Halterhaftung
Fahrzeughalter müssen bei der Überlassung von Fahrzeugen besondere Pflichten erfüllen. Vernachlässigen sie diese, kann das unangenehme Folgen haben.
Der Fahrer eines Firmenwagens gerät in eine Polizeikontrolle. Den Wunsch nach den Fahrzeugpapieren kann er noch erfüllen, beim Führerschein muss er allerdings passen. Denn den hatte er bereits vor einigen Wochen im Rahmen einer anderen Verkehrskontrolle abgeben müssen. Solche Fälle spielen sich beinahe täglich auf deutschen Straßen ab. Was dabei oft verkannt wird: Wird der Mitarbeiter einer Firma ohne gültige Fahrerlaubnis mit einem Firmenfahrzeug erwischt, kann das auch für den Arbeitgeber unangenehme rechtliche Folgen haben. Denn ein Halter von Kraftfahrzeugen hat eine Reihe von Pflichten zu erfüllen. In der juristischen Literatur wird die Pflicht, sich vor Überlassung eines Fahrzeugs an einen Fahrer von dessen Besitz der Fahrerlaubnis zu überzeugen, als die wohl wichtigste angesehen. In Anbetracht der großen Gefahren, die von Kraftfahrern ausgehen können, ist dem auch uneingeschränkt zu folgen.
Fündig wird man in Sachen Halterhaftung bei Überlassung von Firmenfahrzeugen im Straßenverkehrsgesetz. Dort heißt es im Paragraf 21 Abs. 1 Nr. 2 StVG unter der Überschrift „Fahren ohne Fahrer-laubnis“: „Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeugs … verboten ist.“ Für den Fall, dass der Halter anordnete oder duldete, dass jemand das Fahrzeug führt, dem die Fahrerlaubnis entzogen oder gegen den ein Fahrverbot verhängt worden ist, ist zudem noch eine Verschärfung vorgesehen. Danach kann sogar die Einziehung des Fahrzeugs drohen. In allen Fällen reicht Fahrlässigkeit bereits aus und kann schon zu einer Bestrafung des Halters führen.
Die Pflichten des Halters
Grundsätzlich muss sich der Halter vor jeder Überlassung des Fahrzeugs durch Einsichtnahme in den Führerschein davon überzeugen, dass der Fahrer die notwendige Fahrerlaubnis besitzt. In einem Autohaus oder einer Werkstatt werden häufig eigene oder fremde Fahrzeuge an Dritte übergeben. So werden eigene Firmenfahrzeuge an Mitarbeiter gegeben, damit diese Besorgungen erledigen können. Andererseits fahren Mitarbeiter oft auch Kundenfahrzeuge, um diese zu erproben. Ebenfalls Tagesgeschäft ist die Überlassung von Firmenfahrzeugen an Kunden, z.B. als Reparaturersatzfahrzeuge. In all diesen Fällen muss der Kraftfahrzeugbetrieb entweder in seiner Funktion als Halter von Firmenfahrzeugen oder als Stellvertreter des Kunden den Führerschein kontrollieren.
Keine Regel ohne Ausnahme
Die Rechtsprechung lässt von diesem Grundsatz nur in engen Grenzen Ausnahmen zu. Dies ist dann der Fall, wenn der Halter sicher davon ausgehen darf, dass der Fahrer auch den Führerschein besitzt. Der Kraftfahrzeugbetrieb kann in der Regel also hinsichtlich seiner Mitarbeiter, bei denen er sich bereits schon einmal über das Vorhandensein der Fahrerlaubnis vergewissert hat, davon ausgehen, dass ein bereits früher erteilter und auch schon kontrollierter Führerschein noch vorhanden ist. Etwas anderes gilt allerdings, wenn der Halter besondere Umstände kennt, die auf einen Verlust der Fahrerlaubnis schließen lassen. Die Rechtsprechung möchte mit dieser Ausnahme gerade in den Fällen, in denen einem Mitarbeiter immer wieder ein Fahrzeug überlassen wird, die Halterpflichten nicht überspannen und die Realität des Alltags berücksichtigen. Und in der ist eine Kontrolle vor Fahrtantritt jedes Mitarbeiters sicher nicht möglich.
Interpretationsspielraum besteht allerdings durch die Formulierung „Kennen besonderer Umstände“. Um hier einigermaßen auf der sicheren Seite zu sein, rate ich bei Mitarbeitern zu regelmäßigen jährlichen Kontrollen durch Einsichtnahme in den Führerschein. Bei Kunden, auch bei Stammkunden wird man allerdings am Grundsatz der Kontrolle vor jeder Überlassung festhalten müssen und dies auch, wenn man bereits früher den Führerschein eingesehen hat. Hier kann man aufgrund des nicht dauerhaft bestehenden Kontakts nicht davon ausgehen, dass ein einmal erteilter Führerschein nicht entzogen wurde oder der Kunde für eine gewisse Zeit mit einem Fahrverbot belegt worden ist. Bei Neukunden hingegen gilt dies sowieso. Der Verantwortliche des Autohauses hat hier auf jeden Fall in die Fahrerlaubnis Einsicht zu nehmen.
An dieser Stelle muss auch noch an das „Wie“ der Einsichtnahme erinnert werden. Es reicht nicht aus, sich nur eine Fotokopie des Führerscheins zeigen zu lassen. Einerseits können hier allzu leicht Veränderungen vorgenommen worden sein und andererseits werden ja immer nur die Originale und selten Kopien von den Behörden sichergestellt und eingezogen. Bei Herausgabe von reinen Personenkraftwagen wird die Kontrolle der Fahrerlaubnisklassen nach altem oder neuem Recht keine Probleme aufwerfen. Anders bei den speziellen Klassen. Hier muss dann oft auch noch an die Besonderheiten der jeweiligen Klasse gedacht werden. Beispielsweise die Verpflichtung, dass sich Fahrerlaubnisinhaber einiger Klassen ab dem fünfzigsten Lebensjahr besonderen ärztlichen Untersuchungen unterziehen müssen. Wurde dies versäumt, erlischt die Fahrerlaubnis.
Überprüfung dokumentieren
Besondere Vorsicht ist bei Vorlage ausländischer Führerscheine geboten. So könnte es ja durchaus sein, dass ein Kunde ein Ersatzfahrzeug mitnimmt und als Ausweis für die Fahrerlaubnis einen ausländischen Führerschein vorlegt. Dieser ist generell zu berücksichtigen, solange er aus einem EU-Mitgliedsland stammt. Aber auch hier macht sich der Halter strafbar, wenn dem Fahrer in Deutschland ein Fahrverbot auferlegt worden ist. In einem Autohaus ist dies kaum zu prüfen. Allerdings sollte man skeptisch werden, wenn ein Kunde mit inländischem Wohnsitz einen ausländischen Führerschein vorzeigt.
Abschließend gilt es aber noch darauf hinzuweisen, dass jede Kontrolle und Überprüfung der Fahrerlaubnis auch sorgfältig dokumentiert werden muss und damit in einem eventuell späteren Verfahren auch beweisbar und belegbar ist. Angefertigte Fotokopien der Führerscheine mit Angabe des Kontrolldatums und Kurzzeichen der kontrollierenden Person sind unverzichtbare Hilfsmittel vor Gericht. Claus-Peter Kiehl
- Ausgabe 7/2009 Seite 61 (295.2 KB, PDF)