Der Kompressor spielt in der Fahrzeugklimaanlage eine wichtige Rolle. Er verdichtet das Kältemittel im Klimakreislauf. Im Werkstattalltag gilt es, im Umgang mit dem Kompressor, ein paar wichtige Punkte zu beachten, wie Klimaexperte Andreas Lamm von Klimacheck.com erklärt: "Der Kompressor in der Klimaanlage ist im Prinzip nichts anderes als ein Gasverdichter, der eine gewisse Ölmenge zur Schmierung und Kühlung benötigt." Doch die Klimaanlage besitze keinen eigenen Ölkreislauf, vielmehr werde der gesamte Kältemittelkreislauf für die Ölzirkulation genutzt. "Aufgrund dieser Zirkulation befindet sich nie die gesamte Ölmenge im Kompressor, sondern maximal 50 Prozent. Die restliche Menge verteilt sich im System: ca. 10 Prozent in den Leitungen, ca. 10 Prozent im Kondensator, ca. 10 Prozent im Trockner und rund 20 Prozent im Verdampfer", erklärt Andreas Lamm.
Richtige Schmierung entscheidend
Gehe nun beispielsweise der Kondensator im Frontbereich durch äußere Einflüsse wie Steinschlag kaputt, werde dieser häufig ausgetauscht, ohne die Fehlölmenge nachzufüllen. Da Kondensator und Trockner eine Einheit sind, könne man von 20 Prozent weniger Öl ausgehen. "Das kann gut gehen, muss es aber nicht", so Andreas Lamm. Gerade im Sommer, wenn der Kompressor bei steigenden Temperaturen wesentlich höhere Drücke verdichte, fehle dann genügend Öl für Schmierung und Kühlung: "Das Öl wird zu heiß, verbrennt, der Kompressor wird geschädigt", folgert Andreas Lamm. Infolgedessen muss die Werkstatt den defekten Kompressor austauschen. "Wenn jedoch einfach der Kompressor ausgetauscht und frisches Öl eingefüllt wird, vermischt sich dieses mit dem verbrannten Altöl. Der Kompressor geht dann aufgrund der Verunreinigungen häufig wieder kaputt", weiß Andreas Lamm. Der 49-Jährige gibt seit Jahren Schulungen im Bereich Klimaanlagentechnik für Hersteller wie Denso, Hella Behr oder Großhändler wie Coparts, Stahlgruber oder PV. Insgesamt rund 10.000 Teilnehmer hat er inzwischen eigenen Angaben nach in der gesetzlich vorgeschriebenen Klimasachkunde geschult.
Das Thema "Spülen der Klimaanlage" hat es ihm dabei besonders angetan. Denn um zu vermeiden, dass ein neuer Kompressor wieder kaputt geht, muss das komplette Klimasystem vorher gespült werden, das geben auch die Kompressorhersteller vor. "Nur wenn der Kreislauf sauber und ölfrei ist und der neue Kompressor mit der richtigen Ölmenge verbaut wird, weiß der Mechaniker, dass die Ölmenge im System korrekt ist. Schließlich gibt es keinen Peilstab zum Kontrollieren", sagt Andreas Lamm.
Mit dem Klimaservicegerät spülen
Wie bekommt die Werkstatt also den Kreislauf einfach und simpel sauber? Die vorhandenen Reinigungsmethoden führen seiner Meinung nach in der Praxis nicht immer zum gewünschten Erfolg. Beim Spülen mit dem Klimaservicegerät selbst fehle oft der notwendige Druck und die Temperatur, um auch festsitzende Partikel aus dem Kältemittelkreislauf zu entfernen. Viele Klimaservicegeräte verfügen heute über eine solche Spül- oder Reinigungsfunktion oder können entsprechend erweitert werden. Dabei wird das Kältemittel pulsierend gegen die Fließrichtung mehrmals durch die Klimaanlage gespült.
Bei der zweiten Methode kommt eine spezielle Reinigungsflüssigkeit zum Einsatz, die durch den Kreislauf gedrückt wird. "Es kommt zwar eine Menge Dreck raus, aber man muss auch die Reinigungsflüssigkeit wieder zu 100 Prozent entfernen. Es darf keine Rest-Flüssigkeit im Kreislauf verbleiben, da diese die Komponenten schädigt", erklärt Andreas Lamm. Also müsse die Werkstatt anschließend sehr lange evakuieren, was in der Praxis jedoch nicht immer umgesetzt werde.
Auf 70 Grad Celsius erhitzen
"Als Trainer habe ich mir die vorhandenen Methoden auf dem Markt jahrelang angesehen und mir Gedanken gemacht", verrät der Klimaprofi. Ergebnis: ein neues Spülverfahren musste her. "Bei der neuen Zweiflaschen-Spülmethode arbeiten wir mit zwei Kältemittelflaschen, einem Schauglas und in fünf Minuten ist die Klimaanlage sauber gespült."
Zunächst muss die Klimaanlage jedoch vorbereitet werden. Dazu gehört unter anderem: den defekten Kompressor ausbauen, Öl ablassen und die Ausfallursache definieren. Nun wird ein fahrzeugspezifischer Spüladapter an die Kältemittelleitungen montiert. Vor dem Spülen muss zudem das Expansionsventil durch einen Spüladapter ersetzt und die Trocknerkartusche entfernt werden. Bei vielen Fahrzeugen ist der Ausbau nicht möglich und die komplette Trockner/Kodensatoreinheit muss nach dem Spülvorgang erneuert werden.
Gespült wird mit Kältemittel selbst gegen die Fließrichtung. Dabei erhitzt ein elektrisches Heizband eine befüllte 12 Kilo Kältemittelflasche auf 70 Grad Celsius. "Dieses heiße, flüssige Kältemittel schießt man mit 20 bar Druck durch die Anlage. Auf der anderen Seite ist eine große, leere Flasche, die das Kältemittel wieder auffängt", erklärt Andreas Lamm das Prinzip. Dabei reiße das heiße Kältemittel mit dem entsprechenden Druck jeglichen Dreck mit sich und die Anlage werde sauber. Auf einem integrierten Schauglas sieht der Anwender die rausgespülten Verunreinigungen und wann das Kältemittel wieder klar ist. Das kontaminierte Kältemittel, welches sich nun in der großen Auffangflasche befindet, kann wieder verwendet werden. Dafür wechselt man das Heizband von der leeren auf die volle Flasche. Das Gas verdampft und strömt zurück. Der Dreck und das verunreinigte Öl verbleiben in der Flasche und müssen entsorgt werden.
In der Praxis erprobt
Inzwischen seien bereits mehr als 50 Spülsets auf dem Markt. Andreas Lamm: "Werkstätten setzen es erfolgreich ein. Ich bekomme immer mehr Videos und Fotos der Spülungen zugeschickt." Ein Spülset mit einem Schauglas und ohne Spüladapter kostet rund 600 Euro zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer. Die Sets sind über den Großhandel beziehbar. Und auch für Nutzfahrzeuge, Land- und Baumaschinen sei eine entsprechend adaptierte Zweiflaschenmethode einsetzbar.
Eine Präsentation der Methode finden Interessierte im asp ePaper.
Kurzfassung
Die Zweiflaschen-Spülmethode von Andreas Lamm soll das Spülen der Klimaanlage zu einer simplen und vor allem sauberen Angelegenheit machen. Heißes, flüssiges Kältemittel reißt Dreck und Ablagerungen im Kältekreislauf mit sich.
Praxiseinsatz bei Kfz-Technik Salamone
"Ich werde nur noch mit dem System arbeiten."Giovanni Salamone, Inhaber von Kfz-Technik Salamone, war mit einem besonders schweren Fall konfrontiert. Auch nach Einbau eines neuen Kompressors machte die Klimaanlage eines VW T5 nach kurzer Zeit wieder Probleme. Obwohl Giovanni Salamone wie vorgesehen die Klimaanlage mehrmals gespült hatte. "Ich habe das Fahrzeug dann sogar zu VW zum Spülen gebracht, weil ich mir nicht sicher war, ob das mit meinem Gerät richtig funktioniert. Dort haben sie den T5 auch gespült. Aber kurz darauf ist der Kompressor wieder ausgefallen", erzählt er. Das Ganze habe ihn zwei Kompressoren gekostet. Als er von dem neuen Spülsystem von Andreas Lamm hörte, nahm er direkt Kontakt auf und setzte das neue Spülverfahren um. "Auf der einen Seite wurde das Kältemittel auf 70 Grad erhitzt, durch die Klimaanlage gespült und anschließend wieder rekuperiert. Den Vorgang habe ich zwei bis drei Mal wiederholt, bis in dem Schauglas klare Flüssigkeit zu sehen war", erinnert er sich. Trotzdem traute er dem Frieden nicht, da zuvor bereits zwei Kompressoren durch noch vorhandene Verunreinigungen kaputt gegangen waren. "Ich ließ den Kunden noch zwei, drei Mal zum Überprüfen in die Werkstatt kommen. Aber es funktionierte einwandfrei und ich konnte ihn fahren lassen", so Giovanni Salamone.Sobald die Klimasaison losgeht, will der Werkstattinhaber das System verstärkt einsetzen, schließlich soll sich die Investition für das Spülset schnell wieder amortisieren.
- Ausgabe 02/2017 Seite 42 (228.9 KB, PDF)