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Digitales Serviceheft: Papier war gestern

15.02.2018 11:00 Uhr
Digitales Serviceheft: Papier war gestern

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Die Idee das Scheckheft des Autos digital zu führen, kam ab dem Jahr 2000 auf. Ab 2005 ging dann zuerst Mazda mit einem Digitalen Serviceheft an den Start. Seitdem gehen immer mehr Automobilhersteller dazu über, auf speziellen Internetplattformen ein digitales Scheckheft parallel zum traditionellen aus Papier anzubieten. "Die Vorteile eines Digitalen Serviceheftes liegen klar auf der Hand", sagt Marcus Keller, Teamleiter Qualitätslösungen und Niederlassungsleiter bei der EDAG Engineering GmbH in Leipzig, die an der Entwicklung der Digitalen Servicehefte im Auftrag der Automobilhersteller beteiligt ist. "Es kann nicht verloren gehen und egal, wo das Fahrzeug gewartet oder repariert wird, die Werkstatt weiß immer, welche Reparaturen und Kundendienste durchgeführt wurden." Das hat vor allem Vorteile, wenn Gewährleistungs- und Garantieansprüche geltend gemacht werden. So weiß der Hersteller sicher, wie genau es ein Kunde mit seinen Servicepflichten innerhalb der Gewährleistungs- und Garantiezeit nimmt.

Zeitersparnis für die Werkstatt

"Aber auch der Kunde kann immer beweisen, was und zu welcher Zeit an seinem Fahrzeug gemacht wurde", weiß Marcus Keller, der sich intensiv mit den Funktionalitäten des Digitalen Serviceheftes auseinandersetzt. "Selbst nach der Garantiezeit überwiegt der Nutzen, da die Werkstatt zuverlässig erfährt, wann und von wem zum Beispiel der Zahnriemen gewechselt wurde. So spart sie sich viel (unbezahlte) Inspektionszeit, wenn der Kunde nicht sicher weiß, ob diese wichtige Servicearbeit bereits durchgeführt wurde." Die sichere Identifizierung des Fahrzeugs erfolgt dabei über die VIN (vehicle identification number). Nebeneffekt: Damit können auch die Kilometerstände von Fahrzeugen, wie es gelegentlich bei den Papier-Serviceheften vorkam, nicht mehr "frisiert" werden. In der Fälschungssicherheit sieht vor allem Daimler einen der großen Vorteile der elektronischen Archivierung. Dies bestätigt auch Mazda. Hier sieht man besonders einen großen Vorteil für Gebrauchtwagenkäufer wie -verkäufer.

Der Zugang zum Digitalen Serviceheft ist in der Regel für freie Werkstätten kostenlos. Jedoch unterscheiden sich die Inhalte der jeweiligen digitalen Servicehefte beträchtlich. "Bei BMW werden zum Beispiel alle Rechnungen abgelegt", sagt Marcus Keller. "Bei VW hingegen nur die durchgeführten Services und Rückrufe." Damit ist die Informationsbasis von Marke zu Marke unterschiedlich. Das weiß auch Christian Schmeiser, der seit 1992 im Münchener Nordwesten im Stadtteil Allach die freie Kfz-Werkstätte "Automeisterteam" führt. "Meine Mitarbeiter und ich haben uns im letzten Jahr intensiv mit den digitalen Serviceheften der jeweiligen Hersteller auseinandergesetzt", so der erfahrene Kfz-Mechaniker-Meister. "Dies wurde nötig, weil immer mehr Kunden danach gefragt haben. Sicherlich hat dies auch mit dem Werterhalt des Fahrzeugs zu tun. Eine geschlossene Servicehistorie ist auch heute noch ein gutes Verkaufsargument."

Hürden in der Praxis

Obwohl Christian Schmeiser als computeraffin bezeichnet werden darf und sich sogar mit Programmierung auskennt, empfand er die Registrierung auf so manchem Hersteller-Portal als "ermüdend". "Viele Funktions-Buttons sind gut versteckt auf den jeweiligen Homepages", so Christian Schmeiser. "Auch benötigt man bei manchen Portalen, wie bei Mercedes-Benz, eine spezielle Java-Applikation, damit die Anwendungen laufen."

Darüber hinaus können die Systemanforderungen stark eingeschränkt sein, wie das Beispiel Mercedes-Benz leider nochmals zeigt. "Hier läuft nur der Windows Internet Explorer als Browser. Mit Opera oder Mozilla Firefox funktionieren die Seiten nicht." Hinzu kommt noch, dass die Registrierung sehr lange dauern kann. So fordern zum Beispiel Jaguar (Land Rover) oder Mazda von gewerblichen Nutzern entsprechende Nachweise, wie Handelsregister und USt-Identifikationsnummer. Auch ob der Betrieb nach Herstellervorgabe arbeitet, muss belegt werden. Die Freischaltung zum Digitalen Serviceheft erfolgt dann erst, wenn alles geprüft wurde. "Das kann dann schon mal 14 Tage dauern", so Christian Schmeiser.

Verbesserungsbedarf

Auch manche Funktionalität bemängelt der Unternehmer. "Will man bei Mazda den Kundendienst-Eintrag nach Verstreichen von 14 Tagen ins Digitale Serviceheft nachträglich noch eintragen, muss man hierfür plötzlich bezahlen." Besonders lästig ist aber, dass die Systeme nicht melden, ob die eingegebene VIN ein Fahrzeug mit Digitalem Serviceheft ist oder nicht. "Stattdessen kommt ständig eine Fehlermeldung, so dass man zunächst glaubt, sich bei der Eingabe vertippt zu haben", berichtet Christian Schmeiser.

Es ist demnach noch etwas Entwicklungsarbeit notwendig. An Ideen zu Funktionalitäten fehlt es indes nicht, denn technologisch gesehen kann bereits heute sehr viel mehr geleistet werden. Ist ein gut gepflegtes Digitales Serviceheft schon ein starkes Verkaufsargument, so wäre ein Fahrstil-Checkheft für den Gebrauchtwagenverkauf sicherlich Gold wert.

Manipulationen aufdecken

"Ließe sich der Fahrstil auf Wunsch des Fahrers nachvollziehen, so könnte man nachweisen, dass das Fahrzeug schonend bewegt wurde. Fahrern kann das beim Verkauf ihres Gebrauchten einen entscheidenden Pluspunkt mitgeben", erklärt Michael Pollner, zuständig für Business & Innovation beim Münchener Start-up trive.me, das an verschiedenen Nachrüstlösungen zur Digitalisierung im After-Sales-Bereich arbeitet. Auch Philip Puls, Leiter der Technischen Prüfstelle für den Kfz-Verkehr in Bayern bei der TÜV SÜD Auto Service GmbH, sieht besonders für die HU/AU, aber ebenfalls auch für den Gebrauchtwagenhandel, ein enormes Potenzial im Digitalen Serviceheft. "Mit dem Abgleich des Digitalen Serviceheftes mit dem Ist-Zustand des Fahrzeuges lassen sich Manipulationen, wie am Tachometerstand oder durch Umbauten am Fahrzeug, die die Betriebserlaubnis zum Erlöschen bringen, schnell und zuverlässig aufdecken."

Exklusiv im asp ePaper: Kommentar von Philip Puls von TÜV SÜD

Kurzfassung

Bis heute sind Servicehefte aus Papier der übliche Nachweis für Kundendienste und wahrgenommene Rückrufe. Ihre Nachteile: Sie können leicht gefälscht werden oder gehen verloren. Ein Digitales Serviceheft, abrufbar im Netz, ist hier die Lösung.

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