Die Kurbelwelle ist ein zentrales und unverzichtbares Bauteil des Verbrennungsmotors. Im Prinzip handelt es sich um ein exzentrisch gelagertes Drehgetriebe, das aus mehreren Haupt- und Pleuellagern besteht. Die wichtige Aufgabe dieser Welle ist es, die oszillierende Auf- und Abbewegung der Kolben in eine kontinuierliche Drehbewegung umzuwandeln und so die Motorkraft auf das Getriebe zu übertragen. Ohne die Kurbelwelle gäbe es keine Fortbewegung mit Kolbenmotoren. Ihre heutige Konstruktion ist das Ergebnis von mehr als einem Jahrhundert kontinuierlicher Entwicklungsarbeit in der Automobilindustrie. Dank hochfester Stähle kann sie extrem hohe Belastungen aushalten und in Hochleistungsmotoren mit mehreren tausend Umdrehungen pro Minute ihre Arbeit verrichten, ohne sich zu verformen.
Die Geschichte der Kurbelwelle beginnt lange vor der des Automobils. Bereits in der Antike wurden ähnliche Mechanismen zum Beispiel für Wassermühlen verwendet. In der frühen Neuzeit perfektionierten Ingenieure das Konstruktionsprinzip zum Beispiel für Dampfmaschinen. Mit der Erfindung des Verbrennungsmotors wurde die Kurbelwelle zum Standardantrieb. In den Anfängen des Automobils handelte es sich oft noch um einen einfachen, durchgehenden Wellenstrang. Mit steigender Motorleistung und Zylinderzahl wuchsen die Anforderungen an Material und Form. Die Kurbelwelle wurde immer härter und aufwändiger konstruiert, mit ausgeklügelten Gegengewichten zur Schwingungsdämpfung und Ölkanälen zur Schmierung.
Motorenentwickler: Gegengewichte und komplexe Ausgleichswellen
Moderne Kurbelwellen bestehen in der Regel aus vergütetem Stahl oder aus sphärogussbasierten Schmiedeteilen. In einem Hochleistungsmotor dreht sie sich mit über 8.000 Umdrehungen pro Minute und ist dabei enormen Kräften ausgesetzt. Bei jedem Zündvorgang entsteht eine Druckwelle, die über die Pleuel direkt auf die Kurbelwelle übertragen wird. Dabei wirkt eine komplexe Überlagerung von Zug-, Druck- und Torsionskräften auf das Bauteil. Gleichzeitig treten durch die ungleichmäßige Verbrennung periodische Schwingungen in Form von Biegeschwingungen und Torsionsresonanzen auf.
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Um diese Belastungen in den Griff zu bekommen, setzen Motorenentwickler auch auf Gegengewichte und komplexe Ausgleichswellen. Diese dienen dazu, die Massenkräfte von Kolben und Pleuel auszugleichen, insbesondere bei Motoren mit ungünstiger Zylinderanordnung. So leiden Reihenvierzylinder unter starken Massenkräften zweiter Ordnung, während V8-Motoren durch eine geschickte Kurbelwellenkröpfung von 90 Grad sehr ausgewogen laufen. Eine Besonderheit stellen Flatplane-V8-Kurbelwellen dar, wie sie in Ferrari-Sportmotoren oder im Ford Mustang GT350 zum Einsatz kommen. Ihre 180-Grad-Kröpfung ermöglicht ein besonders schnelles Ansprechverhalten, erzeugt aber auch mehr Vibrationen.
Moderne Kurbelwellen mit Ölbohrungen
Darüber hinaus sind moderne Kurbelwellen mit Ölbohrungen versehen, um die Haupt- und Pleuellager kontinuierlich zu schmieren. Das Öl kommt unter hohem Druck (bis zu 5 bar) aus der Hauptölgalerie des Motors und wird durch die Zentrifugalkraft genau an die kritischen Stellen transportiert. Einige Hochleistungsmotoren setzen sogar auf geschmiedete oder gewichtsoptimierte Titan-Kurbelwellen, um Massenträgheitsmomente zu reduzieren und noch höhere Drehzahlen zu ermöglichen.
Mit dem Aufkommen der Elektromobilität stellt sich zunehmend die Frage nach der Zukunft der Kurbelwelle im Automobilbau. Denn ein Elektromotor funktioniert ohne Kolben, ohne Verbrennung - und eben ohne Kurbelwelle. Ihre einstige Bedeutung schwindet rapide und mit ihr die Kunst, diese Bauteile hochpräzise zu fertigen. Ihr Überleben hängt vom Verbrennungsmotor ab, der in einer klimaneutralen automobilen Zukunft vorerst noch ein Nischendasein in Hybridfahrzeugen und vielleicht mit Hilfe von E-Fuels fristen wird. Daneben wird es noch Spezialanwendungen wie Generatoren geben, in denen Kurbelantriebe weiterhin benötigt werden.