uhr
Andreas Scheuer
In der öffentlichen Debatte um Dieselnachrüstungen macht sich Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer die Sicht der Automobilhersteller zu eigen.
© Foto: picture alliance/dpa/ Michael Kappeler

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Bereits Anfang Oktober hat die Große Koalition ihr Diesel-Konzept vorgestellt, mit dem Fahrverbote verhindert werden sollen. Demnach sollen Autofahrer in besonders betroffenen "Intensivstädten" die Option bekommen, sich entweder durch Umtauschprämien oder Rabatte ein anderes Auto anzuschaffen oder alternativ ihr Fahrzeug mit einem SCR-Katalysator nachrüsten zu lassen. Die Kosten für die Hardware und den Einbau sollten dabei die Hersteller übernehmen. Diese waren schon damals naturgemäß eher wenig begeistert von der Idee und gaben sich entsprechend zurückhaltend. Daran hat sich auch nach weiteren Spitzentreffen sowie zahllosen Appellen und verärgerten Kritiken aus der Politik und von Umweltverbänden wenig getan.

Viele Fragen, kaum Antworten

asp wollte dennoch wissen, ob es bei den Herstellern Pläne für Hardware-Nachrüstungen gibt. Dazu haben wir bei Herstellern und Importeuren nachgefragt, ob sie grundsätzlich planen, ihren Kunden diese Option anzubieten. Falls ja, wollten wir wissen, wie die Nachrüstlösung aussehen soll, wie hoch die Kosten wären, wer diese tragen soll und vor allem, ab wann sie am Markt verfügbar wäre. Für den Fall, dass es keine Pläne für eine Nachrüstung gibt, haben wir natürlich auch gefragt, warum. So viel vorweg: Die meisten unserer Fragen blieben unbeantwortet. Denn kein einziger Hersteller gab an, seinen Kunden eine eigene Nachrüstlösung anbieten zu wollen. Lediglich Daimler und der Volkswagen Konzern bestätigten erneut die bereits bei den Diesel-Gipfeln gemachte Zusage, sich an einem Hardware-Programm in den ausgewählten Schwerpunktregionen beteiligen zu wollen. Dabei soll es sich aber ausdrücklich um Angebote von Drittanbietern und nicht um Eigenentwicklungen handeln. Als Bedingung für die eigene Beteiligung nannte Daimler, dass die eingebaute Hardware zertifiziert und zugelassen sein müsse und nachweislich dazu berechtige, in bestimmte Städte und Straßen mit Fahrverboten einzufahren. Bei der Entwicklung wolle man die Drittanbieter aber mit Informationen zu den Fahrzeugen unterstützen.

Die geschätzten Durchschnittskosten von 3.000 Euro pro Nachrüstung wollen Daimler und Volkswagen übernehmen. Jedoch machen die beiden Unternehmen deutlich, dass sie von einer Nachrüstung nichts halten. Hierbei sind sich sämtliche Hersteller und Importeure einig. Die Argumentationslinien sind - wenig überraschend - weitgehend identisch.

So weisen fast alle darauf hin, dass es derzeit noch keine zugelassenen serienreifen Nachrüstlösungen gebe und sich die meisten Entwicklungen noch im Prototypenstatus befänden. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) rechnet aufgrund der nötigen Entwicklungs- und Zulassungszeit damit, dass es frühestens ab 2021 erste Angebote geben wird. Unterstützung kommt dabei von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, der mitteilte, technische Lösungen für Pkw-Hardwarenachrüstungen wären nicht kurzfristig (vor 2020) am Markt verfügbar. Seien Nachrüstungen dann in zwei bis drei Jahren verfügbar, habe sich das Problem bereits erledigt, weil die Grenzwerte in den meisten Städten dann wieder unterschritten würden, glaubt Volkswagen.

Neuwagen statt Nachrüstung

Grund für den langen Zeitraum ist nach Meinung der befragten Hersteller die Komplexität einer Nachrüstung mit SCR-Katalysator. Diese stelle einen tiefen Eingriff dar und müsse aufwendig entwickelt und getestet werden. Nach Ansicht von BMW sind außerdem negative Auswirkungen auf Qualität, Gewicht, Leistung, Verbrauch und CO2-Ausstoß zu erwarten. Das Auto sei danach nicht mehr jenes, das der Kunde gekauft hat, befürchten mit der Thematik befasste Mitarbeiter bei den Herstellern. Das könne zu Unzufriedenheit führen.

Ein Hemmschuh rascher Nachrüstungen ist derzeit in den Augen vieler Befragter auch, dass der rechtliche und regulatorische Rahmen noch unklar ist. Tatsächlich soll dieser erst bis Ende Januar geschaffen werden. Der Zulieferer Baumot rechnet aber damit, sein System danach innerhalb weniger Monate anbieten zu können und erklärt sich bereit, die Gewährleistung und Garantie für die Nachrüstung zu übernehmen.

Fast alle Hersteller begründen ihre Ablehnung von nachträglich eingebauten SCR-Katalysatoren außer mit technischen und regulatorisch-rechtlichen Argumenten auch explizit mit Umtauschprämien von je nach Hersteller bis zu rund 10.000 Euro. Denn diese Rabattprogramme seien anders als die vermeintlich langsamen Nachrüstungen geeignet, die Luftqualität in den Städten sehr schnell und effektiv zu verbessern. BMW, Daimler und Volkswagen setzen zudem auch auf Software-Updates, die ebenfalls einen schnellen Effekt zeigen würden. Bis Ende 2018 sollen deshalb mehr als fünf Millionen Diesel-Pkw Software-Updates erhalten. Laut VDA ist das Ziel, die Stickoxidemissionen auf diese Weise um 25 bis 30 Prozent zu senken.

Etliche Hersteller, die keine Manipulationen an ihren Fahrzeugen vorgenommen haben, äußern zudem Unverständnis über die Forderung, Nachrüstungen aus eigener Tasche zu bezahlen. Das sei unverhältnismäßig, schließlich habe man nicht betrogen und sich an damals gültige Normen gehalten.

Kleinere Importeure wiesen in unserer Umfrage zudem darauf hin, dass es sich angesichts der zum Teil geringen Zahl betroffener Fahrzeuge kaum lohne, dafür einen Nachrüstsatz zu entwickeln und beim KBA genehmigen zu lassen. Bei Maserati beispielsweise seien weniger als 500 Fahrzeuge nicht bereits nach Euro 6b, 6c oder 6dTemp homologiert. Bei Mazda gebe es nur rund 20.000 Euro-5-Fahrzeuge die theoretisch für eine Hardware-Nachrüstung in Frage kämen. Bei Subaru seien es 12.900 Euro-5-Diesel, die sich zudem auf drei verschiedene Modelle verteilen. Aufwand und Effekt stünden daher in keinem Verhältnis.

Kurzfassung

Hersteller und Importeure halten nichts von Diesel-Nachrüstungen. Das macht die Umfrage von asp deutlich. Kein einziger will demnach eigene Produkte entwickeln. Stattdessen wollen sie die Autofahrer lieber mit Umtauschprämien zum Kauf eines Neuwagens bewegen.

BMW: "(...) als BMW Group setzen wir auf die Flottenerneuerung durch die BMW Umweltprämien und auf die Software-Updates. Hardware-Nachrüstungen sind dabei für uns nicht sinnvoll."

PSA, Opel: "Wir sind weiterhin skeptisch, was die technische Machbarkeit von Nachrüstsätzen angeht, die sich derzeit noch im Prototypen-Stadium befinden. Wichtige, regulatorische Fragen sind nach wie vor offen. Es ist noch ein weiter Weg, diese Konzepte auf Grundlage der offiziellen Tests und Grenzwerte zu validieren."

Volkswagen: "Hardware-Nachrüstungen an alten Diesel-Fahrzeugen leisten keinen Beitrag zu einer schnellen Verbesserung der Situation in den Städten. Sie sind unter allen gegebenen Möglichkeiten technisch, wirtschaftlich und auch unter Umweltgesichtspunkten mit großen Nachteilen verbunden. Aus diesen Gründen wird Volkswagen selbst auch in Zukunft keine Nachrüstlösungen anbieten."

Daimler: "Wir halten andere Maßnahmen - insbesondere eine beschleunigte Flotten erneuerung durch attraktive Umtauschprämien und das Aufspielen von Software-Updates - für deutlich sinnvoller und effizienter, um die Luft weiter zu verbessern."

Ford: "Eine Hardware-Nachrüstlösung für Diesel-Fahrzeuge halten wir aus verschiedenen technischen, rechtlichen und zeitlichen Gründen im Sinne der raschen Verbesserung der Luftqualität zur Vermeidung von Fahrverboten nicht für zielführend."

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