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Byton Concept: Mein Kino, mein Hausarzt, mein Chauffeur

19.04.2018 10:00 Uhr
Byton Concept: Mein Kino, mein Hausarzt, mein Chauffeur
Byton will sein SUV 2020 nach Europa bringen.
© Foto: Byton

Carsten Breitfeld will 2019 das erste voll vernetzte, autonome Elektroauto auf den Markt bringen. Der Byton fühlt sich während unserer ersten Sitzprobe tatsächlich revolutionär an. Aber einen Fehler will der ehemalige BMW-Manager doch gemacht haben.

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Von Peter Weißenberg/SP-X

"Alexa! Schalte die Kuschelbeleuchtung ein, zeige ,Herr der Ringe’, messe meinen Blutdruck, massiere meine Problemzone … und fahr mich nach Hause." Ist das die mobile Zukunft? Oder schon Gegenwart?

Na ja, fast. Das Fahrzeug, zu dem Byton-Chef Carsten Breitfeld in Mailand erstmals Zutritt gewährt, kann all diese Dinge prinzipiell schon, ist aber noch ein Einzelstück. Erst Ende 2019 will der langjährige BMW-Entwickler sein Wunderauto auf die Straße bringen. Auf die der Byton-Heimat China, um genau zu sein.

In Europa ist der Byton dann 2020 zu haben - zum Kampfpreis von 37.500 Euro. "Wir werden dann für den Automarkt sein, was das iPhone für den Mobilfunk war: ein Gamechanger", verspricht der Manager.

Türöffnung per Gesichtserkennung

Für das Verändern aller Spielregeln sieht der Byton auf den ersten Blick eigentlich erstaunlich normal aus: klassisches SUV, zwei Meter breit, 4,85 Meter lang, Radstand 2,95 Meter, 550 Liter Kofferraum. Okay, statt Außenspiegeln gibt's Kameras, was ab 2019 in Europa erlaubt ist. Türöffner fehlen auch, stattdessen soll der Byton seinen Besitzer am Gesicht erkennen - per Video. Vorn leuchten zwischen den LED-Scheinwerfern Lichtbänder, die Fußgängern oder Querverkehr das Näherkommen anzeigen. Schließlich schleicht der Byton ja geräuschlos an die Kreuzung.

Und dies auch dank deutscher Hilfe, Bosch liefert den Chinesen zwei komplette Antriebsstränge für das Auto: Die Basis soll aus dem 71-kWh-Akku eine Reichweite von 400 Kilometern gewährleisten und mit 200 kW / 272 PS wahrscheinlich 400 Newtonmeter Drehmoment an die Hinterachse zaubern. Mit einem zweiten E-Motor vorn leistet er insgesamt sogar 349 kW / 476 PS mit schafft 710 Newtonmetern Drehmoment. Dann soll ein 95-kWh-Akku den Wagen maximal 520 Kilometer weit bringen. In fünf Sekunden ist die 100er-Marke erreicht, verspricht Breitfeld - und in 20 Minuten der Akku halb voll, in 30 Minuten per Schnellader zu 80 Prozent. Gute Werte für ein E-Auto, aber keine Revolution. Jaguar, Tesla, Audi oder Porsche bieten zum Marktstart ähnliches.

Connected Premium-SUV

Auf das Argument hat der Ingenieur nur gewartet. "Steigen Sie ein: Unser Auto ist ein elektrisches Premium-SUV mit konnektiven Möglichkeiten, die weit über bisherige Fahrzeuge hinausgehen. Wir liefern, was andere noch versprechen." So sieht's tatsächlich aus. Bequeme, um zwölf Grad zueinander drehbare Ledersessel vorn in einem hochwertig verarbeiteten Innenraum sind das einzig halbwegs konventionelle an diesem Interieur.

Immerhin gibt es auch ein Lenkrad - aber statt Pralltopf steckt in der Mitte ein zwölf Zoll großer Touchscreen für die wichtigsten Funktionen. Auch Scheibenwischer, Hupe oder Blinker können sich von da bedienen lassen, wenn der Gesetzgeber nichts anderes verlangt. Beim Start in Europa wird es darum wohl noch Lenkstockhebel oder Tasten für Warnblinker oder E-Call geben.

Am Liebsten will der Byton-Macher aber das Schalter-Zeitalter ohne Wenn und Aber beenden. Durchgängig lassen sich die Funktionen schon jetzt per Sprache oder Gesten bedienen – und zwar alle. Das will gelernt sein, aber beim iPhone haben es die Handy-Benutzer ja auch angenommen. Für die Sprachbedienung hilft übrigens die Technik von Amazons Alexa-Geräten, und bei Infotainment sowie Navigation setzt der kaliforniengebräunte Breitfeld auf Googles Android-Plattform. "Man sollte nicht alles selbst machen", setzt der Unternehmer eine Spitze gegen Tesla. "Wir konzentrieren uns lieber auf den ,Wow’-Faktor, der uns unterscheidet und begehrlich macht."

Riesiges Display im Cockpit

Wer im Byton Platz nimmt, wird garantiert erst einmal beeindruckt sein. Denn vorn nimmt er vor einem 1,25 Meter breiten und 25 Zentimeter hohen Display Platz. Auf dem Riesen-Schirm unterhalb der Windschutzscheibe läuft die Navigation, aber eben auf Wunsch auch Filme, Videokonferenzen, Präsentationen, die Kamera aus dem heimischen Wohnzimmer oder auch der eigene Herzschlag, gemessen von der verbundenen Smartwatch.

Das Auto soll dazu stets mit dem Hochgeschwindigkeits-Mobilfunknetz der nächsten Generation verbunden sein. Die versteckte Antenne auf dem Dach erlaubt dadurch Datentransfer mit Geschwindigkeiten von bis zu 10 Gbit pro Sekunde, hundertmal schneller als heutige Übertragungsgeschwindigkeiten. 5G wird aber hierzulande flächendeckend noch auf sich warten lassen - kein Wunder, dass Breitfeld die wichtigsten Märkte in den Metropolen Chinas und Kaliforniens sind: "Da geht Hightech eben schneller."

Amazons Alexa-App ist nur ein Beispiel für Dienste, die sich wie beim Smartphone auf dem Bordsystem installieren lassen. "Wir wissen selbst noch nicht, was der Kunde aus unserem eigenen App-Store alles auf seinem Bildschirm im Byton installieren möchte", so Breitfeld. Aber das ist ja beim Smartphone auch nicht anders. Der Wagen soll ein offenes System sein - mit dem Hersteller als Datenschützer. Byton wird nämlich den Kunden über die eigene Zugangskennung in seiner Cloud anmelden, wo die Apps schon auf ihn warten und der Kunde im Gegenzug seine Daten ablegt.

Künstliche Intelligenz inklusive

So soll auch das Auto per künstlicher Intelligenz seinen Nutzer immer besser kennenlernen. Nebeneffekt: Der Hersteller kann maßgeschneiderte Services verkaufen, die einmal bis zu 50 Prozent der Einnahmen für Byton ausmachen könnten. Byton-Investoren wie der chinesische Internetriese Tencent und iPhone-Hersteller Foxconn bringen in solche Geschäfte viel Know-how ein.

Der Kunde im Byton soll reichlich Zeit zum Konsumieren von Filmen, zum Shopping oder Musikhören haben, das Auto beherrscht zum Start teilautonomes Fahren nach Level 3. Auch die nächste Stufe, bei der der Fahrer das Fahren in Normalsituationen ganz an den Computer übergibt, kann per Update von Software und Hardware-Nachrüstung gestartet werden, verspricht Breitfeld.

Das Concept-Car, das Byton im Showroom auf der Mailänder Design-Woche zeigt, soll übrigens schon zu fast 90 Prozent dem tatsächlichen Auto entsprechen. Breitfeld zeigt bei einem Glas Barolo zum Beleg ein paar Bilder der Serienkarosse aus der Vorproduktion in der Fabrik im chinesischen Nanjing.

Mit der Lizenz der chinesischen Behörden will er von dort bald schon bis zu 300.000 Byton jährlich auf den Markt bringen. Auch eine klassische Limousine und ein Kompaktwagen auf der gleichen Plattform sind bereits konzipiert. Angesichts dieser Möglichkeiten bereut der Ex-BMWler nur einen Fehler - "dass ich nicht schon zehn Jahre früher meine Festanstellung gekündigt habe."

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